Der Tag, an dem Düsseldorf den Untergrund für sich entdeckte
Vor 30 Jahren wurde die U-Bahn-Stammstrecke eröffnet, der Abschnitt zwischen der Heinrich-Heine-Allee und dem Hauptbahnhof. Ein Moment, der bis heute nachwirkt.
Düsseldorf. Bis zum 7. Mai 1988 gab es einen wunderbaren Witz in dieser Stadt. Er lautete: Düsseldorf hat die schnellste U-Bahn der Welt. Kaum ist man drin, ist man auch schon wieder draußen. Der erste Abschnitt der U-Bahn ging am Kennedydamm unter die Erde, durchquerte die Bahnhöfe Klever Straße und Nordstraße und tauchte nach 1,6 Kilometern an der Heinrich-Heine-Allee wieder auf. Vor 30 Jahren verdreifachte sich die unterirdische Strecke, die zentrale Verbindung zwischen Heinrich-Heine-Allee und Hauptbahnhof wurde eröffnet und an den bestehenden kurzen Abschnitt angebunden. Drei Monate später folgte die Verbindung durch den Tunnel zur Tonhalle und über die Oberkasseler Brücke.
Den Festtag beginn die Stadt mit viel Musik. In der Fußgängerpassage an der Heinrich-Heine-Allee spielte die Kapelle der Rheinbahn, dann drückten Oberbürgermeister Klaus Bungert und Peter Reinhardt, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, einen Knopf, und die Rolltore zu den Bahnsteigen öffneten sich. Rund 100 000 Düsseldorfer testeten die Strecke am Premierentag kostenlos, an jeder Station erwartete die Fahrgäste noch mehr Musik.
Dieser Moment ist elementar für die jüngere Geschichte der Landeshauptstadt. Mit ihm manifestieren sich Reiz und Möglichkeiten des Verkehrs unter Tage. Der Rheinufertunnel, die weiteren U-Bahn-Abschnitte bis hin zur Wehrhahn-Linie, die Röhren am Kö-Bogen — das alles folgte auf den 7. Mai 1988 und hat Düsseldorf grundlegend verändert.
Die Debatten rund um den Tag vor 30 Jahren gleichen den heutigen auf faszinierende Weise. Damals sprachen Politiker und Anwohner über die Heinrich-Heine-Allee, heute sind es Friedrich-, Kasernen- Breite- und Elisabethstraße: Was kann man mit der neugewonnenen Oberfläche anstellen, wenn die Bahnen verschwinden? Wie lassen sich Aufenthalts- und Lebensqualität verbessern? In den Antworten kam 1988 wie heute nicht vor, mehr Platz für Autos zu schaffen.
Auf der Internetplattform Youtube gibt es ein Video mit Titel „Straßenbahn Düsseldorf 1988“. Darin ist die Strecke zu sehen, die mit der Eröffnung der neuen unterirdischen Route abgelöst wurde. Die Bahnen hielten damals über Tage noch am Ratinger Tor, am Opernhaus, am Jan-Wellem-Platz und fuhren dann über die Berliner Allee und die Bismarckstraße zum Hauptbahnhof.
So sah die Heinrich-Heine-Allee vor der Eröffnung der U-Bahn-Stammstrecke aus. Foto: Rheinbahn-Archiv
Sieht man diesen Abschnitt heute, ist der Erfolg noch begrenzt. Der neue Mittelstreifen der Heine-Allee ist keine Flaniermeile, hat aber die Lage am Rande der Altstadt zumindest entspannt. Die Bismarck- ist zur Fahrradstraße erklärt worden, das ist in der Wirklichkeit kaum mehr als ein schlechter Witz, mündet aber just in der Gegenwart immerhin in eine neue Debatte um eine Verkehrsberuhigung bis hin zur Fußgängerzone.
Auf dem Jan-Wellem-Platz war der Umbruch deutlicher. Vor 30 Jahren verschwand dort die Hälfte aller Straßenbahnen. Das war der Anfang des Weges zur Umgestaltung des Ortes, zu den Plänen für die Libeskindbauten und den Gang der restlichen Bahnen unter die Erde. Wie groß der Wert für die Stadt ist, lässt sich erst sagen, wenn das Ingenhovental eröffnet und die neue Schadowstraße geschaffen ist.
Oberbürgermeister Klaus Bungert (Mitte) eröffnete mit Ehrengästen die Strecke. Foto: Meyer/Stadtarchiv
Eine Frage, die sich beim wichtigsten unterirdischen Projekt nicht mehr stellt. Der Rheinufertunnel steht für eine Jahrhundert-Entscheidung für Düsseldorf, die Promenade ist der größte städtebauliche Gewinn seit dem Bau der großen Grünanlagen. Die U-Bahn-Stammstrecke und das Rheinufer sind der Grund für die Düsseldorfer Faszination für Tunnel. Sie erklären auch, warum der Tausendfüßler durch architektonisch und wirtschaftlich nicht gerade zwingende Röhren ersetzt wurde. Und sie werden ganz sicher ganz bald Anlass für neue Ideen sein, die den 7. Mai 1988 noch ein bisschen bedeutender machen als er am 30. Jahrestag schon ist.