Kirche in Düsseldorf Der Weg ist das Ziel
Düsseldorf · Der Gerresheimer Michael Lennartz organisiert Radwallfahrten nach Kevelaer. Warum diese so erfolgreich sind.
Im Heiligen Jahr 2000 rief Papst Johannes Paul II. die Menschen dazu auf, die Pilgerorte in ihrer jeweiligen Region neu zu entdecken, sich also quasi auf den Weg zu begeben. Da hat es bei Michael Lennartz irgendwie Klick gemacht, denn einen solchen Wallfahrtsort von historischer Bedeutung gibt es ja in NRW in Kevelaer, gar nicht so weit weg. Na gut, mehr als 60 Kilometer sind es schon, aber mit dem Rad doch machbar. Also organisierte der Gerresheimer seine erste Radwallfahrt – und mehr als 20 Teilnehmer wollten mitfahren. „Bei der Premiere ist eine Frau sofort gegen einen Pfosten geknallt. Das Rad war demoliert, sie ist dann trotzdem mit dem Kaplan im Auto nachgekommen“, berichtet Lennartz.
Am kommenden Samstag, 7. September, brechen die Pilger auf zwei Rädern jedenfalls wieder auf in Richtung Kevelaer. Es ist sozusagen das Silberjubiläum, die 25. Fahrt, wobei vier Touren darunter waren, die noch viel weiter gingen (Maastricht, Remagen, Soest, Xanten) und Kevelaer lediglich integriert war. Lennartz rechnet in diesem Jahr mit 30 Teilnehmern, zum Teil „Wiederholungstäter“, aber es werden auch wieder Neulinge darunter sein. „Wem die rund 90 Kilometer lange Strecke zu anstrengend erscheint, fährt mit dem E-Bike“, berichtet Lennartz.
Dass die Fahrt etwas länger als nötig dauert, hat mit der dezidierten Planung durch den ehemaligen Sparkassenmitarbeiter zu tun, der inzwischen mit 63 Jahren seinen Ruhestand genießt. „Es geht primär über Radwege, nur bei Krefeld wird es ein bisschen frickelig“, sagt er. Und selbstverständlich gibt es fünf bis sechs ausgesuchte Stopps für Rast und Gebet, Austausch und Gesang. Die gemeinsame Pilgermesse in der Kerzenkapelle von Kevelaer sowie ein deftiges Abendessen sind die krönenden Schlusspunkte, ehe es am Abend mit dem Zug zurück nach Düsseldorf geht. „Das ist schon auch körperlich ein Brett, von 5 Uhr morgens bis Mitternacht ist man unterwegs“, sagt Lennartz, denn zum Abschluss kommt man noch einmal in der Blutskapelle an der Heyestraße in Gerresheim zusammen.
Lennartz stellt der Wallfahrt stets einen bestimmten Gedanken voran, der wie ein roter Faden wirken soll. In diesem Jahr: „Gedenktag – Danktag – Jubeltag“. „Es geht darum, im Nachdenken vielfach Gründe zum Danken und Jubeln zu finden“, erklärt Lennartz. Und genau das ist es auch, was so viele an seinen Touren reizvoll finden.
Lennartz pilgerte mit dem Rad nach Santiago de Compostela
„Wir predigen quasi selbst, es ist nicht wie sonst in der Kirche, wenn vorne der Monolog dominiert“, erläutert der gläubige Christ, der schon als junger Mann in den Sommerferien gepilgert ist – etwa von Paray-le-Monial bis nach Paris. Dieser besondere spirituelle Geist der Tour mag auch der Grund dafür sein, dass sämtliche Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Margareta bereits einmal mitgefahren sind – von Wilhelm Terboven über Karl-Heinz Sülzenfuß bis Oliver Boss. „Da sind sie dann auch nur einfache Pilger, die nicht geben müssen, sondern etwas bekommen“, sagt Lennartz, der vor allem den Begriff „Seelenanker“ mag, den einer der Teilnehmer mal für die Kevelaer-Radwallfahrt geprägt hat.
Vor zwei Jahren hat sich Michael Lennartz einen Lebenstraum erfüllt. Er ist mit dem Rad von Gerresheim bis nach Santiago de Compostela gepilgert, zweieinhalb Monate hat er benötigt. „Das war natürlich ein Riesenunterschied, ich war auf mich alleine gestellt, bin einfach losgefahren, ohne zu wissen, wo ich abends schlafen werde“, erzählt er. Anfang hat er rund 100 Kilometer am Tag geschafft, später, als es bergiger wurde, nur 30, „manchmal musste ich sogar schieben“. Aber egal, der Weg ist ja das Ziel, jeder Eindruck zählt und wird festgehalten. Wie Hape Kerkeling hat auch er seine Erfahrungen für die Nachwelt dokumentiert, allerdings nicht in einem Buch, sondern in einem Vortrag, den er bereits siebenmal auf Einladung „mit guter Resonanz“ präsentiert hat.
Zu erzählen gibt es von seinen Etappen jedenfalls eine Menge, von wunderschönen Landschaften, dem eigenen Rhythmus, der sich im Verlauf der Tour eingestellt hat, und einem irgendwie neuen Zugang zu Gott, der sich ihm eröffnet hat. Und leider auch von einem ganz und gar nicht so schönen Erlebnis: „300 Kilometer vor dem Ziel bin ich fürchterlich gestürzt, hatte überall Schürfwunden, habe alles in Frage gestellt, wollte abbrechen, war auch mental nicht mehr in der Lage, weiterzufahren“, so Lennartz. Er hat sich dann doch in den Flixbus gesetzt und ist bis nach Santiago d’Compostela gefahren. „Das war natürlich nicht dasselbe, aber ich habe es nicht bereut.“ Die Begegnungen mit den Menschen vor Ort – darunter auch eine Kollegin von der Sparkasse – und dieses Gefühl, dass Gott und Mensch vor Ort auf Augenhöhe agieren, hat ihm eine tiefe Selbstbefriedigung beschert. Die Kevelaer-Wallfahrten will er jedenfalls auch weiterhin anbieten und organisieren, „so lange es irgendwie geht“, betont Michael Lennartz.