Düsseldorf Ballett: Hauptsache, die Schmerzen gehen weg

Was austrainierte Mitglieder des Balletts im Urlaub tun, um entspannt und körperlich fit zurückzukehren.

Anne Marchand, Virginia Segarra Vidal und Brice Asnar.

Foto: Gert Weigelt

Düsseldorf. Sechs Wochen Ferien: Da sieht man nicht nur bei Schülern leuchtende Augen, sondern auch bei Tänzern des Balletts am Rhein. Die meisten fahren oder fliegen zu ihren Familien in ihre Heimat.

Doch wie kommen die hoch getrimmten Athleten der Martin-Schläpfer-Truppe über den Sommer? Halten sich sie sich fit, wie Leistungssportler? Können Sie sich leisten, sechs Wochen auszuruhen?

Die Westdeutsche Zeitung sprach darüber mit der Schweizerin Anne Marchand, der Spanierin Virginia Segarra Vidal und dem Franzosen Brice Asnar.

Anne Marchand: „Siesta total bei meiner Familie in der Schweiz, in einem Ferienhaus auf 850 Meter Alpenhöhe“ - darauf freut sich die gebürtige Bernerin und klassische Ballerina Anne, die seit zehn Jahren mit Schläpfer arbeitet. „Ganz wichtig ist das Ausschlafen, ohne Wecker“, sagt sie. Sie genieße die Ruhe in der Natur, schwimme allerdings im Schwimmbad jeden Tag zwei Kilometer, mache Yoga und gehe Spazieren.

Lange auf dem Sofa liegen könne sie nicht. Ihre Spitzenschuhe nimmt sie jedoch nur mit, um daran zu nähen. Nicht, um darin zu üben. In der ersten Woche fahre sie den Körper runter. „Ich versuche, endlich die Schmerzen loszuwerden.“ Seit ihrer Knie-Operation vor sechs Jahren gehe sie zudem regelmäßig zur Physiotherapie mit Akupunktur und Massage. Langsam beginnt sie nach einiger Zeit wieder mit Dehn- und Kraftübungen im Garten. „Da lachen unsere Nachbarn und denken: Was macht die denn da für Verrenkungen?“ Die letzten zwei Wochen vor Beginn trainiert sie täglich in ihrer alten Ballettschule in Bern. „Denn bei Saisonbeginn muss man wieder fit sein.“ Ihr schönstes Projekt für den Sommer? „Ich heirate“, strahlt sie. Wen? Einen Wiener, der allerdings als Orchester-Musiker in Düsseldorf tätig ist.

Virginia Segarra Vidal: Die in Valencia geboren Virginia (35), seit fünf Jahren im Ballett am Rhein, fährt nach der letzten Vorstellung sofort zu ihren Eltern nach Barcelona. Playa pur, heißt es in der ersten Woche. „Mein Körper braucht eine Pause, es tut immer irgendwo weh.“ Zumal sie eine anstrengende Spielzeit hinter sich habe. „Ich war in allen Ballettabenden eingesetzt.“ Und bis auf Rückenschwimmen im Mittelmeer genießt sie knapp drei Wochen das Relaxen. Nur ein paar Dehnübungen am Strand oder vor dem Spiegel zu Hause macht sie und ein bisschen Pilates. Das halte die untere Muskulatur stark. Spitzenschuhe? „Die habe ich immer im Koffer dabei. Kann ja sein, dass ich irgendwo nur ein bisschen trainieren kann.“ Das reiche ja. Damit schütze sie sich auch vor Verletzungen.

Nach zwei Wochen mit ihrer Familie will sie dann noch verreisen. Wohin? Das weiß sie noch nicht. Thailand oder Italien stehen auf ihrer Wunschliste. Eine Woche vor Beginn, ab Mitte August, wird man Virginia jeden Tag wieder im Balletthaus trainieren sehen. Denn drei Wochen nach Ferienende ist schon wieder die erste Premiere. „In den ersten Tagen tut alles weh. Es braucht fast sechs Wochen, bis ich wieder so fit bin und so viel Kraft habe wie vor der Sommerpause.“

Brice Asnar: Der 27-jährige Franzose, ausgebildet in Marseille und beim Royal Ballet London, kehrt in den Ferien an seine Wurzeln zurück. Nach einer Stippvisite in Karlsruhe - wo auch er, viele seiner Kollegen, vier Jahre getanzt hat - besucht der filigrane Ballerino (dem man immer noch die makellose Technik des Royal Ballet ansieht) seine Familie in Marseille und Freunde in London.

Während der zwei Wochen Marseille will Brice einen Sommerkurs mit seinem ehemaligen Lehrer belegen, danach plant er eine Woche reinen Badeurlaub in Barcelona mit Freunden. Besonders freut er sich auf das warme Mittelmeer. Das tue Knochen und Muskeln gut. Insgesamt gönnt er sich zwei Wochen Pause total. Kaum Schwimmen, gar nichts. Die Entspannung brauche seine Muskulatur. Auch er klagt über Schmerzen. „Ich gehe seit 15 Jahren zum Osteopathen in Marseille. Er bringt mich wieder in Form.“

Muss er, da er nun seine Aktivität vorübergehend stilllegt, aufs Essen achten, damit nichts ansetzt? Der Tänzer schüttelt den Kopf. „Meine Verbrennung funktioniert sehr gut, ich esse alles, auch Süßigkeiten, und im Sommer noch mehr als sonst. Damit tanke ich Kraft für die nächste Saison.“ Bei der Premiere Mitte September will auch er wieder fit sein. Auch um die Verletzungsgefahr zu verringern, beginnt er daher ganz langsam nach der Pause das Training — mit kleinen Sprüngen und wenig Kraft. „Zu lange zu relaxen birgt Gefahren“, meint er. „Man verliert an Technik und Konzentration.“