Interview Der „Bezirksmanager“ geht in den Ruhestand

Düsseldorf · Flingern/Düsseltal Gerhard Aschendorf hat am 4. März seinen letzten Arbeitstag bei der Stadt. Zur Verwaltung kam er als Seiteneinsteiger. Ein Gespräch über einen schwierigen Start und eine Leidenschaft.

 Gerhard Aschendorf, Bezirksverwaltungsstellenleiter für die Stadtteile Flingern und Düsseltal, hat am Mittwoch seinen letzten Arbeitstag.

Gerhard Aschendorf, Bezirksverwaltungsstellenleiter für die Stadtteile Flingern und Düsseltal, hat am Mittwoch seinen letzten Arbeitstag.

Foto: Schaller,Bernd (bs)

Gerhard Aschendorf ist seit 20 Jahren für den Stadtbezirk 2 und damit für die Stadtteile Flingern und Düsseltal der Bezirksverwaltungsstellenleiter. Eine sperrige Bezeichnung für sein Amt, aber die sieht die Gemeindeordnung NRW nun mal so vor. Als Vertreter der Stadtverwaltung ist er in den Stadtteilen Ansprechpartner für Bürger, Vereine oder Initiativen und zugleich „Dienstleister“ für die Politiker der Bezirksvertretung 2, wie Aschendorf es selber bezeichnet. Am kommenden Mittwoch geht der 63-jährige zweifache Vater und Großvater vorzeitig in den Ruhestand. Sehr zum Bedauern der Politiker aller Fraktionen in der Bezirksvertretung und besonders von Bezirksbürgermeister Uwe Wagner. Er beschreibt Aschendorf als „100-Prozent-verlässlich, sehr kompetent und loyal.“ Unsere Redaktion sprach mit dem gebürtigen Düsseldorfer Aschendorf, der es eigentlich nicht so gerne mag, im Mittelpunkt zu stehen.

Herr Aschendorf, Sie sind 63 Jahre alt, und haben sich nun relativ spontan dazu entschlossen, in den Ruhestand zu gehen. Warum?

Gerhard Aschendorf: Ich wollte eigentlich noch bis zum Abschluss der Wahlperiode in diesem Herbst arbeiten. Aber ich leide schon lange an einem Tinnitus. Ich kann noch allem folgen, aber ich möchte nicht, dass es schlimmer wird. Deshalb habe ich diesen Zeitpunkt gewählt.

Haben Sie schon Pläne für die Zukunft?

Aschendorf: Ja, es gibt da einen Wunsch und Prozess, für den ich mir jetzt ohne Druck Zeit nehmen möchte.

Was planen Sie konkret?

Aschendorf: Ich möchte meinen Wohnsitz dauerhaft an die Ostsee verlegen. Ich mag die Natur, die Ruhe, den Wind, kann dort Rad fahren und joggen. Ich habe dort noch familiäre Verbindungen, meine Mutter stammte aus Kiel. Aber es ist gar nicht so einfach, eine Immobilie zu finden, auch dort sind die Preise angezogen.

Zurück zu Ihren beruflichen Anfängen. Seit wann arbeiten Sie bei der Stadtverwaltung?

Aschendorf: Ich bin erst seit 1990 bei der Stadt beschäftigt, ich bin ein Seiteneinsteiger.

Was haben Sie zuvor gemacht?

Aschendorf: Ich hatte mich nach dem Abitur in den 70er Jahren für das Handwerk entschieden. Ich habe Zahntechniker gelernt und mich schnell als Meister in Düsseldorf selbstständig gemacht.

Und wie kam es zum Wechsel zur Stadtverwaltung?

Aschendorf: Es gab mehrere Gründe. Vor allem die Kostendämpfungsgesetze in den 1980-ger Jahren im Gesundheitswesen hatten großen Anteil an sich verschlechternden Rahmenbedingungen, und außerdem wollte ich mehr Zeit mit meinen damals noch kleinen Kindern verbringen.

Wo haben Sie dann bei der Stadtverwaltung angefangen?

Aschendorf: Ich habe dort zunächst im mittleren Dienst beim Straßenverkehrsamt gearbeitet. 1995 konnte ich nach entsprechender Ausbildung in den gehobenen bzw. höheren Dienst wechseln.

Was waren Ihre Aufgaben?

Aschendorf: Das waren die Verkehrsregelung und -lenkung. Das betraf beispielsweise die Einrichtung von Einbahnstraßen, die Einführung von Anwohnerparkplätzen, natürlich auch die Auseinandersetzung mit Betroffenen, wenn Parkraum wegfallen musste. Dann wurde ich gebeten, die Schriftführung im Verkehrsausschuss zu übernehmen und bekam so Kontakt zur Politik. Das hat mich sehr interessiert und dann folgte der Wechsel in die Bezirksverwaltungsstelle 2.

Doch die Anfangszeit dort war nicht leicht?

Aschendorf: Nein, bei meinem Start war die Atmosphäre vergiftet. Das betraf das Verhältnis zwischen Verwaltungsstelle und Politik sowie zwischen den Akteuren im Gremium. Das merkte man auch bei den öffentlichen Sitzungen der Bezirksvertretungen. Die WZ schrieb damals: ,Die Chemie stimmt schon wieder nicht im Bezirk 2’.

Was konnten Sie da als Verwaltungsmann machen, damit der Politikbetrieb auf Bezirksebene konstruktiv weiterlief?

Aschendorf: Ich saß hier damals alleine für die Verwaltung und habe mir gesagt: Du musst schauen, wie Du das hinbekommmst und Dir schnell das Vertrauen aller Fraktionen erarbeiten.

Sie stellen Ihre Arbeit aber nie in den Vordergrund.

Aschendorf: Nein, ich gestalte ja nicht, das ist Aufgabe der gewählten Vertreter, der Politiker. Ich sah es als meine wichtigste Aufgabe an, Dienstleister für jedes Mitglied jeder Fraktion zu sein. Ich konnte ihnen helfen, Hinweise auch zu Verwaltungsvorgängen geben. Nach meiner nun letzten Bezirksvertretungssitzung Ende Februar haben wir noch zusammengestanden und ich hatte sehr positive Rückmeldungen, dass mir das wohl in den vergangenen Jahren gelungen ist.

Kamen auch viele Bürger mit Ihren Anliegen zu Ihnen?

Aschendorf: Ja, mit vielen Themen. Da ging es um verdreckte Containerstandorte, den Entzug von Parkraum, die Straßenreinigung, quietschende Bahnen der Linie U 71 und einiges mehr. Vieles konnte dann auf dem kleinen Dienstweg mit den Fachämtern oder mit Hilfe der Politik geregelt werden. Es ist ja das Interessante an meiner Arbeit, vieles eigenständig und geräuschlos über die Bühne zu bringen.

Gibt es überhaupt einen Bereich, den Sie nicht gerne begleitet haben?

Aschendorf: Ja, eine Sache sehe ich kritisch und das werden die Bezirkspolitiker nicht gerne hören. Es geht um ihr Mitspracherecht bei Baugenehmigungsverfahren. Denn da werden oft Dinge diskutiert, die mit der Genehmigung für den Bauherrn gar nichts zu tun haben.

Aber die Vorlagen der Verwaltung sind oft nicht so aufschlussreich für die Politik, mehr Informationen wären nötig. Zudem sind durch die Diskussionen von der Politik beispielsweise auch schon Baumfällungen verhindert und Kompromisse bei der Bebauung ausgehandelt worden.

Aschendorf: Das stimmt zwar. Weil natürlich auch fast jeder Bauherr heute versucht, sein Grundstück so weit wie möglich zu bebauen. Aber eine Baugenehmigung ist ein behördliches Verfahren, es ist gesetzlich geregelt. Verhandeln ist hier sicher nicht angezeigt. Und wenn ein Rechtsanspruch besteht, muss die Politik erkennen, dass der Bauherr auch letztlich gegen ihre Ablehnung klagen könnte.

Wie sehen Sie generell die Entwicklung von Flingern in den vergangenen 20 Jahren?

Aschendorf: Da gibt es viel Positives, beispielsweise die Eröffnung des Stadtwerkeparks sowie die Umgestaltung der Birkenstraße, wie vieles andere möglich geworden durch das Landesprogramm ,Soziale Stadt NRW’. Ich sehe auch die Dynamik der Veränderungen mit den negativen Auswirkungen der Gentrifizierung. Aber in Flingern gibt es immer noch eine vernünftige Mischung der Bevölkerungsstruktur. Für das Miteinander im Stadtteil steht auch beispielsweise die Arbeit der Bürgerinitiative Flingern, von Flingern mobil oder der Diakonie. Alle ziehen an einem Strang. Und der Stadtteil kann auch die rund 3000 neuen Bewohner des Quartiers „Grafental“ mühelos integrieren.

Und wie sieht es in Düsseltal aus?

Aschendorf: Ich erinnere mich noch gut an die Debatte um den Abriss des ehemaligen Aquazoo-Bunkers und die Bebauung der Hochhäuser am Mörsenboicher Ei. Da hat sich enorm viel entwickelt. Vor allem aber die Neugestaltung des Zooparks ist ein tolles Projekt. Die gelang mit Bürgerbeteiligung und der Mitfinanzierung aus dem Bezirksetat. Da lebt Bezirkspolitik.

 Die Umgestaltung des Zooparks ist für Gerhard Aschendorf ein Vorzeigeprojekt für die Bezirkspolitik.

Die Umgestaltung des Zooparks ist für Gerhard Aschendorf ein Vorzeigeprojekt für die Bezirkspolitik.

Foto: Christian Oscar Gaszi Laki

Herr Aschendorf, Sie hatten erwähnt, dass Sie im Ruhestand viel mit dem Rad fahren wollen. Das tun Sie aber schon heute, oder?

Aschendorf: Ja, ich fahre nicht nur in der Freizeit Rennrad. Ich fahre seit 20 Jahren aus Hubbelrath mit dem Rad zur Arbeit, das sind hin und zurück 20 Kilometer und das tut gut. Im Sommer hänge ich dann auf dem Heimweg auch gerne mal ein ein paar Kilometer dran. Ich kann es nur jedem empfehlen, den inneren Schweinehund zu überwinden. Auch wenn man älter wird — es geht!

Sie sagen, das das Thema Verkehrswende Sie sehr beschäftigt.

Aschendorf: Ja, das stimmt. Es werden noch viel zu viele Kurzstrecken mit dem Auto gefahren. Ich besitze zwar noch einen Wagen, aber eigentlich ist das Autofahren kein Thema mehr für mich. Und in Düsseldorf ist das Radfahren zwar an verschiedenen Stellen noch problematisch. Aber man merkt: Es tut sich etwas. Ich könnte mir auch vorstellen, zum Thema Verkehr, Umwelt- und Klimaschutz später noch mal ehrenamtlich zu arbeiten, da gibt es viele Betätigungsfelder.

Was war für Sie ein besonders schönes Ereignis in „Ihrem“ Bezirk oder in Düsseldorf generell?

Aschendorf: Es ist in der Tat ein gesamtstädtisches, das auch den Bezirk tangierte. Für mich als Radrennfahrer war es ein Ereignis, die Tour de France in Düsseldorf zu sehen. Es gab ja auch Kritik, aber für mich war das hochbeeindruckend und bestimmt eine Werbung für Düsseldorf, weitere große Veranstaltungen auszurichten. Ich bin damals selbst die Strecken der Tour abgefahren, habe in Gerresheim das Rennen verfolgt. Schade war nur, dass alles so schnell vorbei war.