Gastbeitrag Düsseldorf braucht Fachkräfte

Stefan Süß, Inhaber des Lehrstuhls für BWL an der Heinrich-Heine-Universität beschreibt in seinem Gastbeitrag, vor welchen Herausforderungen Unternehmen beim Personalmanagement stehen.

Foto: HHU/Studio Schmidt-Dominé

Düsseldorf. Fachkräftemangel? Digitalisierung? Flexibles Arbeiten bis zum Burnout? Das sind einige der Herausforderungen oder Befürchtungen, die mir begegnen, wenn ich mit Vertretern von Unternehmen und Beschäftigten über Arbeit und Personalmanagement der Zukunft rede. Ausführlich wurden diese Aspekte erst vor wenigen Wochen mit zahlreichen Experten auf dem ersten Düsseldorfer HR-Forum der Heinrich-Heine-Universität diskutiert.

Dabei wurden zwei zentrale Botschaften herausgearbeitet: Erstens: Der Fachkräftemangel ist keine pessimistische Fiktion, sondern Realität. Nicht in jeder Branche und jeder Region, aber er ist zunehmend in vielen Bereichen erkennbar. Eine boomende Stadt wie Düsseldorf trifft er noch nicht so dramatisch wie weniger attraktive Regionen. Aber auch hier fehlen Handwerker oder Pflegekräfte.

Was kann man tun? Die Politik muss einerseits endlich Regelungen für eine geordnete Einwanderung von qualifizierten Fachkräften schaffen, die neben eine Einwanderung aus humanitären Gründen tritt. Andererseits brauchen wir Initiativen für verbesserte Arbeits- und Einkommensbedingungen in heute unattraktiven, aber wichtigen Berufen - der Streik an der Universitätsklinik setzt hier an. Dabei kann in der zunehmenden Akademisierung von Arbeit jedoch kein Allheilmittel liegen. Eine Aufwertung klassischer Ausbildungsberufe ist ebenso wichtig. Unternehmen werden sich mehr als früher um jeden einzelnen Beschäftigten bemühen müssen. Studien meiner Arbeitsgruppe zufolge spielen flexible Arbeitszeitmodelle, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und die Beachtung individueller Bedürfnisse eine Rolle dafür, ob Unternehmen attraktive Arbeitgeber sind.

Zweitens: Digitalisierung ist kein Schreckensszenario. Sie wird Arbeitsplätze kosten, sie wird aber auch neue Arbeitsplätze schaffen. Vor allem verändert Digitalisierung Arbeitsinhalte und ermöglicht Flexibilität. Sie kann Arbeiten erleichtern und klassische physische Belastungen reduzieren. Allerdings verursacht sie mit ständiger Erreichbarkeit, Kontrolle durch Systeme oder der Angst davor, technisch den Anschluss zu verlieren, auch neue Belastungen.

Wissenschaftler erforschen folglich ungewünschte Folgen der Digitalisierung, um diese zu vermeiden. Digitalisierung ist aber nicht aufzuhalten, sie wird jeden Beschäftigten und Unternehmen jeder Größe erreichen und die Arbeit der Zukunft prägen. Es ist besser, sie zu gestalten, als sich von ihr überrollen zu lassen. Die skizzierten Entwicklungen fordern das Personalmanagement der Zukunft.

Gute Personalmanager in Unternehmen werden künftig Rekrutierung, Qualifizierung, Karriereentwicklung und Einsatzbereiche für Beschäftigte individualisieren. Daneben tritt ihre zunehmende Verantwortung, individualisierte Konzepte zum Umgang mit den aus der Digitalisierung und Flexibilisierung resultierenden Belastungen zu entwickeln.

Das wird erforderlich sein, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und Beschäftigte leistungsfähig und gesund zu halten. Für mich steht fest: Personalmanagement von der Stange war gestern! Nur Personalmanagement, das individuelle Bedürfnisse situativ berücksichtigt, ist geeignet, die Herausforderungen der Arbeit der Zukunft zu meistern.

Professor Dr. Stefan Süß ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation und Personal an der Heinrich-Heine-Universität