Herr Tups, dass Heerdt zu einer Boomtown werden könnte, war vor einigen Jahren kaum vorhersehbar. Das Projekt Vierzig549 an der neuen Böhlerstraße entwickelt sich prächtig. Hatten Sie keine Bauchschmerzen beim Gedanken an 3000 neue Wohnungen?
Interview Baumboom, aber kein grenzenloses Wachstum im linksrheinischen Düsseldorf
Düsseldorf · Bezirksbürgermeister Rolf Tups führt ein entscheidungsfreudiges Stadtteilparlament, das die Chancen für Oberkassel, Heerdt, Niederkassel und Lörick gern wahrnimmt.
Das linksrheinische Düsseldorf ist begehrt und beliebt. Es besteht aus Oberkassel, Niederkassel, Lörick und Heerdt, und es wächst und gedeiht. Bezirksbürgermeister ist Rolf Tups (CDU), dem es gelingt, dass sehr viele Beschlüsse einstimmig sind. Das Bezirksparlament arbeitet äußerst effektiv. Die Stadtteil-Entwicklung steht dabei im Vordergrund.
Tups: Dass wir im Linksrheinischen wachsen würden, war schon relativ früh klar. Dass ehemals gewerblich genutzte Flächen einer Wohnbebauung zugeführt werden, ist eine logische Konsequenz, zumal wir auch im Linksrheinischen einen großen Wohnungsbedarf haben. Wichtig für uns ist eine sozialverträglich gute Durchmischung und eine Urbanität, die einen Qualitätsanspruch erfüllt. Wir wollen keine reine Blockbebauung mit sieben Etagen, sondern eine aufgelockerte Bebauung, in der sich Menschen wohl fühlen. Dieses Projekt Vierzig549, angrenzend an die Stadt Meerbusch, ist sehr gut gelungen.
Wie ist der Kontakt zu Meerbusch?
Tups: Das engere Zusammenrücken zwischen dem Linksrheinischen und Meerbusch war ein langwieriger Prozess. Es dauerte 15 Jahre, bis wir die Böhlerstraße hatten, die die Wohnbebauung auf Düsseldorfer und Meerbuscher Seite sinnvoll ermöglicht hat. Das Gebiet ist optimal erschlossen, an die A 52, die B 7 mit Anschluss an Meerbusch, die Krefelder und Löricker Stadtbahn.
Der Bürgerverein Heerdt klagt permanent über die Laster am Nikolaus-Knopp-Platz. Was ist mit der Verkehrserschließung am Heerdter Lohweg und an der Böhlerstraße?
Tups: Jetzt endlich bekommen wir eine direkte Verbindung zur B 7, so dass der Verkehr auf kürzestem Wege abfließen kann. Die Abfahrt am Heerdter Lohweg ist ein Meilenstein. Sie kommt zunächst in Richtung Albertussee, dann folgt die andere Seite. Und im Anschluss daran wird die Brücke am Heerdter Lohweg neu gebaut. Die Planung dieser Verkehrsentlastung des Nikolaus-Knopp-Platzes ist schon uralt.
Ein weiterer Lichtblick für Heerdt?
Tups: Das ist der Freizeitpark Heerdt. Auch das war eine lange Zeit des Wartens. Die Anlage ist wunderschön geworden. Man vermutet diese Idylle direkt zwischen B 7 und der Heerdter Landstraße gar nicht. Wir haben nun ein großes Areal mit neuartigen Spielgeräten. Es wird sehr gut frequentiert, selbst von Kindern aus Oberkassel.
Und das neue Schwimmbad an der Pariser Straße?
Tups: Wir haben die Chance genutzt, die sich geboten hat. Dazu braucht man politische Mehrheiten. Wir sind darin vorbildlich. Wir behakeln uns nicht mit Kleinigkeiten. Wir brauchen keine zwei Jahre, um einen Standort zu bedenken. Man muss manchmal auch etwas riskieren. Die Bezirksverwaltung wird vom Babarossaplatz dorthin verlagert. Und wir bekommen einen Veranstaltungsraum, den auch Vereine nutzen können. Wir hatten ja nichts. Wir waren stets bescheiden.
Bleibt als einziger Ärger in Heerdt die Schließung der Stadtsparkasse Nikolaus-Knopp-Platz?
Tups: Wir haben noch Filialen in Oberkassel, an der Hansaallee/Schiessstraße und im Haus Lörick.
Das Dauerthema ist der Belsenplatz. Nachdem die barrierefreie Haltestelle am Luegplatz stromlinienförmige, schmal wachsende Bäume bekommen hat, könnte doch die nächste barrierefreie Haltestelle am Ende der Luegallee genauso gebaut werden. Oder?
Tups: Die Luegallee ist ein besonderes Problem, unabhängig davon, ob mit oder ohne Radweg. Es stehen nur 34 Meter, an der breitesten Stelle 34,75 Meter, zur Verfügung, um alle Verkehrsteilnehmer auf der denkmalgeschützten Platanenallee unterzubringen, die Rettungsfahrzeuge, die Rheinbahn, die Autos, die Radfahrer, die Fußgänger und den Einzelhandel. Andererseits ist der Belsenplatz ein Verkehrsknoten. Da kann ich keinen schmalen, aber langen Hochbahnsteig vor die Buchhandlung Gossens setzen. Ein Hochbahnsteig an dieser Stelle kann nicht Sinn und Zweck sein. Wir müssen uns eine andere Trassenführung durch den Kopf gehen lassen.
Nämlich?
Tups: Man könnte den Hochbahnsteig in die Hansaallee verlagern und eventuell eine Gleisverschwenkung über den Alberichweg machen, am Vodafone-Campus vorbei, unter dem Heerdter Dreieck hindurch zur Heerdter Landstraße. Die Rheinbahn überprüft den Vorschlag gerade. Die Haltestelle Drususstraße würde entfallen, sie hat sowieso die geringste Frequenz. Ob das technisch und finanziell möglich ist, weiß ich nicht. Aber wir hätten am Ende der Luegallee keine Riesenhaltestelle und könnten den Belsenplatz ganz anders gestalten. Der Hochbahnsteig vor Gossens würde das gesamte Luegallee-Ensemble kaputt machen.
Ein Wort zum ehemaligen Balletthaus. Das Haus wird gerade abgebrochen, damit die International School on the Rhine eine Dependance errichtet. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Tups: Die Internationalität wird im Linksrheinischen immer größer. Wir laden zu unseren Jahresempfängen alle ein, die Japaner, die Chinesen und die Mitarbeiter aus dem Türkischen Konsulat. Sie kommen alle, und es gibt schon richtige Freundschaften.
Kommen wir zum Stadtteil Lörick. Hier soll der Paradieshafen verändert werden. In der Gerüchteküche ist von einer Wohnbebauung die Rede, aber auch von einer Vergrößerung der nutzbaren Hafenfläche. Was ist das Ziel der Studie, die das Sportamt vorbereitet?
Tups: Es geht nicht um eine Wohnbebauung, sondern um eine Vertiefung des natürlichen Hafenbeckens. Der Hafen verschlickt. Verschiedene Boote können nicht mehr einfahren oder kommen nicht mehr raus, sondern bleiben hängen. Bei niedrigem Wasserstand geht nichts mehr. Wir bekommen die Machbarkeitsstudie am 22. Januar in die Bezirksvertretung. Wir warten ab.
Bleibt das Löricker Karree, das als Einkaufszentrum konzipiert war, eine Problemzone? Wird die Immobilie hin und hergeschoben? Sie soll wieder verkauft sein?
Tups: Der erste Investor ist wieder zurück. Die Planung kommt nun in Fahrt. Ob es was wird, weiß ich nicht, aber ich hoffe es. Wenn die Leute die Infrastruktur vor ihrer Haustür nicht nutzen, dann geht es eben nicht weiter. Von der Milch, die sie bei einem Großdiscounter vergessen haben, kann ein Geschäft vor der Tür nicht leben.
Nun zu Sankt Anna in Niederkassel. Wie geht es da weiter?
Tups: Die Bürgerbeteiligung hat stattgefunden. Es gab sehr viele Einsprüche, auch schriftliche. Die abzuarbeiten kostet Zeit. Ich glaube, auch handwerkliche Fehler müssen behoben werden. Die Wünsche der Bevölkerung müssen berücksichtigt werden, aber es gibt Baurecht. Das alte Fischerdorf, das sich manche Bürger herbeisehnen, gibt es nicht mehr. Ich glaube, dass die Ur-Struktur von Niederkassel mit dem Bau der Theodor-Heuss-Brücke weggebrochen ist.
Letzte Frage: Wieviele Neubürger beschert der Bauboom im linksrheinischen Düsseldorf?
Tups: In den nächsten Jahren werden es 10 000 Einwohner mehr sein. Wir werden an die 40 000 Einwohner kommen. Aber für uns im Linksrheinischen gilt, ein grenzenloses Waschstum kann und wird es bei uns nicht geben.