Stadtplanung Düsseldorfs Kulturachse Blau-Grüner Ring: Wie realistisch sind die Sieger-Konzepte?

Düsseldorf · Freilegung der Düssel, grüne Alleen, Autos von der Brücke in neue Tunnel - Wie realistisch sind die Sieger-Konzepte für die Düsseldorfer Kulturachse Blau-Grüner Ring? Das Jury-Urteil sorgt für Debatten.

Der Siegerentwurf von Raumwerk und Seehof setzt als Symbol auf einen begehbaren goldenen Ring am Rheinufer.

Foto: Stadt Düsseldorf

Mehr Grün, mehr Wasser, weniger Autoverkehr: Diesen Dreiklang haben im Prinzip alle 16 Finalteams beim „Blau-Grünen Ring“ in Innen- und Altstadt beherzigt – mehr oder weniger. Nach einem Jahr wurden am Montag im Kunstpalast die Sieger gekürt. Platz 1 ging an den Entwurf des Frankfurter Teams Raumwerk mit der Seehof-Gesellschaft  für Kunst im urbanen Raum.

Ihr Konzept „Flow“ (ein Name, der jüngst bei der Namensgebung für das neue Hallenbad Oberkassel-Heerdt krachend scheiterte) stellt die Wasserverbindungen der verschiedenen Teilräume des Blaugrünen Rings und ihre räumliche und gestalterische Vernetzung in den Mittelpunkt. Uralte Arme der Düssel sollen (vor allem im  Hofgarten) freigelegt werden, sichtbare „Landmarke“ des Entwurfs ist ein begehbarer goldener Ring auf dem Rhein vor der Tonhalle. Er solle zum Treffpunkt für alltägliche Situationen (etwa am Fortuna-Büdchen ein Bier trinken), aber auch für Besonderes wie ein Klassik-Open-Air-Konzert werden, sagte ein Sprecher von Raumwerk nach der Preisverleihung. Schon an der Stelle setzten Fragen und Kritik ein. Sie reichen von wasserrechtlichen Genehmigungen (inklusive Sicherheitszaun zum Wasser) bis hin zum Protz-Vorwurf: „Typisch Düsseldorf“.

Die Oberkasseler Brücke ganz ohne Autos? Wohl kaum

Diese Simulation zeigt einen Park mit Wiese und Wasser zwischen Tonhalle und Kunstakademie.

Foto: Stadt Düsseldorf

Dabei soll das Projekt Blaugrüner Ring gerade das bundesweit immer noch grassierende Schickimicki-Klischee der Stadt zurückdrängen und die kulturellen Trümpfe hervorheben, indem die Kultureinrichtungen Düsseldorfs zu einer erleb- und wahrnehmbaren Stadtlandschaft verbunden werden.

OB Thomas Geisel lobte die Arbeit der Jury unter dem Vorsitzenden Uli Hellweg:  „Mit diesen Entwürfen hat sie, unter Berücksichtigung der Anmerkungen unserer Bürger, ganz hervorragende Pläne ausgewählt. Durch die Umsetzung wird der Innenstadtbereich stark gewinnen.“ Was allerdings wann von dem Siegerentwurf realisiert wird, bleibt abzuwarten. Und zwar lange Zeit. Denn er dient erst einmal nur als Grundlage, der weitere Elemente von anderen prämierten Konzepten beigemischt werden. Planungsdezernent Cornelia Zuschke sprach in dem Zusammenhang von „Geschenken“, die die Stadt nicht ungeöffnet weglegen werde. Sie macht indes auch klar, dass nun erst einmal ein halbes Jahr zum Sortieren der Entwürfe benötigt werde, aus denen dann in weiteren zwei Jahren ein Masterplan zu schmieden sei. Geisel sagte es noch unmissverständlicher: „Wir reden von einem Realisierungszeitraum von 20 bis 25 Jahren.“ Allerdings betrifft der nur das „große Ganze“, erste Schritte – wie die Umgestaltung der Mühlenstraße – werden zeitnah angegangen, versicherte Zuschke.

Einige Vorschläge dürften aber schlicht in der Tonne landen, weil sie sich zu schnell als Danaergeschenk entpuppen könnten, auch wenn sie zu den Prämierten gehören. Das Team auf Platz 2 (Manfred Kerler aus München) zum Beispiel will die Oberkasseler Brücke komplett zur Grünzone ohne Autos (aber mit Bahnen) machen. Und dafür neue Tunnel von Oberkassel bis zur Kaiserstraße anlegen, die den Hofgarten durchqueren. Von einem „Anachronismus“ sprach Planungsamtsleiterin Ruth Orzessek-Kruppa, Alexander Fils, der Planugsexperte der CDU, formulierte es drastischer: „Das wäre ein Wahnsinn, eine Katastrophe“. Er bemängelt bei diesem, aber auch beim Siegerteam „eine massive Realitätsferne“, was die Umsetzbarkeit der Entwürfe angeht.

Nun, das Team Raumwerk will den Verkehr auf dieser Brücke „nur“ auf zwei Spuren insgesamt halbieren, was bei OB Geisel durchaus ankommt. Ansonsten sieht das Konzept wie viele andere eine Verlängerung des Rheinufertunnels im Norden in Richtung Rheinpark, eine optische Neuausrichtung der Oper mit einem Foyer zum Hofgarten und zum Grabbeplatz hin vor sowie ein Badeschiff im Rhein oder die Platzierung des Foto-Instituts neben die Kunstakademie als Schlussstein des Kunstquartiers „Agora“.

Mit Rang drei zufrieden geben musste sich Niklaus Fritschi, der vor knapp 30 Jahren den Rheinufertunnel plante. Er setzt auf mehr Alleen mit weniger oder gar keinem Autoverkehr. Vor dem Burgplatz sieht er einen linsenförmiges Gebäude im Rhein und eine Ausstellungsfläche für das restaurierte Plattbodenschiff.
Bis 5. Januar 2020 sind alle Entwürfe mit dem Protokoll der Wettbewerbsjury im Kunstpalast, Ehrenhof 4-5, im 2. Obergeschoss zu sehen. Die Ausstellung ist täglich (außer montags) von 11 bis 18 Uhr (do bis 21 Uhr) kostenfrei zugänglich.