Familie und Beruf Berufsausbildung in Teilzeit als Chance für Familien und Betriebe
Düsseldorf · Die Firma Gustav Herrmann & Sohn aus Düsseldorf hat das Modell ausprobiert: Eine 24-jährige Alleinerziehende kann so ihre Ausbildung machen.
Wenn Lisa Graffe sich morgens an den Schreibtisch setzt, hat sie schon einiges geschafft. Sie hat ihre kleine Tochter Ayla geweckt, versorgt, fertig gemacht und zur Kita gebracht, um dann mit dem Bus von Düsseldorf Rath nach Lierenfeld zu fahren. Seit einem halben Jahr wird die 24-jährige von der Firma Herrmann, die Schaltanlagen herstellt, zur Kauffrau für Büromanagement ausgebildet – in Teilzeit. „Durch die Teilzeitausbildung habe ich mehr Zeit für meine Tochter, in Vollzeit wäre das nicht zu schaffen“, sagt die Alleinerziehende.
„Ich fand es gut, einer jungen Frau mit Kind eine Chance zu geben“, meint Meike Herrmann, die gemeinsam mit ihrem Bruder das Familienunternehmen mit 20 Angestellten führt. Sie ist zufrieden mit ihrer Auszubildenden und dem Teilzeit-Modell. „Am Montag und Dienstag ist Lisa in der Berufsschule und die drei anderen Tage bei uns. Um 14.30 Uhr ist Schluss“, sagt Herrmann. Den Rest des Tages kann die junge Frau mit ihrer dreijährigen Tochter verbringen. Am Abend ist der Arbeitstag aber längst nicht zu Ende: „Wenn Ayla schläft, lerne ich“, sagt Lisa.
Ein Konzept, das funktioniert: Deshalb hat auch der NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Heinz Laumann, vergangene Woche die Firma Herrmann besucht und sich über das familienfreundliche Arbeitsmodell Teilzeit-Berufsausbildung informiert.
Meike Herrmann hatte von der Teilzeit-Berufsausbildung durch das Kompetenzzentrum Frau und Beruf Düsseldorf und Kreis Mettmann erfahren. „Und dann ging alles ganz schnell. Innerhalb weniger Tage erhielt ich 20 Bewerbungen.“ Lisa Graffe wurde für einen Tag zum Probearbeiten eingeladen. „Am Ende des Tages hieß es dann: Du hast den Job!“, strahlt sie. In der Berufsschule ist sie die einzige Schülerin mit Kind und auch die einzige, die ihre Ausbildung in Teilzeit absolviert. Aber sonst unterscheidet sie nicht viel von den anderen. Ihre Ausbildung geht ebenfalls über drei Jahre und sie verbringt die gleiche Zeit in der Berufsschule wie Mitschüler. Reduziert wird nur die Zeit im Betrieb. Ihre wöchentliche Arbeitszeit liegt bei 30 Stunden, die beiden Tage in der Berufsschule sind darin eingeschlossen. Die Arbeitszeit wird individuell zwischen Azubi und Betrieb abgesprochen, meist liegt sie zwischen 30 und 35 Stunden je Woche.