Das große Geld mit dem schnellen Sex
Die aktuellen Ermittlungen werfen ein Schlaglicht auf die Strukturen in der Szene. Es gibt mehr als 200 Erotik-Betriebe in der Stadt.
Düsseldorf. Im vergangenen Jahr durfte das Fernsehpublikum Bert Wollersheim (Foto) noch auf dem Weg zu seiner Trauung begleiten — und bezeugen, wie die damals 23-jährige Sophia Vegas ihr „Liebchen“ aus pinker Playboy-Bettwäsche scheucht, um ihm aufgebackene Croissants zu servieren.
Jetzt brachte die Razzia in den Bordellen des 61-jährigen Wollersheim zutage, dass es sich bei dem vermeintlichen König der Rethelstraße vielmehr um einen „Grußaugust“ handelte, wie Ermittler es formulierten. Die Mehrheit an den Etablissements gehört Thomas M. (47), einem eher unauffälligen Mann im Hintergrund.
Wie transparent ist die Halbwelt im roten Licht? Dazu will Ordnungsamtsleiter Michael Zimmermann nicht viel sagen. Nur, dass die Besitzverhältnisse der Clubs an der Rethelstraße bekannt waren. Betrieben wurden sie von der „Pensionsbetriebe Rethelstraße GmbH“, der die Gewerbeausübung jetzt untersagt wurde — die Stadt ließ die Bordelle schließen. Die Geschäftsführerin der Gesellschaft gilt mit Wollersheim und M. als eine der Hauptverdächtigen.
Der Skandal-Fall wirft ein Schlaglicht auf eine Szene, die für Otto Normaldüsseldorfer weitgehend ein Rätsel ist. Obwohl sie überschaubar scheint: Nur ein bis zwei Handvoll großer Bordellbetriebe gibt es in der Stadt. Neben der Rethelstraße und dem Bahnhofsumfeld gibt es noch einen großen Saunaclub im Süden der Stadt.
Aber: Nach einer Stellungnahme der Verwaltung im Ausschuss für Gleichstellung 2011 gibt es in Düsseldorf über 200 erotische Betriebe. Dazu werden Studios gezählt, die erotische Massagen anbieten. Aber auch das Kontakt-Café in der City, das bei der Polizei-Razzia ebenfalls durchsucht wurde, aber geöffnet bleiben darf: Dort treffen zahlungskräftige Freier auf hochkarätige Prostituierte. In Foren geistern Erfahrungsberichte herum, eine Nacht sei für den Preis eines Mittelklasse-Gebrauchtwagens zu haben.
Der mit Abstand größte Teil der 630 Beschäftigten im Düsseldorfer Rotlicht-Milieu arbeitet zwar in der Wohnungsprostitution — also hinter privaten Türen. Doch es sind gerade die Bordelle, denen durch die aktuellen Ermittlungen nun der Ruch von Unterwelt anhaftet. Eine Sachbearbeiterin des bei der Polizei zuständigen Kriminalkommissariats 12 aber erklärt: „Die Betreiberstrukturen sind transparent. Wir vermuten keinerlei Organisierte Kriminalität hinter den Bordellen.“
Die Strukturen indes sind unterschiedlich. Ein Edel-Club in der Preisklasse der Rethel-Bordelle etwa — mit exklusiven Themenzimmern und Whirlpools — wird ebenfalls durch eine GmbH mit Sitz in Düsseldorf geführt.
Als Gesellschaftszweck steht im Handelsregister „die Vermietung von Zimmern und Erbringung damit verbundener Dienstleistung“. Laut Polizei-Experten arbeiten die Frauen in solchen Etablissements zumeist auf Provisionsbasis und bekommen unter Umständen eine Beteiligung an den Getränken, die ein Freier bestellt.
Hinter dem Laufhaus „Hinter dem Bahnhdamm“ hingegen steht keine eintragungspflichtige Gesellschaft, sondern Einzelpersonen. Die Frauen dort, heißt es, zahlen eine Miete für ihr Zimmer. Während die Stunde in Wollersheims Betrieben um die 300 Euro kosten soll, ist der schnelle Sex am Bahndamm für mittlere zweistellige Summen zu haben, schreiben Freier im Internet.
Mit der Glitzerwelt, die „Liebchen“ Berti im TV präsentierte, hat diese Seite der Branche wenig zu tun. Hinter dem diffusen Rotlicht steckt meist doch nur ein knallhartes und liebloses Geschäft mit der körperlichen Liebe.