Düsseldorf Dieselfahrer können gegen Fahrverbote in Düsseldorf klagen
Düsseldorf. Sollte es in Düsseldorf zu Fahrverboten für Dieselfahrzeuge kommen, sind sie für die Halter juristisch anfechtbar. Zu dieser Einschätzung kommt der Rechtswissenschaftler Wolfgang Durner in einem Beitrag für die „Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht“, da die Entfernungen der Luftmessstellen zur jeweiligen Straße europaweit zu unterschiedlich sind und die Messergebnisse deshalb nicht vergleichbar.
Hintergrund: Die Luftqualitätsrichtlinie der Europäischen Union (EU) lässt den Verwaltungen vor Ort trotz eines ausführlichen Richtlinienkatalogs bei der Standortwahl recht große Spielräume. So dürfen sie Messstellen in einer Höhe von anderthalb bis vier Metern und bis zu zehn Meter von einer Straße entfernt aufbauen. Zudem dürfen die Fachleute die Werte nicht zu nah (25 Meter Mindestabstand) an einer viel befahrenen Kreuzung erheben. Durner: „Selbst eine buchstabengetreue Handhabung dieser Kriterien kann verzerrte Ergebnisse liefern . . . vielleicht sogar den Ausschlag für oder gegen ein Fahrverbot geben.“
In der Praxis führen die weiträumigen EU-Vorgaben jedenfalls zu ganz unterschiedlichen Auslegungen. In Griechenlands Hauptstadt Athen etwa steht eine Messstation viele Meter von der Hauptstraße entfernt, aber auch in Ingolstadt ist das der Fall. In Düsseldorf hingegen stehen die Messstellen für besonders hohes Verkehrsaufkommen an der Dorotheen- und der Corneliusstraße in Parkbuchten unmittelbar an den Fahrbahnen.
Zur Bestimmung des Standorts an der Corneliusstraße erklärt Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia vom zuständigen Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) unserer Redaktion: „Zunächst einmal ist mit Hilfe der Verkehrsstatistik und einer Analyse der Bebauung eine besonders belastete Straße ermittelt worden. Dort ist wiederum eine für diese Straßenschlucht besonders repräsentative Stelle bestimmt worden, die für die Belastung der gesamten Straße beispielhaft ist.“ Es könne nicht darum gehen, sich eine Baulücke zu suchen, um eine Varianz zu erreichen. „Wir wollen die Anwohner schützen, die ein Anrecht auf saubere Luft haben.“ Aber müsste dann nicht da gemessen werden, wo die Menschen wohnen, also an der Hauswand? „Nein, das ist laut EU-Vorgaben nicht möglich, da es sich dabei um eine Strömungsbarriere handeln würde, die die Ergebnisse verfälschen könnte.“ Und: „Selbst wenn wir einige Meter von der Straße entfernt messen würden, die Grenzwerte würden trotzdem nicht eingehalten.“ Ob das wirklich stimmt, ist offen und zumindest zweifelhaft. Denn das Karlsruher Institut für Technologie kam bei jüngsten Untersuchungen zum Ergebnis, dass die Stickoxid-Konzentration mit jedem Meter erheblich abnimmt.
Dennoch sieht auch der Rechtswissenschaftler Durner, dass zunächst einmal die zuständigen Verwaltungen vor Ort die gegebenen Spielräume zur Luftmessung nach fachlichen Kriterien auslegen müssen. Er fährt jedoch fort: „Dennoch erscheint es unzulässig, solche Spielräume ergebnisorientiert auszunutzen. Die Luftqualitätsrichtlinie lässt keine strengeren Messungen zu, sondern fordert ausdrücklich, dass alle Ergebnisse unionsweit vergleichbar sein müssen.“ Das wäre aber nur der Fall, wenn die Spielräume zum Ausgleich örtlicher Besonderheiten genutzt und so vergleichbare Mittelwerte erhoben würden. „Wo eine Probenahmestelle wegen der besonderen Enge einer Straße direkt an der der Fahrbahn liegt, sollte sie zum Ausgleich höher aufgestellt werden — und umgekehrt.“
Hierzu sagt die Stadt allerdings, dass sie das an der Dorotheenstraße genau so handhabe. Sprecher Volker Paulat: „Zwar ist der Messcontainer vergleichsweise nah am Fahrbahnrand positioniert, jedoch ist die Messhöhe mit 3,5 Metern auch vergleichsweise hoch gewählt.“
Ob ein aufgrund der auch dort erhobenen Messwerte verhängtes Fahrverbot einer juristischen Überprüfung standhielte, müssten am Ende also Gerichte entscheiden. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hat derweil eine Untersuchung der Standorte angekündigt. Das Lanuv wird dazu externe Gutachter beauftragen.