„Das Bauchgefühl entscheidet beim Vorlesen“
Erzähler Achim Brock gibt Tipps, welche Märchen sich für welche Altersgruppe eignen und was beim Vorlesen den entscheidenden Unterschied macht.
Achim Brock erweckt Prinzen, Zwerge und Tiere zum Leben. Bei seinen Auftritten greift er nicht zum Buch, sondern schlüpft in die Rolle eines Erzählers und Schauspielers. Während der Märchenwochen ist er drei Mal im Einsatz (am 26. und 29. Januar sowie am 1. Februar, siehe oben rechts). Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte Brock, auf was er dabei achtet und wie man die besten Geschichten entdeckt.
Worauf kommt es beim Vorlesen und Erzählen von Märchen an?
Achim Brock: Wichtig ist zunächst, die Geschichten gut zu kennen, und zwar möglichst Satz für Satz. Beim Vorlesen weiß ich dann sofort, auf welche Wörter es besonders ankommt und kann diese entsprechend betonen. Kinder lieben es, wenn man dabei in die jeweiligen Rollen schlüpft - mit der Stimme und mit Gesten. Das fängt schon ganz klein an, zum Beispiel bei einer Verbeugung, wenn sich eine Figur vorstellt. Und darum geht es umso mehr beim Erzählen, also ganz ohne Buch - die Märchen werden zum Theaterstück. Besonderen Spaß macht es, die kleinen Zuhörer mit einzubeziehen. Bei den Bremer Stadtmusikanten bellen, miauen und krähen sie mit. Bekannte Märchen erhalten so ein neues Gesicht. Und noch ein Tipp: Man sollte nicht unbedingt sitzen. Im Stehen kommt nach meiner Erfahrung viel mehr an.
Welche Märchen eignen sich für welche Altersgruppe?
Brock: Da kann man getrost auf das eigene Bauchgefühl vertrauen. Für die Allerkleinsten empfehle ich die absoluten Klassiker wie Froschkönig, Dornröschen, Schneewittchen. Die Geschichten sind nicht zu düster und leicht zu verstehen. Kinder ab zirka fünf Jahren und älter hören zwischendrin gerne mal etwas anderes, hier kann ich beispielsweise „Zwerg Nase“, „Kalif Storch“ oder „Der kleine Muck“ nennen. Man muss sich übrigens auch keine Gedanken um grausame Stellen machen, beispielsweise wenn die Hexe bei Hänsel und Gretel im Ofen landet. Für Kinder heißt das einfach, dass das Böse bestraft wird. Für ältere Zuhörer, ab zirka zehn Jahren sowie Erwachsene eignen sich komplexere Geschichten und Kunstmärchen, wie von Hans Christian Andersen.
Haben Sie Geheimtipps?
Brock: Beim Lesen sollte man die wunderbare Sprache der Klassiker genießen. Einige meiner liebsten Geschichten haben aber auch Wilhelm Hauff und Andersen geschrieben. Sie haben teils eine ganz besondere Aussage, die mit Witz vermittelt wird wie bei „Des Kaisers neue Kleider“ oder bei „Der kleine und der große Klaus“ für ältere Zuhörer oder Leser. Ich empfehle, in alten Büchern zu stöbern, ob daheim, bei den eigenen Eltern oder in Büchereien, um für sich Neues zu entdecken. Wenn es ums Vorlesen geht, kommt es besonders darauf an, was einem selbst gefällt und was man sich gut für seine Zuhörer vorstellen kann, denn das überträgt sich auf die Kinder.