Radelnde Reporterin Bilker wünschen Tempo 30 und Rad-Plätze

Düsseldorf · Radelnde Reporterin Auf der Brunnenstraße spürt man eine tolle Nachbarschaft. Sie setzt sich für eine bessere Lebensqualität ein.

Auf dem Weg durch die Brunnenstraße erlebte WZ-Redakteurin Annic Völkel (mitte) eine herzliche Nachbarschaft von Anliegern und Geschäftsleuten (v.l.): Nico Elze, Konstantina Madaraki, Christian Düchtel, Marcel Clemens, Christian Krüger und Uschi Steinstraßer. Sie setzen sich für Tempo 30, die Radverkehrsöffnung in beide Richtungen und mehr Fahrradständer ein.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Gut 400 Unterschriften von Anwohnern, die sich für die Einrichtung einer Tempo-30-Zone auf der Brunnenstraße aussprechen, gab’s kurz vor den Sommerferien für die Stadtteilpolitiker in Bilk. Das war der Auslöser dafür, dass mein Weg in dieser Woche als radelnde Reporterin eben dorthin führte. Vom Stadtteilzentrum Bilk und den Arcaden aus ging’s unter der Unterführung des Bilker S-Bahnhofes Richtung Brunnenstraße. Doch das ist mit dem Rad schon eine Herausforderung. Denn eine direkte Verbindung stadtauswärts in die Brunnenstraße gibt es gar nicht. Ich wechsel also die Straßenseite als Fußgängerin und lande an der Brunnenstraße 2 vor dem Café „Miss Monneypenny“. Hier führt eine Ampel auf die andere Straßenseite. Vor dem „Tigges“ steige ich wieder aufs Rad und radel Richtung Süden.

Radler dürfen nur in einer Richtung fahren, Bahnen in beide

Der Hinterhof der Spieloase an der Brunnenstraße grenzt direkt an das Grundstück der Karolinger Höfe.

Foto: Annic Völkel

Es fühlt sich jedoch nicht gut an, denn der Fahrstreifen zwischen parkenden Autos zur rechten und den Gleisen auf der linken Seite ist unglaublich schmal. Nur wenige Minuten später erfahre ich: Radfahrer dürfen die Brunnenstraße zwischen Bilk-S-Bahnhof (offiziell „Ludwig-Hammers-Platz“ _ aber den Namen kennt kaum jemand) und Karolinger Straße gar nicht befahren. Peinlich, für eine radelnde Reporterin! Aber den Weg nehmen hier viele Radfahrer. Weil die Bahnen der Linien U 71, U 73 und U 83 ebenfalls durch die Brunnenstraße in beiden Richtungen quietschen. Eine Verlängerung der Wehrhahnlinie war zwar hier auch mal geplant. Doch der Tunnel unter der Brunnenstraße war der Politik vor Jahren zu teuer.

Aktuell ziehen viele Mieter und Eigentümer in die Wohnungen der Karolinger Höfe. Der dritte und letzte Bauabschnitt (rechts) wird gerade fertiggestellt.

Foto: Annic Völkel

Schleichweg Brunnenstraße statt Umweltspur Merowingerstraße?

Am Café „Süße Erinnerung“ treffe ich Christian Düchtel von der Initiative „30er-Zone/Brunnenstraße“. „Wir haben die Idee bereits seit drei, vier Jahren.“ Denn die Fahrer der Bahnen versuchen laut Düchtel und anderen Anwohnern, auf dem Stück ab Bilk-S oder in Gegenrichtung ab Karolinger-Platz hier Fahrt aufzunehmen. Doch die Straße sei viel zu eng, Autos parken aus und ein. Ganz unübersichtlich ist die Brunnenstraße im Knick Höhe Metropolkino.

Die Anwohner und Geschäftsleute pflegen in der Brunnenstraße eine gute Nachbarschaft. Viele sprechen sich mit Vornamen an. Und zu diesem entspannten Miteinander würde eine Entschleunigung des Verkehrs gut passen. Vor allem aber erhoffen sich viele Mieter von der Temporeduzierung weniger Lärm. Uschi Steinstraßer, die seit 32 Jahren in der Brunnenstraße sehr gerne lebt, beklagt: „Wenn die Bahnen Fahrt aufnehmen, wackeln die Gläser in meinem Schrank.“ Und das in kurzen Takten. Steinstraßer beklagt auch eine Zunahme des (hupenden) Autoverkehrs. „Hier nehmen Autofahrer vom Südring aus einen Schleichweg. Sie haben Kölner und Wuppertaler Kennzeichen.“ Sie vermutet, dass sie die Umweltspur gleich um die Ecke auf der Merowingerstraße umfahren wollen.

Das sieht Niko Elze, Geschäftsführer der Düsseldorfer Filmkunstkino GmbH und damit auch des Metropol, ähnlich. Er wohnt an der Merowingerstraße, beobachtet zuletzt häufiger Staus am Südring. Dass die Brunnenstraße nicht in beide Richtungen für Radfahrer geöffnet ist, versteht er nicht. Ein weiteres großes Anliegen teilt er mit Marcel Clemens vom Unverpackt-Laden „Pure Note“. Der sagt: „Wir brauchen viel mehr Abstellplätze für Radfahrer.“ Er bereitet gerade einen Brief mit eben dieser Bitte an die Stadt vor. „80 Prozent unserer Kunden kommen mit dem Fahrrad“, so Clemens.

Die Wünsche der Anlieger, die sie in der Bezirksvertretung geäußert hatten, werden übrigens ernst genommen. Sie liegen nun dem Amt für Verkehrsmanagement vor. So werde auch die Öffnung des Radverkehrs in beide Richtungen geprüft, heißt es auf eine Anfrage unserer Redaktion bei der Bezirksverwaltung.

Karolinger Höfe: Immer mehr Wohnungen werden bezogen

In den letzten Wochen blieb es trotz der Ferien lebhaft in der Brunnenstraße. Ein Grund: Es ziehen immer mehr Menschen in das neue Wohnquartier Karolinger Höfe. Da wird nur noch am 3. Bauabschnitt der insgesamt 345 Wohnungen auf dem ehemaligen Auto-Becker-Gelände gebaut. Auf den Balkonen stehen schon Pflanzen, Sonnenschirme sind aufgespannt, Möbelwagen und viele Lieferanten fallen auf.

Es wird noch mehr Leben in das quirlige Stadtteilzentrum Brunnenstraße kommen. Ich radel deshalb ein Stück weiter hoch, überquere die Düssel. Neugierig biege ich in die alte Toreinfahrt Brunnenstraße 65 ein. Dort ist jedoch alles beim Alten, im Hinterhof des Kinder- und Familientreffs „Spieloase“.

Nur die angrenzenden Neubauten der „Karolinger Höfe“ sind fertig oder wachsen. Vom so lange geplanten und gewünschten Anbau für die Kinder in einer benachbarten Gewerbehalle ist immer noch nichts zu sehen.

Die „Spieloase“ wartet immer noch auf die barrierefreie Halle

Gerti Kobarg und Ottfried Hillmann, vom Verein „Spielen und Leben in Bilk“, sitzen etwas frustriert auf einer kleinen Bank vor der „Spieloase“. Kobarg, erste Vorsitzende, sagt: „Im September soll es für den Umbau der Halle einen Ausführungs- und Finanzierungsbeschluss geben, ich habe das Wort auswendig gelernt.“

Vermutlich werde die Stadt die Halle, die zum Grundstück der Karolinger Höfe gehörte, kaufen. Die Pläne des Architekten für den rund 700 000 Euren Umbau liegen ebenfalls vor.

Seit Jahren befindet sich der Verein in einer „Hab-Acht-Stellung“. Kann die Kurse für die Familien kaum planen, hat schon Ausweichquartiere belegt. „Für unsere Jahresplanung brauchen wir Klarheit“, sagt Kobarg. Erste Mütter und Väter mit Kindern aus den Neubauten haben schon mal einen Blick in die „Spieloase“ geworfen.

„Wir werden die Bewohner der Karolinger Höfe auch mit besonderen Einladungen auf unser Hoffest am 31. August aufmerksam machen“, sagt Kobarg.

Ich verlasse den Hinterhof, bin zurück auf der Brunnenstraße in Höhe der Haltestelle Karolinger Platz. Denn hier wird auch viel passieren. Bis 2021 soll die Haltestelle barrierefrei umgebaut werden. Erste Kritik kam, weil die Rheinbahn für die Sicherheitsvorgaben der Feuerwehr  nur zwei der sechs Bäume erhalten kann. Vier neue sollen jedoch gepflanzt werden. Sehr interessant ist ein weiterer Aspekt: Die Brunnenstraße könnte im Zuge des Umbaus zwischen Karolinger Straße und Suitbertusstraße Fußgängerzone werden. Richtung Norden dürften dann nur noch Anlieger _ und eben Radfahrer fahren.

Schöne Aussichten für eine radelnde Reporterin. Ich mache noch einen Schlenker durch die Suitbertusstraße und biege auf die Umweltspur Merowingerstraße. Kein Stau, kein Bus, kein Fahrzeug, ich befahre sie bis zum Ende alleine. Aber das ist an diesem Mittag eine Ausnahmesituation.