Gedenken in Düsseldorf Ein Licht in dunkler Nacht - Kunstwerk von Mischa Kuball erinnert an Synagoge
Düsseldorf · Das Werk „Missing Link" erinnert an die abgebrannte Synagoge an der Kasernenstraße. Zur offiziellen Eröffnung am Donnerstagabend kamen viele Düsseldorfer – und verbreiteten ein wenig Hoffnung in schweren Zeiten.
„Es sind wirklich viele gekommen.“ Das sagen viele an diesem Abend und sehen einander an und nicken einander zu und bleiben ein wenig länger beieinander stehen, den Blick auf das Kunstwerk vor ihnen gerichtet. Der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball hat die Installation „Missing Link“ geschaffen, die an die Große Synagoge in Düsseldorf erinnert. Das stolze Gebäude stand an der Kasernenstraße im Stadtzentrum, ehe es 1938 in der Reichspogromnacht von Nazis niedergebrannt wurde. Der offizielle Start des Projektes am Donnerstagabend um 22.30 Uhr brachte viele Vertreter aus der Stadt zusammen, aus der jüdischen Gemeinde, der Politik, der Verwaltung, der Wirtschaft. Auf die Stunde genau 85 Jahre, nachdem die Synagoge brannte.
Er habe mit seinem Werk formuliert, was diese Stelle in ihm auslöse, sagte Mischa Kuball in einer emotionalen Rede vor den Gästen: „Etwas stimmt an diesem Ort nicht.“ Im vergangenen Jahr hatte er das Gedenken zur Reichspogromnacht besucht, sich über die fehlende Würde des Mahnmals geärgert, einer unauffälligen Steintafel, an der zu viele achtlos vorbeigehen.
Nur 57 Überlebende kehrten
1945 nach Düsseldorf zurück
Damals entstand die Idee, hier etwas zu schaffen, das an die Synagoge erinnert und die Menschen, die sich hier trafen, bis 1933 ein reges Gemeindeleben hatten – bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten. „5500 Menschen haben diesen Ort als ihr spirituelles Zuhause begriffen“, sagt der Künstler. Nur 57 Überlebende der Shoah kehrten 1945 nach Düsseldorf zurück und begründeten die Gemeinde neu. Die neue Synagoge entstand aber nicht an alter Stelle, sondern an der Zietenstraße in Golzheim.
Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) dankte dem Künstler für die Initiative und das Werk. „Als Stadt begrüßen wir dieses Stück Kunst im öffentlichen Raum ausdrücklich – aber es ist viel mehr als das“, sagte er. „Es weist an dieser Stelle auf eine Lücke hin, die uns mit Schmerz erfüllt.“ Die Leerstelle zeige, was hier fehle: die Menschen, die ermordet wurden, und die Synagoge, in der sie sich einst trafen. Das Kunstwerk an diesem Ort sei nicht die Rekreation oder Rekonstruktion von etwas Verlorenem: „Aber vielleicht so etwas wie der Versuch einer Reparatur.“ Denn wenn es schon nicht möglich sei, die entstandene Lücke zu schließen, dann könne man immerhin versuchen, sie mit Licht zu reparieren. „Das Licht lässt sich seit dem ersten Tag der Schöpfung nicht auslöschen – genau so wenig, wie sich die Hoffnung auslöschen lässt.“
Über die Hoffnung wurde viel gesprochen an diesem Abend, immer mit Blick in die große Runde, die zusammengekommen war, um das Kunstwerk zu sehen. Künstler Mischa Kuball bat die Gäste zwischenzeitlich, sich bei den Händen zu nehmen, als Gemeinschaft zusammenzustehen, und das taten dann auch alle und blieben eine ganze Weile so.
Hoffnung mache es auch, sagte Stephan Keller in seiner Rede weiter, dass die Jüdische Gemeinde Düsseldorf heute wieder rund 7000 Menschen zählt und damit die drittgrößte in Deutschland ist: „Das ist ein großes Glück“, sagte Keller. Und umso wichtiger sei es, öffentliche Präsenz zu zeigen „in einer Zeit, in der auch bei uns wieder jüdische Einrichtungen bedroht werden“: „Wir dürfen nicht den falschen Leuten den öffentlichen Raum überlassen.“
Der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Oded Horowitz, erinnerte an die gemischten Gefühle, mit denen man anfangs auf das Projekt geschaut habe: „Aber wir dachten auch, dass das eine schöne Sache sein könnte.“
Seit Beginn des Projektes sei vieles passiert, vor allem jener 7. Oktober 2023, an dem die Terroristen der Hamas Israel brutal überfielen, weit mehr als 1000 Menschen töteten, verletzten und entführten.
Umso wichtiger und wertvoller sei es, dass man mit einem Projekt wie diesem möglichst die ganze Stadtgesellschaft erreiche, fügte er hinzu. Es gehe nicht nur um die Erinnerung an die ermordeten Menschen: „Sondern auch um das Bewusstsein, wie schnell eine Zivilgesellschaft kaputtgehen kann.“