Kontroverse um Smartphones Handynutzung an Schulen spaltet die Elternschaft

Düsseldorf · Daddeln und Chatten in der Pause? Die Schulen finden darauf unterschiedliche Antworten. Einige verbieten die Smartphones komplett, andere setzen eher auf Eigenverantwortung. Warum das Thema für Aufregung sorgt.

An einigen Schulen erlauben Lehrer eine punktuelle Nutzung der Handys im Unterricht, weil es beim Lernen helfen kann.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Die Handynutzung von Kindern und Jugendlichen sorgt an den Düsseldorfer Schulen für Kontroversen. Im Kern geht es um die Frage, ob Verbote oder Eigenverantwortung im Vordergrund stehen sollen. „Wir planen eine Neuregelung beim Umgang mit dem Smartphone bis zum Ende des Schuljahres und diskutieren das gerade auf allen drei Ebenen: Lehrer, Eltern und Schüler“, sagt Jürgen Weitz, Leiter der Dieter-Forte-Gesamtschule in Eller. Bislang gilt dort: Für die Jüngeren in den Klassen 5 bis 7 ist das Mobiltelefon zwischen Schulbeginn und Schulschluss auf dem gesamten Innen- und Außengelände tabu. „Die Kinder sollen in den Pausen abschalten, indem sie miteinander reden, laufen oder spielen. Nachrichten schreiben oder Handy-Spiele, bei denen man auf den Bildschirm fokussiert ist, würden das Gegenteil bewirken“, meint der Pädagoge. Andere Regeln gelten dagegen für die Schüler ab Klasse 8 aufwärts. Hier ist das Handy in den Pausen außerhalb des Schulgebäudes, also vor allem auf dem Pausenhof, erlaubt.

„Hier sind wir dem Wunsch der meisten Schüler entgegengekommen. Ein Kompromiss, mit dem wir auf die größere Selbstständigkeit von Jugendlichen eingehen – jedenfalls bislang“, sagt Katja Wichelhaus, Koordinatorin für die Klassen 8 bis 10. Tatsächlich unterscheiden sich die genauen Regeln zum Umgang mit dem Smartphone von Standort zu Standort, und auch innerhalb einer Schule können Jahrgangsstufen oder Klassen ein Teil der Regeln bisweilen selbst definieren.

Bei den Eltern sorgt das Thema immer wieder für Irritationen – und zwar in beide Richtungen. Während die einen ihr Kind gerne mal zwischendurch nach dem Ergebnis der Mathe-Arbeit oder nach dem aktuellen Stress mit einem Klassenkameraden befragen wollen, reagieren andere Mütter und Väter verärgert auf eine teilweise erlaubte Handy-Nutzung. „Wir haben absolut nicht damit gerechnet, dass Kinder bereits in der fünften Klasse auf dem Schulhof in ihren Pausen zocken dürfen und halten das auch für komplett falsch“, sagt eine Mutter, deren Kind das Niederkasseler Cecilien-Gymnasium besucht, und die ihren Namen nicht öffentlich machen möchte. „Früher aß mein Kind sein Butterbrot oder spielte mit seinen Freunden, heute starrt es auf den Bildschirm und verliert sich in Handyspielen“, sagt sie. Sie zog die Notbremse und verbot dem Kind, das Gerät überhaupt mit in die Schule zu nehmen. Ein zweischneidiges Schwert. Denn genau dafür wurde das Kind – ihren Schilderungen zufolge – gehänselt.

„Die Konzentration auf den Unterricht geht doch völlig verloren“, beklagt die Mutter, die gehört hat, dass einige Mitschüler schon vor dem Gong am Ende einer Stunde auf ihr Gerät blickten. Noch schlimmer sei, dass in den Pausen offenbar einige Achtklässler Inhalte anschauten, die verstörend seien. „In einer der Pausen sollen Nachrichten mit sexuellen Inhalten auf dem Hof angeschaut worden sein“, kritisiert sie. Ihre Schlussfolgerung: „Handys haben in der Schule nichts verloren, sie sollten dort einfach verboten sein.“

Eigenverantwortliche
Strategie birgt Risiken

Rita Becker, Leiterin des Cecilien-Gymnasiums, hat Verständnis für die Sorgen der Eltern. Allerdings sei die jetzige Regelung genau der Konsens, der in der Schulgemeinde gemeinsam erarbeitet worden sei. „Lehrer, Eltern und Schüler haben sich darauf verständigt, den Weg eines Totalverbots nicht zu gehen“, sagt die erfahrene Pädagogin. Das derzeit gültige Handykonzept, das von den Eltern in der Schulpflegschaft ausdrücklich mitgetragen werde, rücke den Gedanken der Eigenverantwortung in den Vordergrund. Dazu zähle am Ende auch, dass die Eltern ihren Teil der Verantwortung für das übernehmen, was auf den Handys ihrer Kinder geht und was dort nicht geht. „Es gibt sehr gute Apps, mit denen Mütter und Väter Zeiten und Inhalte ziemlich genau regeln beziehungsweise einschränken können“, meint Becker. Das tatsächlich auch zu tun, könne die Schule den Familien aber nicht abnehmen.

„Zu dem, was wir als Schule leisten können, gehört unter anderem eine gute Medienerziehung, bei der selbstverständlich auch die Risiken und Gefahren der Internetnutzung in den Blick genommen werden. Und genau das tun wir an unserer Schule auch“, meint die Lehrerin. Im Übrigen sei das aktuelle Konzept kein Geheimnis. „Jeder konnte vor der Anmeldung danach fragen oder es nachlesen“, betont Becker. Für eine grundsätzliche Debatte und daraus womöglich resultierende Nachjustierungen ist sie offen. Wer etwas ändern wolle, solle sich mit seinem Standpunkt in den Eltern-Pflegschaften auf Klassen- oder Schulebene einbringen. „Das ist der richtige Ort, um für einen neuen Konsens zwischen Eltern, Schülern und Lehrern zu werben“.

Dass eine eigenverantwortliche Strategie nicht ohne Restrisiko funktioniert, hat auch Katja Wichelhaus erlebt. „Vor vier Jahren hatten wir mal Probleme mit dem, was auf dem Pausenhof von Achtklässlern – teilweise auch unter Einbeziehung Jüngerer – gezeigt wurde. Dabei sei es unter anderem auch um sogenannte Sticker mit Nacktbildern gegangen. „Wir haben seinerzeit massiv reagiert, denn bei einem solchen Thema geht es immer auch um Opfer- und Kinderschutz“, sagt die Lehrerin. Ihr Appell richtet sich jenseits der Aufklärungsarbeit in der Schule auch an die Elternhäuser. „Wer seinem Kind ein mobiles Datenvolumen auf dem Smartphone einrichtet, sollte Filter einbauen, mit denen Gewaltdarstellungen und sexualisierte Inhalte weitgehend ausgeschlossen werden“, sagt sie. Denn die Schule könne nur regeln, was im schuleigenen Netz geschehe und tue dies auch. „Auf Inhalte, die Schüler über ihren privaten Zugang aufrufen, haben wir keinen Zugriff.“

Könnte also doch ein generelles Verbot für die Zeit an und in der Schule der richtige Weg sein? Alexander Schrimpf, Leiter der Werner-von-Siemens-Realschule, beantwortet die Frage mit einem klaren Ja. „Die Kleinen daddeln und die Großen kommunizieren nicht mehr miteinander, sondern nur noch über ihre Handys. Das wollen wir nicht, auch weil es das Konfliktpotenzial erhöht“, sagt der Lehrer. Die Schulgemeinschaft habe sich deshalb für ein Verbot für sämtliche Klassen einschließlich der 10. Jahrgangsstufe ausgesprochen, das mit dem Betreten des Schulgeländes beginnt und erst bei seinem Verlassen wieder endet.

(jj)