Düsseldorf Blaue Plakette: 100 000 Diesel-Haltern droht Fahrverbot in der City

Neue Umweltzone hätte gravierende Auswirkungen. Stadt rechnet allerdings nicht mit schneller Umsetzung.

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Düsseldorf. Schreckensszenario für ein Drittel aller Düsseldorfer Autofahrer: Sollte die von den Umweltministern der Länder und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) beschlossene blaue Plakette wie vorgeschlagen umgesetzt, würden in Düsseldorf mehr als 100 000 Diesel-Pkw praktisch unbrauchbar, da sie nicht mehr in der Innenstadt gefahren werden dürften. Pendler sind da noch nicht mitgezählt. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

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Wie sieht der Vorschlag der Umweltminister genau aus? In Städte mit hoher Stickoxid-Belastung sollen bald nur noch Autos mit blauer Plakette fahren dürfen. Und diese sollen nur Diesel-Fahrzeuge erhalten, die die Euro-6-Norm einhalten. Benziner sollen die Plakette vermutlich schon ab Euro 3 bekommen, weshalb nur wenige Autos keinen Anspruch hätten.

Wie viele Autos wären in Düsseldorf betroffen? Laut Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 1. Januar 2015 halten lediglich 6053 von 111 536 Diesel-Pkw die erforderliche Euro-6-Norm ein. Hinzu kommen 178 027 Pkw mit Otto-Motor, die kaum betroffen wären.

Warum soll die neue Plakette eingeführt werden? Die blaue Plakette soll die grüne ablösen, da Großstädte heute immer weniger unter Feinstaub leiden, während gesundheitsschädliche Stickoxide ein zunehmendes Problem darstellen. Das ist auch in Düsseldorf so. Die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil die Grenzwerte häufig überschritten werden.

Wie stark ist Düsseldorf von Stickoxiden belastet? Die Messstationen an Corneliusstraße, Ludenberger Straße und Dorotheenstraße weisen seit zehn Jahren Daten aus, die über den Grenzwerten liegen. An der Corneliusstraße etwa ist bei einem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahr 2014 ein Jahresmittelwert von 60 dokumentiert. Beim Feinstaub werden die Werte hingegen durchweg eingehalten.

Wie sind die Reaktionen auf den Vorschlag zur blauen Plakette? Der Beschluss der Minister polarisiert. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt ihn als „unausgegoren und mobilitätsfeindlich“ ab. Auch die CDU gibt sich kritisch. Und der ADAC kann nicht nachvollziehen, dass nun Verbraucher den Preis für die Versäumnisse der Automobilhersteller zahlen sollen. Die Deutsche Umwelthilfe betont jedoch, dass die Regelung ein wichtiger Hebel für die Kommunen sei, schmutzige Fahrzeuge aus den Städten herauszuhalten. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz sieht das so.

Wie steht die Stadt Düsseldorf zu den Plänen? Stefan Ferber, Leiter des Umweltamtes, äußert sich zurückhaltend. „Wir wollen erstmal abwarten, bis es eine rechtliche Grundlage gibt.“ Er geht jedoch davon aus, dass es einen „erheblichen zeitlichen Vorlauf“ bis zur Einführung braucht. Auch bei der heute geltenden Umweltzone habe es lange Übergangsfristen und eine stufenweise Einführung gegeben. Von der Einführung 2009 bis zur letzten Verschärfung (nur noch grüne Plakette) vergingen fünf Jahre.

Wie würde sich die blaue Plakette auf die Umwelt auswirken? Ferber glaubt, „dass eine blaue Plakette zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxid-Werte beitragen kann.“ In welchem Maße, soll ein Gutachten klären. Ein Fachbüro hat erhoben, wie viele Fahrzeuge, welchen Typs am Tag über die Corneliusstraße fahren und welche Auswirkungen unterschiedliche Fahrverbote hätten. Ein Ergebnis wird im Sommer erwartet. Im Kampf gegen Stickoxide setzt die Stadt zudem darauf, Rad- und Öffentlichen Nahverkehr zu stärken.

Wie groß wäre die Fahrverbotszone? Dazu gibt es noch keine verbindliche Aussage der Stadt. Dass sie jedoch nur für die besonders belasteten Straßen gelten wird, hält Ferber für unwahrscheinlich. „Wir wollen Umgehungsverkehr verhindern.“ Und wenn die im Fokus stehenden Hauptachsen wie die Corneliusstraße mit in der Zone liegen sollen, dürfte die kaum kleiner ausfallen als die bisherige Umweltzone — auch wenn die Minister begrenztere Areale empfehlen.

Sind Ausnahmen denkbar? Ja. Vorbild könnte die bisherige Regelung für die Umweltzone sein. Danach gibt es unter besonderen Umständen Ausnahmen für Gewerbetreibende, Schwerbehinderte oder Anwohner mit nicht nachrüstbaren Fahrzeugen, die bis zu einem bestimmten Datum angeschafft wurden.

www.duesseldorf.de/kfz/feinstaub/003_ausnahmen.shtml