Die Seifenblase als Königin der Malkunst
Eine Begegnung mit Jiri Georg Dokoupil, dem einstigen Mitbegründer der „wilden Malerei“.
Jiri Georg Dokoupil kommt in die Galerie Geuer & Geuer an der Heinrich-Heine-Allee hineingerauscht, wenige Minuten nach der Landung seines Flugzeugs aus Madrid. Sofort erklärt der 64-Jährige, er sei immer unterwegs. „Ich habe ein Atelier auf den Kanarischen Inseln in Las Palmas, ich wohne auch in Rio. Es ist ein Hin und Her seit 40 Jahren. Deutschland ist immer noch mein Zuhause, aber ich bin ja nie da.“ Sagt’s und signiert seine ersten Pigmentdrucke, taufrische und farbenfrohe Seifenblasenbilder. Der einst „wilde Maler“ ist kahlköpfig geworden. Er blickt zurück auf ein Kinderspiel.
Jiri Georg Dokoupil, Künstler
1968 war seine Familie mit dem Einmarsch der Russen nach dem Prager Frühling in den Westen geflohen. Seine Adresse in Köln im Hinterhof-Atelier an der Straße „Mülheimer Freiheit“ wurde legendär. Der Standort gab den Stil an. Dort teilten sich schließlich die führenden Maler der Zeit wie Hans Peter Adamski, Peter Bömmels und Walter Dahn die Räume und mischten die Kunst tüchtig auf. Dokoupil war nach Meinung seines damaligen Galeristen Paul Maenz der „frühe Herold“, der „zentrale Protagonist“ der Gruppe. Die Einheit währte allerdings nur kurz.
Als frisch gebackener Vater tauchte Dokoupil Babywäsche in Muttermilch, presste sie auf die Leinwand und erhitzte sie, so dass sie Konturen in zarter goldener Farbe hinterließen. Er versuchte nun alles. Es entstanden Reifenbilder, indem er Autoreifen in Acrylfarbe tunkte und über die Leinwände rollen ließ, wo sie Spuren hinterließen. Er malte mit der Peitsche und mit Schaum, ließ Seifenblasen auf dem Papier zerplatzen oder fuchtelte mit dem Ruß einer brennenden Kerze über der Leinwand.
Obwohl er erst 1982 seine erste Einzelausstellung hatte, lud man ihn sogleich zur Documenta nach Kassel, wo er Bibeln collagierte und mit dem Titel tönte: „Gott zeig mir deine Eier“. In Düsseldorf war man über diesen Pfundskerl beglückt und gab ihm eine Gastprofessur an der Kunstakademie. Die teilte er sich mit dem Freund Walter Dahn und erklärt: „Es war die Zeit, wo wir auch sehr viel zusammen gemalt haben.“ Selbstverständlich war er 1984 auch bei der berühmten Schau „Von hier aus - Zwei Monate neue deutsche Kunst“ in Düsseldorf dabei.
Nun aber greift der Held von einst auf Seifenblasen zurück. Er betont: „Seifenblasen sind eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Sie sind bei mir mit Bindemittel und Farben angereichert.“ Die ersten Exemplare entstanden 1993, die jetzigen sind von gigantischem Ausmaß und betörenden Farben.
Damit man nicht denkt, das sei ein Kinderspiel, fügt er hinzu: „Es hat lange gedauert, bis ich das richtige Mischverhältnis von Lauge, Bindemittel und Farbpigmenten hatte. Hier sind auch echte künstliche Diamanten darunter. Das ist ein neuartiger Staub, der die Qualität von künstlichen Diamanten hat. Wenn man sie richtig beleuchtet, scheinen sie.“
Und was ist mit dem Atem? Bläst der Künstler selbst? Ist der Ausgangspunkt ein Kinderspiel? Hier stellt Dokoupil klar: „Ich blase ja nicht. Ich könnte nur kleine Blasen blasen, nicht so große. Ich nutze die Luft meiner Umgebung. Ich mache die Blasen selbst, aber nicht mit dem Mund, sondern mit einem großen Ring. Den bewege ich mit meiner Hand.“
Er erinnert sich an seine frühen Katastrophen: „Ich stand auf der Leiter, und mein Assistent ging mit der Leinwand mit. Aber ich konnte damals noch nicht die Seifenblase auf den Punkt bringen. Die Blasen sollen ja nicht so schnell platzen. Ich muss sie kontrollieren, sonst ist es ein großes Chaos.“
Er habe jahrelange „Optimierungsarbeit“ geleistet, damit die Blasen mit Seife und Farbe schöner, strahlender und unwirklicher als je zuvor sind. Wichtig aber sei nach wie vor die Stimmung: „Ich muss in der richtigen Stimmung sein. Wenn ich ein bisschen aufgeregt bin, dann gehorcht die Seifenblase nicht.“ Die Seifenblasen existieren fünf, sechs Sekunden. In seinen Bildern hoffen sie auf Ewigkeit.
Inzwischen macht Dokoupil wie vor 25 Jahren auch wieder Kerzenbilder und Schaumbilder. Und er fängt sogar wieder an, Obstbilder zu machen. Aber die Seifenblase sei „die Königin.“
„Bubbles on Paper“ (Seifenblasen auf Papier) heißt die Ausstellung in der Galerie Geuer & Geuer, Heinrich-Heine-Allee 19. Sie läuft bis 21. April. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr, Samstag: 11 bis 15 Uhr.