Düsseldorf diskutiert das Hoeneß-Urteil
Nach dem Prozess fragen sich viele: Sind die dreieinhalb Jahre Haft für den Bayern-Boss ein gerechtes Urteil?
Düsseldorf. Drei Jahre und sechs Monate Haft: So lautet das Urteil für den FC Bayern-Manager Uli Hoeneß. Ein zu hartes Urteil — oder noch zu mild? Überall in der Stadt wurde gestern über das Urteil diskutiert. Und zwar durchaus kontrovers, wie die WZ festgestellt hat.
Fortuna-Fan Frank Kremer (29) findet die Entscheidung des Gerichts völlig in Ordnung. „Die Strafe ist schon gerechtfertigt, denn die Selbstanzeige war nicht komplett. Die hat er meiner Meinung auch nur gemacht, weil er Angst hatte, dass der Stern-Reporter seine Machenschaften bei den Recherchen aufdeckt. Aber ich sehe noch nicht wirklich, dass Hoeneß ins Gefängnis muss“, sagt er.
„Wahrscheinlich wird er Revision einlegen und darüber wird so viel Zeit vergehen, dass er am Ende nur noch eine Bewährungsstrafe bekommt. Die Saison wird er auf jeden Fall noch zu Ende gucken können.“ Michael Droege (49) findet das Urteil noch zu mild: „Hoeneß hat zwar viel Gutes getan, aber bei diesen Summen wäre eine höhere Strafe durchaus angemessen gewesen. Einen Normalbürger hätte es noch viel härter erwischt.“
Und Frank Liebig (45) hatte im Vorfeld die Befürchtung, dass das Gericht die Selbstanzeige akzeptieren würde: „Ich hatte schon gedacht, dass man ihn laufen lässt. Aber er hat so oft öffentlich den Moralapostel gespielt, gerade auch im Fall Christoph Daum, dann muss man sich auch an solchen Dingen messsen lassen. Die Höhe der Strafe finde ich völlig in Ordnung.“
Isa Fiedler (47), Sprecherin der Altstadtwirte, hat sich nach Bekanntgabe des Urteils eine Frage gestellt: „Was muss ich eigentlich für die Höchststrafe von zehn Jahren machen, wenn diese Sache noch nicht mal als besonders schwerer Fall eingestuft wird. Da man die Selbstanzeige offensichtlich nicht anerkannt hat, ist diese Strafe viel zu niedrig.“ Das sieht der Schüler und Bayern-Fan Marlon Claessens anders. „Er tut mir ein bisschen leid“, sagt er. „Dreieinhalb Jahre sind einfach zu viel. In Anbetracht seiner Verdienste hätte man gnädiger urteilen sollen.“
Das Thema, das keinen kalt ließ, beschäftigt auch Anna—Sophia Linz (29). Wir treffen sie an der Ratinger Straße. „Er sollte jetzt auch seinen Aufsichtsratsposten niederlegen“, findet sie. „Wer nicht so prominent ist wie Hoeneß, muss ja auch alle Ämter niederlegen.“ Eine Passantin, die ihren Namen nicht nennen möchte, ist hin und hergerissen. Mitleid hat sie zwar nicht, dennoch findet sie das Urteil hart. „Er ist ja vorher nie negativ aufgefallen“, sagt sie. Trotzdem fragt sie sich, warum jemand, der so viel Geld verdient wie Hoeneß, es nötig hat, Steuern zu hinterziehen.
Daniel Meyerdriesch (22) aus Zürich beschäftigt dagegen eine ganz andere Frage: die nach dem Promibonus. „Ich glaube, dass er im Gefängnis mehr Freizügigkeit bekommen und das er besser behandelt werden wird, als andere mit dem gleichen Strafmaß.“ Der Elektriker Martin Labs (45) hat vom Urteilsspruch in der Mittagspause erfahren - und kann es kaum glauben. „Ich habe wirklich damit gerechnet, dass er aus der Nummer mit einer Bewährungsstrafe rauskommt“, sagt er. Jetzt ist der Borussia Dortmund-Fan auf die Revision gespannt.