Die Kammer macht Betriebe 4.0-fähig
Herr Dr. Becker, wie ist der aktuelle Stand bei der Digitalisierung im Handwerk?
Volker Becker: Manche Betriebe sind sehr weit „durchdigitalisiert“, manche beschränken sich auf eine eigene Webseite, wieder andere sind beim Thema noch zurückhaltend. Eher schwach digitalisiert sind nach unserer Beobachtung Betriebe mit nur wenigen Mitarbeitern.
Was sind die größten Herausforderungen?
Becker: Die Fremdheit mit der Materie, das Misstrauen gegenüber Anbietern von Vernetzungslösungen und möglichen Angreifern im Internet sowie die Notwendigkeit, Mitarbeiter einzubinden. Es kommt darauf an, die richtige Strategie zu finden, um Abläufe und Angebote zu digitalisieren und die Auswahl der richtigen Branchensoftware zu treffen. Viele Unternehmen haben Vorbehalte, ob Cloudlösungen wirklich sicher sind. Die Unkenntnis über gesetzliche Vorgaben zur digitalen Buchführung, zum Datenschutz und zur Impressumspflicht ist groß. Am Markt draußen wächst gleichzeitig die Bedrohung durch neue Geschäftsmodelle, etwa durch den Versuch großer Internetkonzerne, haustechnische Anlagen per Datenfernleitung zu überwachen und Wartungsleistungen zu vermakeln. Oder wenn Plattform-Betreiber den Wertschöpfungsanteil des Handels abgreifen, indem sie Backwaren online vertreiben und den Konditor dadurch quasi zum Subunternehmer machen.
Wie unterstützt die Handwerkskammer die Betriebe bei der Digitalisierung?
Becker: Die Kammer unterstützt Mitgliedsbetriebe durch ein kostenloses Erstberatungsangebot. Handwerksbetriebe, die Unterstützung zu konkreten Problemen, Ideen und Vorhaben suchen, treffen auf ein Team technischer und betriebswirtschaftlicher Berater.
Mit welchen Kosten der Digitalisierung müssen die Betriebe rechnen?
Becker: Teilweise mit erheblichen, wenn in eine Erstausrüstung mit digitalen Hilfsmitteln investiert werden muss. Die Höhe der Kosten hängt von der Größe des Betriebs und von Zielrichtung und Umfang des Digitalisierungsvorhabens ab. Alleine der Bedarf an Hardware wie Rechner und Server, Drucker, Smartphone und Tablet sowie für digitale Messgeräte ist zu kalkulieren. Dazu kommt die Anschaffung von Softwarelösungen etwa für die Digitalisierung eines Fuhrparks und für die Maschinenvernetzung. Drittens müssen externe Dienstleister bezahlt werden, die Softwarelösungen erstellen und die Daten pflegen. Weitere Kostenfaktoren betreffen die Mitarbeiterschulung, die Nutzung von Datenleitungen und den Abschluss spezieller Versicherungen. Den Aufwendungen stehen andererseits beträchtliche Einsparungen gegenüber, etwa durch einen effizienteren Materialeinsatz, vereinfachte Planung und bessere Teamkommunikation.
In welchen Bereichen ist die Digitalisierung besonders dringlich?
Becker: Das Gros der Betriebe profitiert von einer weiteren Digitalisierung ihres Bürowesens; die Vorzüge lauten: Schnelligkeit, Fehlerfreiheit, Zugänglichkeit der Informationen (auch mobil), ein bruchloser und unmittelbarer Informations- und Datenaustausch mit Kunden, Lieferanten und Behörden. Gerade das Zusammenwirken mit dem Auftraggeber erfährt eine neue Qualität, wenn zum Beispiel - aus vorkonfigurierten Bausteinen gemeinsam das passende Design gefunden wird. Besonderes Effektivierungspotenzial besteht bei der Lagerhaltung, im Werkzeugbestand, im Fuhrpark und bei der Einsatzplanung. Auch digitale Fertigungstechnik — beispielsweise 3D-Druck — kommt für immer mehr Branchen und Betriebe in Frage.
Welche Risiken birgt die Digitalisierung?
Becker: Schon schlichte Fehlbedienung kann erhebliche Schäden auslösen. Ein Haupt-Risiko geht von den zunehmenden Cyber-Angriffen von außen aus. Die Nutzung von privaten Endgeräten mit Schnittstellen zum betrieblichen Netzwerk durch Inhaber und Mitarbeiter birgt ebenfalls massive Gefahren für die Datensicherheit. Hier helfen nicht zuletzt regelmäßige Software-Updates, aktuell gehaltene Virenscanner, Backups, Notfallpläne, sichere Passwörter und ganz generell die Sensibilisierung und ständige Weiterbildung der Mitarbeiter.
Welche Vorteile bietet die Digitalisierung dem Kunden?
Becker: Bessere Kundenbetreuung, schnellere Angebote und günstigere Preise: Angebote und Rechnungen können zum Beispiel auf elektronischem Weg ausgetauscht, Handwerksleistungen besser dargestellt werden.
Welche Rolle spielt das Internet bei Marketing und Werbung?
Becker: Onlinemarketing gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ohne Internetauftritt und Social Media-Nutzung sind Handwerksbetriebe nicht mehr ausreichend auffindbar. Und die Kunden möchten heute genau wissen, wen sie beauftragen. Alle, auch kleine Betriebe haben sich deshalb heute um ihre Online-Präsenz zu kümmern! Und zwar so, dass ihr Angebot passend für Handy, Tablet und Computer dargestellt wird. Sonst sind sie über kurz oder lang weg vom Fenster.
Kontakt zur BIT-Beratung:
Digitalisierung@hwk- duesseldorf.de