Das Hetjens-Museum wird zum Märchenwald

Die Künstlerin Leiko Ikemura verwandelt das Keramikmuseum mit ihren Skulpturen in einen verwunschenen Ort.

Foto: Ingo Lammert/Stadt

Seit 40 Jahren lebt Leiko Ikemura in Europa, vorrangig in Köln und Berlin. Ihre Galerie Karsten Greve liegt keine 50 Kilometer entfernt. Aber erst jetzt gelangen sieben Terrakotta-Skulpturen ins Hetjens-Museum. Die neue Museumsleiterin Daniela Antonin korrigiert mit Schwung die bisherige Ausstellungspolitik des Hauses.

Der Pfiff der relativ kleinen Schau beginnt mit der Inszenierung. Die Skulpturen, allesamt aus Schamott und einer eisenhaltigen Glasur, tauchen hinter diversen dunkelgrünen Vorhängen auf, angestrahlt durch etwas viel Punktlicht. Der Besucher soll vergessen, dass er sich in einem für Kunst ungeeigneten Büroraum befindet. Er tastet sich seinen Weg durch das dunkle Labyrinth und landet vor diversen Überraschungen.

In der Keramikwerkstatt von Niels Dietrich tauchte Ikemura früh auf, als noch fein säuberlich zwischen Handwerkskunst und Kunst unterschieden wurde. Die gebürtige Japanerin aber plädiert für die Einheit, stammt sie doch aus einem traditionsreichen Land, wo alle Arten der Irdenware einen hohen Stellenwert haben.

Ikemura sieht ihre Aufgabe darin, für Einheiten zu sorgen. So denkt sie im besten Sinn zugleich westlich wie östlich, figurativ und abstrakt, modern und in den Stilen früherer Epochen. Berühmt sind ihre Figuren „Engel von Köln“ und „Teufel von Köln“ (jeweils 2004). Sie wachsen aus einem Fundament, das zugleich Lebensbaum, Wasserquelle oder Vulkan sein könnte. Ihre Köpfe sind nie geschlossen. Die Gehirnschalen öffnen sich, als suchten sie nach einer Verbindung zwischen Himmel und Erde.

Die Künstlerin baut die Skulpturen mit bloßen Händen aus schwerem, schamotthaltigem Ton auf. Sie muss sie mehrfach brennen, mit Unterglasur und dann mit Metalleinschüben, bis diese fantastischen Gestalten aus der Dunkelheit heraus erstrahlen. Der Besucher soll die Figuren aus dem Gefühl heraus begreifen. „Es geht um eine andere Art von Wahrnehmung, von Imagination“, sagt sie.

Aus den kolossalen Stämmen wachsen Engel und Teufelchen, barocke oder manieristische Wesen. Sie tänzeln in einer schlingernden Bewegung, mit weitem Röckchen, koboldhaft mit breit gesetzten Beinen und mit schillernd-schrundiger Haut. Zuweilen taucht ein Gesicht mit kleiner Stupsnase und sich verdoppelnden Armen auf, um in einem schlangenhaften Wesen zu enden. Dann wieder scheint ein Engel mit fliehendem Haarschopf in der Bewegung arretiert. Oder es springt eine katzenartige Gestalt aus dem Baumstamm heraus.

Parallel zu den Skulpturen zeigt sie eher lyrische, spannungsarme Wachsstift-Arbeiten, die sie abfotografiert, filmisch addiert und auf Wandtafeln projiziert.

Info: Hetjens-Museum, Schulstraße 4. Bis 25. Februar. Ein Katalog ist geplant.

duesseldorf.de/hetjens