Sommerakademie „Es ist niemand von Natur aus untalentiert“

Düsseldorf · Interview Malen lernen im Museum: Der Kunstpalast bietet erstmals eine Sommerakademie an. Wir sprachen mit Künstlerin Susanne Ristow, die sie leitet.

Susanne Ristow ist Künstlerin, sie leitet die Sommerakademie.

Foto: ja/Judith Michaelis

Das Museum Kunstpalast bietet in diesem Jahr erstmals eine einwöchige Sommerakademie in Modulform an. Anfänger und Fortgeschrittene können halbe, ganze Tage, auch die komplette Woche buchen in grundlegenden Disziplinen wie Zeichnung und Druckgraphik, Plastisches Gestalten, Malerei und Maltechnik sowie Collage, Intermedia und Übertragungstechniken. Geleitet wird die Akademie von der Künstlerin Susanne Ristow. Die WZ traf sie im Café des Kunstpalasts.

Jeder Mensch ist ein Künstler. Vielzitierter Ausspruch von Joseph Beuys. Kann man sich das jetzt in der Sommerakademie des Kunstpalasts selbst beweisen?

Susanne Ristow: In unserer Sommerakademie geht es nicht darum, Künstler zu werden oder am Ende vielleicht 150 Hobby-Künstler mehr zu haben, sondern darum, sich selbst auszuprobieren. Mehr Menschen machen Erfahrung mit Kunst, lernen oder verbessern künstlerische Techniken, experimentieren.

An wen richtet sich das Angebot?

Ristow: An alle Altersklassen,  Schulabgänger, Studenten, die vielleicht ein Kunststudium in Erwägung ziehen, aber auch an Kunstinteressierte, die einfach mal verschiedene Techniken ausprobieren wollen.

Was muss man mitbringen: Material? Talent?

Ristow: Das ist das Schöne bei uns, das schon alles da ist. Mitbringen sollte man Neugier, vor allem die Bereitschaft, zu staunen, etwas zu machen, was man noch nie gemacht hat, zum Beispiel eine Farbe zum Leuchten bringen, indem man drei andere Farben darunter legt. Und natürlich Geduld. Geduld ist genauso wichtig wie Neugier.

Gibt es in der Kunst eigentlich so was wie Naturtalente, oder kann, muss man Kunst lernen?

Ristow: Kunst kann man nicht in dem Sinne lernen, beispielsweise in der Musik, wenn jemand das absolute Gehör hat. Naturtalente gibt es da eigentlich nicht. Aber es ist auch niemand von Natur aus untalentiert.

Vier Techniken werden angeboten: Zeichnung, Druckgraphik, Plastisches Gestalten,  Malerei und Maltechnik, Collage, Intermedia und Übertragungstechniken. Wie finde ich meine?

Ristow: Da gibt es keine Regel. Jeder sollte Kunst auf seine Art für sich entdecken. Deshalb auch die Modulform, da kann sich jeder etwas aussuchen oder auch alles ausprobieren. Meine Aufgabe sehe ich dabei auch darin, die Kunstinteressierten dort abzuholen, wo er oder sie gerade ist.

Stichwort Intermedia. Videokunst ist ja heute ein ganz großes Thema. Macht die inzwischen nicht jede und jeder mit seinem Handy?

Ristow: Der Begriff  Intermedia kommt  aus der Fluxus-Bewegung, der Montage, aus der Mischung von Techniken und Übertragungstechniken, Versatzstücke die seit Dada da sind. Und ja, das fängt heute mit dem Handy an. Auch damit werden wir experimentieren.

Die Sommerakademie will sich auch von Werken vor Ort im Kunstpalast inspirieren lassen. Braucht man Vorbilder, um selbst Kunst zu machen?

Ristow: Nicht eines. Viele! Sonst wäre es ja ein Idol. Und das braucht man nicht, um selbst künstlerisch tätig zu sein. Da braucht man Impulse.

Ist die Sommerakademie ein einmaliges Programm oder wird es in den kommenden Jahren eine Fortsetzung geben?

Ristow: Wir würden die Idee gern erweitern. Der Gedanke ist, dass diese erste Sommerakademie eine Keimzelle ist, aus der mehr wachsen kann. Düsseldorf ist nach meiner Meinung der ideale Ort: Hier gibt es dieses Grundinteresse an Kunst, diese Offenheit, die mich als Norddeutsche von Anfang an fasziniert hat. Das liegt vielleicht an der rheinischen Gönnerhaftigkeit, die auch eine geistige ist. Die ist ausgesprochen wichtig für die Kunst.

Am Ende werden die entstandenen Arbeiten in einer Abschlusspräsentation bewertet. Durch sie als Kursleiterin oder von den Teilnehmern?

Ristow: Gespräche untereinander sind extrem wichtig während der Sommerakademie. Davon profitiere ich in den Kunstkursen. In einem habe ich zum Beispiel unseren heutigen Hausarzt kennengelernt. Der wollte mehr über die Technik der Radierungen erfahren und hat sich dann sogar eine eigene Presse gekauft. Nicht die einzige Freundschaft, die während der Kurse entstanden ist.

Apropos Bewertung: Wie bringt man einem Unbegabten bei, dass er es oder sie es vielleicht besser lassen soll. Oder sollte man das besser lassen?

Ristow: Nö! Muss man gar nicht. Es gibt niemand, der unbegabt ist für Kunst oder Kultur. Man sagt  ja auch nicht, dass jemand nicht singen oder tanzen soll.

In der Kunst ist der Verkauf von Kunst ja eine Kunst für sich. Spielt das vielleicht auch eine Rolle oder Nebenrolle bei solch einer Sommerakademie?

Ristow: Nicht in diesem Rahmen. Die Kunst krankt heute ohnehin schon zu sehr an der Spekulation. Da ist es doch schön, wenn beim künstlerischen Gestalten mal nicht der Gedanke der Verwertungsökonomie im Vordergrund steht, sondern das ergebnisoffene, vielleicht sogar nutzloses Tun. Gerade das kann sinnvoll sein.