Das lange Leben mit HIV

Die Zahl der Neu-Diagnosen ist in Düsseldorf stark angestiegen. Die Aids-Hilfe sammelt Spenden für den Notfall-Topf.

Düsseldorf. Weltweit ist HIV auf dem Rückzug: Von 1997 bis 2010 soll sich die Zahl der jährlichen Neu-Infektionen weltweit um mehr als 20 Prozent verringert haben, meldeten die Vereinten Nationen diese Woche. Bemerkenswert ist deshalb, dass es in Düsseldorf einen gegenläufigen Trend gibt: Die Zahl der Neu-Infektionen ist im vorigen Jahr stark angestiegen — auf 93 Fälle, nachdem die Zahl in den beiden Vorjahren bei jeweils 61 gelegen hatte.

Wie passt das zusammen? Peter von der Forst, Geschäftsführer der Düsseldorfer Aids-Hilfe, glaubt, dass die Zahl einen anderen Trend widerspiegelt: „Man hat die Risikogruppen ermutigt, sich testen zu lassen. Da wir ja nicht wissen, wann sich jemand angesteckt hat, muss der Düsseldorfer Trend nicht zwangsläufig negativ sein.“ Grundsätzlich sei zu beobachten, dass die aktuellen Präventionskampagnen wirken. „Umfragen zeigen, dass sich das Schutzverhalten deutlich verbessert hat.“

Insgesamt leben in Düsseldorf Schätzungen zufolge mehr als 2000 Menschen mit HIV, das sind etwa viermal so viele wie im Landesdurchschnitt. Seit Beginn der Pandemie wurden hier 493 Aids-Tote gezählt. Diese Zahl ist freilich mit Vorsicht zu genießen: „Gerade in der Anfangszeit wurden aus Scham oft andere Ursachen auf dem Totenschein eingetragen. Die Zahl 493 liegt mit Sicherheit zu niedrig“, sagt von der Forst.

Viel wichtiger ist ohnehin der Trend. Und der ist erfreulich: Dank immer besserer Medikamente haben die meisten HIV-Infizierten eine höhere Lebenserwartung und bessere Lebensqualität. Nur so ist es möglich, dass mittlerweile 70 Prozent der Betroffenen arbeiten gehen. Doch auch wenn eine HIV-Infektion mittlerweile einer chronischen Erkrankung ähnelt, sollte niemand das lange Leben mit HIV auf die leichte Schulter nehmen: Die Medikamente — die lebenslang genommen werden müssen — verursachen teils starke Nebenwirkungen. Zudem steigt das Risiko für Armut. Das bekommt die Aids-Hilfe stark zu spüren: Der Notfall-Topf in Höhe von 14 000 Euro ist in diesem Jahr schon leer. Finanziert werden damit kleine Hilfen für Bedürftige, je nach Situation werden bis zu 80 Euro pro Person ausgeschüttet. „Ob Praxisgebühr oder Geschenke für die Kinder — es geht um alles, wofür sich sonst niemand im Hilfssystem zuständig fühlt“, erklärt Yvonne Hochtritt, bei der Aids-Hilfe für die Spenden zuständig. „Deshalb gehen alle Spenden, die wir dieses Mal zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember sammeln, in den Notfall-Topf.“ Insgesamt sei das Spendenaufkommen stabil. Die Aids-Hilfe plant mit 340 000 Euro in diesem Jahr — das sind 40 Prozent des Etats.