Flugzeugabsturz in Frankreich Die "Alpen"-Ermittler und der schwere Gang zu den Hinterbliebenen
Anfangs betreute die Polizei die Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes und schützte sie vor neugierigen Blicken und zudringlichen Journalisten. Nun müssen sie die Trauernden erneut aufsuchen - in einer heiklen Mission.
Düsseldorf (dpa). Es ist kein leichter Weg: Ermittlerteams der Polizei suchen in diesen Tagen erneut die Hinterbliebenen der Germanwings-Katastrophe auf. Sie sammeln DNA-Vergleichsproben der Opfer von Flug 4U 9525. Psychologisch heikle Situationen, für die die Beamten von Seelsorgern begleitet werden.
Hinter den dicken dunkelroten Backsteinmauern des Düsseldorfer Polizeipräsidiums laufen seit dem Absturz des Airbus A320 viele Fäden zusammen. Unmittelbar nach dem Unglück hatte die Polizei Großalarm ausgelöst und die Besondere Aufbauorganisation (BAO) „Alpen“ ins Leben gerufen.
Mehr als 200 Beamte hatten alle Hände voll zu tun, die Angehörigen zu betreuen und abzuschirmen. So wurde das Haus des Piloten, der aus dem Cockpit ausgesperrt war, von der Polizei weiträumig abgesperrt. Seine Familie soll sich darin aufgehalten haben, als sich nach der Auswertung des Stimmenrekorders plötzlich der Fokus der Weltöffentlichkeit auf das Piloten-Duo richtete.
Die Polizisten sprachen mit den Angehörigen auch über eine digitale Abschirmung: Dass es ratsam sein könne, Facebook-Profile zu deaktivieren, Mitarbeiternamen von den Web-Seiten ihrer Arbeitgeber verschwinden zu lassen oder Webseiten ganz aus dem Netz zu nehmen, um in Ruhe trauern zu können.
Aus der BAO ist inzwischen eine Sonderkommission „Alpen“ mit 100 Beamten geworden. Etwa die Hälfte von ihnen gehört der Mordkommission an, die die Hintergründe des Absturzes aufklären soll. Die Zentrale ist in einem gesonderten Lagezentrum. Journalisten haben keinen Zutritt.
Geleitet wird die BAO „Alpen“ von Polizeidirektor Roland Wolff (55), der als erfahren und versiert gilt im Umgang mit solchen „Großlagen“. Unlängst hatte er noch in der Düsseldorfer Altstadt Großeinsätze koordiniert, um der Eskalation der Rockergewalt Einhalt zu gebieten.
Die speziellen Ermittlerteams, die nun von Wolff entsandt werden, haben den Auftrag, DNA-Material der Opfer sicherzustellen. Das daraus gewonnene DNA-Profil wird dann den Ermittlern in Frankreich für einen Abgleich zur Verfügung gestellt.
„Wir suchen Haut- und Haarpartikel“, erklärte ein Ermittler. „Von denen kann das Bundeskriminalamt dann den genetischen Code bestimmen und diese Daten den französischen Kollegen zum Abgleich schicken.“
Wird bei den menschlichen Überresten, die nach und nach aus dem unwegsamen Absturzgelände geborgen werden, das gleiche DNA-Profil festgestellt, gilt das Absturzopfer als identifiziert. Dann haben die Angehörigen letzte Gewissheit, so es überhaupt noch Zweifel geben konnte.
Derweil kümmert sich die 50-köpfige Mordkommission um den deutschen Teil des Ermittlungsverfahrens: Ziel ist es, die Motive und die Lebenssituation des Copiloten rasch zu ermitteln, seine Krankenakten sicherzustellen und auszuwerten. Zeugen aus seinem persönlichen Umfeld müssen ebenso befragt werden wie Arbeitgeber und Behörden. Inzwischen sind auch französische Polizisten in der Landeshauptstadt, um die Sonderkommission „Alpen“ zu unterstützen.