Benrath Gerhard Pischzek ist seit fast 30 Jahren im Dienst der Post
Düsseldorf · Der Postbote stellt seit 1997 in Benrath die Briefe zu. Als Postbote sieht er Kinder aufwachsen und Menschen sterben. Von Hunden hält er sich lieber fern.
Montags macht Gerhard Pischzek nur um die 7200 Schritte auf seiner Tour durch Benrath. Das ist wenig. Am Wochenanfang gibt es meist kaum Briefe und keine Werbebeilagen, die der Briefzusteller verteilen muss. Dann hat Gerhard Pischzeck gegen Mittag anstatt erst um 14 Uhr frei. Normalerweise legt er eine doppelt so lange Strecke zurück. Das sind durchschnittlich zwölf Kilometer oder 12 000 bis 14 000 Schritte pro Tag. Sport braucht der 63-Jährige nach seiner Schicht nicht mehr machen. „Bewegung habe ich bei meiner Arbeit genug“, sagt er.
Sechs Tage pro Woche beginnt seine Schicht im Zustellstützpunkt an der Kappeler Straße. Um sieben Uhr morgens bekommt er Kisten, in denen die Briefe bereits maschinell nach Straßen vorsortiert sind. Nur Päckchen bis zu zwei Kilo und Briefumschläge, die nicht in die Maschine passen, muss er per Hand einsortieren. Dazu verteilt er die vorsortierten Briefe zunächst in die sogenannte Leiste, in der die Gangfolge abgebildet ist, um die zusätzlichen Umschläge und Päckchen einzusortieren. „Ich sortiere die Post in der Reihenfolge der Hausnummern, um nicht zurückgehen zu müssen“, sagt der Briefzusteller. Das Sortieren ist also gut investierte Zeit.
Etwa eineinhalb Stunden bereitet er seine Tour vor. Die erste Ladung Post nimmt er auf seinem E-Bike mit. Das wiegt vollbeladen mit zwei Akkus bis zu 120 Kilogramm. Drei weitere Fuhren werden von einem Fahrer an sogenannte Ablagestellen in seinem Bezirk gebracht. Diese Lager mit dem Nachschub stehen am Straßenrand und sehen so aus wie Stromkästen. Das Verteilen der Post für 980 Haushalte ist auf 38,5 Stunden pro Woche ausgelegt, wenn Gerhard Pischzek früher fertig ist, darf er aber nach Hause gehen. Er findet gut, dass „ich mein Tempo selbst bestimme“, sagt der Briefzusteller.
Im Dezember wird Gerhard Pischzek voraussichtlich zum letzten Mal die Briefe in seinem Bezirk verteilen. Nach 45 Arbeitsjahren wird er in Rente gehen. Ursprünglich war er technischer Referent bei der polnischen Staatseisenbahn in Schlesien/ Polen. Nach seiner Ausreise nach Deutschland als Spätaussiedler arbeitete er ab Oktober 1990 bei der Post. Zunächst bei der Luftpost am Düsseldorfer Flughafen. Nachdem die Luftpostleitstelle eingestellt wurde, arbeitete er ab 1997 in der Zustellung in Benrath.
Dem Wetter muss Pischzek trotzen – egal wie heiß oder nass
Sein Job als Briefzusteller macht ihm auch nach 22 Jahren noch Spaß, besonders wenn das Wetter gut ist. „Gut heißt etwa 20 Grad und bewölkt“, sagt Pischzek. Auch bei extremen Temperaturen um die 40 Grad im Schatten wie im vergangenen Sommer muss die Post verteilt werden. „Dann hilft nur, viel zu trinken. Manchmal haben mir die Kunden auch Wasser angeboten“, sagt Gerhard Pischzek. Zuviel Wasser in Form von Regen macht ihm bei der Arbeit auch zu schaffen. „Wir haben zwar alle Regenbekleidung dabei, aber Dauerregen ist trotzdem schlecht“, sagt er.
Vorsichtig ist Gerhard Pischzek auch bei Hunden. An dem Mythos, dass es die Vierbeiner auf Postboten abgesehen haben, ist mindestens ein Körnchen Wahrheit dran. „Es heißt, der tut nichts, aber vor manchen Hunden habe ich Angst“, sagt Pischzek.
„Der schlimmste Fall ist aber, wenn sich morgens ein Kollege krank meldet“, sagt er. Dann wird der Bezirk auf die anderen Briefzusteller aufgeteilt. Und das bedeutet Mehrarbeit: Weitere Briefe müssen nach Straßen sortiert werden und die Briefe zusätzlich zu der eigenen Route ausgeteilt werden.
Er brachte täglich einen Brief von einem Mann aus dem Gefängnis
Mit den Jahren kennt Gerhard Pischzek auch die Kunden in seinem Bezirk. „Einer Frau, deren Mann im Gefängnis saß, habe ich täglich einen Brief von ihm gebracht. Er war mit Herzen bemalt und duftete nach Rosen“, sagt er.
Insgesamt sei die Zahl der handgeschriebenen Briefe aber deutlich zurück gegangen. Wie auch die Zahl der Briefe insgesamt. 57 Millionen Briefe werden pro Jahr in Deutschland verschickt, pro Jahr sind es ein bis zwei Prozent weniger. „Ich freue mich immer, wenn ich einen handgeschriebenen Brief bekomme“, sagt Gerhard Pischzek – gerade weil das so selten vorkomme.
Ob er sich auf seinen Ruhestand freut, weiß er noch nicht. „Nach so langer Zeit wird es sicher schwierig, aufzuhören“, sagt Gerhard Pischzek. Er bekomme schon nach zwei Wochen Urlaub Sehnsucht nach der Zustellung. Aber er ist optimistisch: „Wenn es im Januar regnet und ich aus dem Fenster schaue, bin ich froh, dass ich nicht raus muss.“