Düsseldorf Diakonie-Beratung: „Wir arbeiten auch mit dem Täter“
Seit 30 Jahren gibt es die Fachberatung für Familien mit Gewalterfahrung. Hilfe erhalten die Geschlagenen — aber auch die Schläger.
Düsseldorf. Als die Beratungsstelle der Diakonie vor drei Jahrzehnten ins Leben gerufen wurde, hieß sie „Familien in Not“ und sollte vor allem Kindern helfen, denen in ihrer Familie Gewalt angetan worden war. Heute gibt es in der „Fachberatungsstelle für Familien mit Gewalterfahrung“ Spezialisten und Angebote, die individuell jeden einzelnen Menschen in der Familie auffangen. Das geschlagene Kind, die verwirrten Geschwister, die hilflose Mutter — aber auch den prügelnden Vater.
„Es macht unsere Beratung aus, dass wir nicht nur mit den Opfern, sondern auch mit den Tätern arbeiten“, sagt Einrichtungsleiterin Anne-Marie Eitel. Jedes Familienmitglied habe seinen eigenen Berater an der Seite, bekomme je nach Bedarf Gruppen- oder Einzeltherapie. Mal bei wenigen Terminen, mal fünf Jahre lang. Die einzelnen Therapeuten tauschten sich dabei eng aus. „Das ist ein dauerndes Spannungsfeld im Team“, erklärt Eitel. Aber: „Für die Opfer ist es ein Riesengewinn, dass wir so viel Wissen über die Täter haben. Das ist aktiver Opferschutz.“
An dem Phänomen häuslicher Gewalt hat sich in den 30 Jahren wenig geändert. Es kommt in allen sozialen Schichten und Kulturen vor. „Scham- und Schuldgefühl ist bei den Opfern heute da, wie es immer da war“, erklärt Eitel. Allerdings machten sie ihre Gewalterfahrung jetzt eher öffentlich — und ihnen werde auch eher geglaubt. Lehrer, Erzieher, auch Nachbarn seien sensibilisiert. Auch weil man mehr über das Tabuthema wisse — etwa darüber, dass Kinder auch dann traumatisiert sind, wenn sie „nur“ Zeuge von Gewalt etwa zwischen den Eltern werden.
Thema des Tages
Gewalt in Familien
Aber auch die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen sei enger geworden. Erst seit wenigen Jahren etwa werde das Jugendamt immer nach einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt informiert, binde dann die Fachstellen ein. Eitel: „Das ist wirklich noch ganz frisch.“