Cold Case in Düsseldorf und Meerbusch Maisfeld-Mörder mithilfe von DNA-Spur identifiziert

Düsseldorf/Meerbusch · Die Polizei hat wohl einen 30 Jahre alten Cold Case aufgeklärt. Der Düsseldorfer Manfred C. soll 1992 die 50-jährige Sigrid C. bei einem Spaziergang am Rhein in ein Maisfeld gezogen und erstochen haben. Spuren unter den Fingernägeln des Opfers haben ihn nun überführt.

Die Rheinaue bei Meerbusch – hier war 1992 Jahren ein Maisfeld, in dem die Leiche von Sigrid C. gefunden wurde. Nun hat die Polizei einen Tatverdächtigen identifiziert.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Es waren winzige Hautpartikel, die Kriminaltechniker 1992 unter den Fingernägeln der toten Sigrid C. fanden, die 30 Jahre lang in der Asservatenkammer lagerten – und die nun den mutmaßlichen Mörder überführt haben: Manfred C., gebürtiger Düsseldorfer und heute 63 Jahre alt, soll die Frau bei einem Spaziergang am Rhein überwältigt, in ein Maisfeld gezerrt, gewürgt und erstochen haben. Der Cold Case, der als Mord im Maisfeld bekannt wurde, ist wohl aufgeklärt.

Möglich war das durch moderne Kriminaltechnik, sagt Kriminaldirektor Martin Mehlhorn. Als Sigrid C. starb, steckte die DNA-Analyse noch in ihren Anfängen. Es brauchte Blutspuren so groß wie ein Geldstück, um an die genetischen Informationen zu kommen, die Untersuchung von Hautpartikeln war noch unmöglich. Heute, sagt Mehlhorn, reichen mikroskopisch kleine Teilchen für eine DNA-Analyse, die auch in diesem bislang ungelösten Fall zum Schlüssel wurden.

Sigrid C. wurde 1942 in Düsseldorf geboren, sie besuchte die höhere Handelsschule und arbeitete hier in einer Marketingagentur. Ende der 60er-Jahre wanderte sie mit ihrem Ehemann nach Kanada aus, kehrte jedoch kurz darauf zurück, es kam zur Trennung. Sie war beruflich erfolgreich, arbeitete zuletzt als Fremdenführerin. In den 80er-Jahren lernte sie ihren letzten Lebensgefährten kennen, mit dem sie nach Freiburg zog. Nach Düsseldorf kehrte sie aber zwei, drei Mal im Jahr zurück, um ihren Bruder zu besuchen. So auch im August 1992.

Sie hatte sich an diesem Tag, am 20. August 1992, mit Freunden zum Essen getroffen und dann einen Termin beim Zahnarzt wahrgenommen, sagt Guido Adler, Erster Kriminalhauptkommissar. Es ging um die Besprechung einer größeren Behandlung, die der 50-Jährigen offenbar Sorgen bereitete. Um 18.30 Uhr verließ sie die Praxis, fuhr mit dem Auto zum Parkplatz Mönchenwerth und ging von dort aus spazieren – so, wie sie es immer tat, um in Ruhe nachzudenken. Zeugen sahen sie alleine in Richtung Ilverich laufen und später auf einer Parkbank sitzen. Kurz darauf muss sie ihrem Mörder begegnet sein. Ein Hundebesitzer fand die Leiche am nächsten Morgen bei einem Spaziergang.

Die Polizei richtete eine Mordkommission ein, doch alle Spuren führten ins Nichts. Eine blaue Faser brachte die Ermittler nicht weiter, ein Verdacht löste sich als Missverständnis auf. Im Oktober wurde die Mordkommission wieder aufgelöst. Ende 2021 hat die Polizei den Cold Case wieder aufgerollt und die Asservate neu untersucht. Die Hautpartikel unter den Fingernägeln der Toten lieferten schließlich einen Treffer in der DNA-Datenbank: Die Spur führte zu Manfred C.

Der mutmaßliche Mörder wurde 1959 in Düsseldorf geboren und hatte eine „trostlose Kindheit“, sagt Guido Adler. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, seine Mutter war Trinkerin. Auch er selbst verfiel dem Alkohol. Er machte eine handwerkliche Ausbildung, ging dann zur Bundeswehr, verlor danach aber immer wieder Arbeitsstellen aufgrund seines Alkoholkonsums. 1992, in dem Jahr, in dem er Sigrid C. getötet haben soll, heiratete er und zog mit seiner Frau in den Schwarzwald. Die Ehe ging jedoch zu Bruch, nach nur zwei Jahren kam es zur Trennung.

Kurz darauf kommt es zu einem weiteren Tötungsdelikt: Manfred C. hat in Bad Liebenzell im Schwarzwald ein zwölfjähriges Mädchen ertsochen. Das Landgericht Tübingen verurteilte ihn wegen Mordes an der Schülerin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld. Eine Bewährung hat er bis heute nicht bekommen, Manfred C. sitzt seit mehr als 25 Jahren im Gefängnis.

Nun hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ebenfalls Anklage wegen Mordes erhoben. Das Motiv liegt noch im Dunkeln, sagt Staatsanwalt Martin Stücker, der Beschuldigte lasse sich bislang nicht ein. Die Ermittler vermuten aber eine sexuelle Motivation. Es gebe zwar keine Hinweise auf eine Vergewaltigung, die Frau war aber halb entkleidet. Er könnte gestört worden sein. Doch auch Verdunklungsabsicht oder andere niedrige Beweggründe seien denkbar. Komme es zu einer weiteren Verurteilung, sagt Stücker, sei ebenfalls mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu rechnen. Diese werde aber nicht auf die bestehende Strafe aufgerechnet – mehrfach lebenslängliche Strafen gibt es im deutschen Strafrecht nicht.

Dass Manfred C. in den 90er-Jahren bis zu seiner Festnahme noch weitere Morde begangen haben könnte, sei denkbar, sagt Guido Adler. Doch bislang sei die Suche nach weiteren Cold Cases ergebnislos verlaufen. Die Ermittlung in solch lange zurückliegenden Straftaten sei äußerst schwierig. Einen Zusammenhang mit einem ähnlichen Fall in Neuss schließen die Ermittler aber aus: 1993 verschwand die 43 Jahre alte Rita S. und wurde kurz darauf tot in einem Maisfeld in Weckhoven gefunden. Zwei tote Frauen im Maisfeld, die zeitliche und räumliche Nähe, der ähnliche Modus Operandi – die Parallelen sind erstaunlich. Dennoch gebe es keine Hinweise darauf, dass Manfred C. in diesem Fall in Frage komme.