Bröckelglas: Traum-Penthouse ist nur noch ein Ladenhüter
Vor mehr als sieben Jahren fielen vom Hochhaus an der Kaiserstraße Glasbrocken auf die Straße. Noch heute hängen Schutznetze.
Düsseldorf. Wolfgang Scheiff hat viele schöne Erinnerungen an das Penthouse im Hochhaus an der Kaiserstraße. Hier hat er ab 1981 mit seiner Frau und den drei Kindern viele glückliche Jahre verbracht. Kein Wunder: 300 Quadratmeter Wohnfläche, die sich unter anderem auf eine große Wohnebene sowie fünf Schlafzimmer, vier Bäder und fünf Toiletten aufteilen, lassen kaum einen Wunsch offen.
„Die Wohnung mit der 100 Quadratmeter großen Terrasse und dem tollen Ausblick ist ein Traum“, sagt Scheiff, „dann ist sie auch noch direkt am Hofgarten gelegen, wo jetzt alles schöner wird.“ Seit Jahren aber steht die Wohnung leer — und die Mietausfälle summieren sich auf rund 300 000 Euro.
Eine unendliche Geschichte verbirgt sich hinter der traurigen Szenerie in luftiger Höhe. Im Dezember 2005 fielen Glasteile von der neuen Fassade auf die Kaiserstraße — und damit nahm das Drama seinen Lauf. Ähnlich wie beim Hochhaus am Graf-Adolf-Platz, dem Gap 15, mussten zur Sicherheit Netze gespannt werden.
Diese hängen bis heute und mindern den Wohnwert des Penthouses erheblich. Die Scheiffs jedenfalls fühlten sich in ihrer Wohnung nicht mehr wohl und zogen um.
Zorn und Frustration sind groß, weil bis heute nicht geklärt ist, wer eigentlich die Schuld am Desaster und die Kosten für die Schadenbeseitigung trägt. Das geht nicht nur Scheiff so, sondern allen knapp 60 Teileigentümern des Hauses.
Ausgangspunkt war die Notwendigkeit, etwas zu tun: Das Beton-Hochhaus war zum Anfang des neuen Jahrtausends nicht nur keine Augenweide, „es gab auch Abplatzungen an den Waschbeton-Elementen der Balkone“, sagt Verwalter Lutz Oerding.
Also wollte man die Pflicht mit der Kür verbinden: die Fassade mit einer Dämmung versehen und das Gebäude gleichzeitig verschönern. Ein Architekt wurde verpflichtet, eine Fassendenfirma gefunden, schicke schwarze Glasplatten angebracht. Ergebnis: bekannt.
Seit Jahren geht es vor dem Landgericht um den Fall, und es gibt auch eine Tendenz bei der Ursachenfindung: Es könnte sein, dass die zweiteiligen Dichtungen der Scheiben sich mit den Temperaturwechseln verziehen und herausquetschen. Dabei lösten sich die Scheiben. Planungs- und Ausführungsfehler, der Architekt hat auch einen Teil seines Honorars zurückerstattet.
Während Scheiff die Eigentümergemeinschaft mit in der Pflicht sieht, da sie seine Dachwohnung nicht zwecks Wiedervermietung von den Netzen befreit hat, spricht Verwalter Oerding davon, „dass die ganze Hausgemeinschaft gebeutelt ist“. Der Marathon vor Justitia zerrt an den Nerven. „Wir haben eine Wut auf die deutschen Gerichte, die so lange brauchen.“
Die Fassadenfirma ist mittlerweile in die Pleite geschliddert, der Insolvenzverwalter reichte Klage ein, um ausstehenden Werklohn von 820 000 Euro zu verlangen. Die Firma ist ihrerseits auf 1,8 Millionen Euro Schadenersatz verklagt worden. Und Scheiff hätte gerne seinen Mietausfall erstattet.
Das stolze Hochhaus mit dem tollen Blick scheint wie mit einem Fluch belegt. Aber was hilft’s? „Wir wissen nicht, ob wir Geld bekommen“, sagt Oerding. Die Fassade muss auf jeden Fall neu gemacht werden — und vielleicht bleibt man auf den Kosten sitzen, dräut es dem Verwalter. „Leider hat man damals nicht gleich die Fenster mit ausgewechselt“, moniert Christoph Kirschner, der die Immobilien von Wolfgang Scheiff betreut. „Denn die bilden mit der Fassade eine konstruktive Einheit, die Laibungen sind heute schadhaft.“ Auch dieses Problem will die Hausgemeinschaft angehen, wie Oerding mit leisem Aufstöhnen sagt. Wieder etwas, das viel Geld kosten dürfte.