Heimat für Jazz-Freunde ist zurück Im Em Pöötzke stehen wieder Bands auf der Bühne
Düsseldorf · Zwei Jahre lang war die Jazz-Kneipe geschlossen. Ein Düsseldorfer Gastronomen-Paar betreibt das Kultlokal nun weiter.
Die „Blue Moon Howlers“ legten los, als gäbe es kein Morgen mehr. Das Rockabilly-Trio gab auf der Bühne der wiedereröffneten Altstadt-Kultkneipe „Em Pöötzke“ Vollgas, waren sie doch der „Opening Act“ der neuen Wirte Mirjam und Jan Olbermann. „Es ist richtig schön, dass nicht alles Coole, nicht alles, das Wert hat, komplett aus der Altstadt verschwindet. Das macht Hoffnung“, meint Howlers-Frontmann Colja Schliewa. „Immerhin ist ‚Em Pöötzke‘ die älteste noch existierende Jazz-Kneipe Deutschlands. Seit 1950 wird hier Live-Musik gespielt.“
Zwei Jahre lang schien es so, als ob die Tage der ältesten Jazz-Kneipe abgelaufen wären, denn die Türe zum Pöötzke, was auf Düsseldorfer Platt „Türchen“ bedeutet, blieben geschlossen. Die Vermieterin und der Ex-Wirt hatten sich wohl nicht auf eine Verlängerung des Mietvertrages einigen können. „Früher war ich immer mal wieder Gast im ‚Pöötzke‘ und in den letzten beiden Jahren bin ich häufiger vorbeigegangen und habe gedacht: ‚Schade, dass es schon so lange leer steht‘“, sagt Jan Olbermann.
„Und dann habe ich einfach mal die Vermieterin angerufen.“ Nach dem fünften oder sechsten Treffen war man sich handelseinig, die Olbermanns, denen die gleichnamige Brauerei in Gerresheim gehört und die mit dem St. Sebastianus am Burgplatz bereits eine Altstadtkneipe führen, wurden somit Betreiber der Kneipe in der Mertensgasse.
Zu viel mussten die Olbermanns nicht investieren, denn die Atmosphäre mit dem authentischen, gemütlichen, ehrlichen, unverkrampften, geschichtsträchtigen Charme sollte erhalten bleiben. Schankraum und die Toiletten waren erst 2015 grundlegend saniert worden. Einzig eine neue Musikanlage steht an der Stelle der bisherigen, sonst blieb alles beim Alten. „Wir mögen so alte Sachen, das ist genau unser Ding“, sagt Mirjam Olbermann. „Eigentlich wollten wir nie in die Altstadt und jetzt haben wir zwei Kneipen. Aber wenn man sich verliebt, dann muss es eben sein. Dann kommt auch die Leidenschaft für das, was man tut.“
Und mit Leidenschaft gehen die Olbermanns das Abenteuer Pöötzke an. Auch viele andere Jazz-Fans freut das Pöötzke-Revival. „Bei uns standen die Telefone nicht mehr still. Viele Bands wollen bei uns spielen. Musikalisch ist es ein Selbstläufer“, freut sich Jan Obermann. „Wir stellen uns musikalisch breiter auf. Selbstverständlich wird es weiterhin viel Jazz geben, aber es wird vermehrt auch Rock‘n‘Roll oder Reggae gespielt.“
Am zweiten Abend, nachdem das Türchen wieder für Kundschaft geöffnet war, spielte mit „Powerkraut“ ein weiterer Pöötzke-Klassiker. Das deutsch-britische Quartett macht fröhlichen Dixieland und trat im „alten“ Pöötzke regelmäßig donnerstags auf. Das könnte auch im „neuen“ Pöötzke möglich sein, ist die Gastronomie doch aktuell von Donnerstag bis einschließlich Samstag geöffnet. Eines war an jenem Abend anders: „Der alte Eimer, der früher durchs Publikum für einen Obulus für die Band wanderte, ist weg“, sagt Colly. „Wir haben einen neuen Sektkühler genommen. Jetzt dauert es bestimmt wieder Jahrzehnte, bis der genauso verbeult ist wie der alte.“