. Mit dem neuen Negativpreis „Der goldene Holzweg“ prangert der bundesweite Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ einen Tierversuch der Uniklinik Düsseldorf an. Unter den fünf „absurdesten Tierversuchen“, über die bis zum 24. März abgestimmt werden kann, ist ein Versuch an Ratten. Unter Narkose wurden den Nagetieren zwei Löcher in einen Schwanzwirbel gebohrt, in diese dann Mini-Implantate aus Titan geschraubt, wobei die Schrauben mit einer Metallfeder verbunden wurden.
„Es soll untersucht werden, wie sich Druck auf Zahnimplantate beim Menschen auswirkt. Wie trotz der Unterschiede zwischen dem menschlichen Kiefer und den Schwanzwirbeln von Ratten Erkenntnisse generiert werden sollen, die menschlichen Patienten zugutekommen, ist vollkommen unklar“, kritisiert Johanna Walter, wissenschaftliche Referentin bei „Ärzte gegen Tierversuche“. Am Ende der Versuche seien die Tiere getötet worden. Die Auswahl der fünf nominierten Versuche basiert nach Angaben des Vereins auf wissenschaftlichen Fachartikeln, die zwischen 2023 und 2024 erschienen.
An der Heinrich-Heine-Uni (HHU), wo das Tierversuchslabor, die „Zentrale Einrichtung für Tierforschung und wissenschaftliche Tierschutzaufgaben“ (ZETT), angesiedelt ist, wehrt man sich gegen die Kritik. „Der beanstandete Tierversuch folgte wissenschaftlich anerkannten Methoden, um grundlegende Erkenntnisse über das Verhalten von Implantaten unter mechanischer Belastung zu gewinnen“, heißt es in einer ausführlichen Stellungnahme an unsere Redaktion. Zudem sei er von der zuständigen Behörde genehmigt worden.
Bei dem Projekt wurde nach HHU-Angaben zwischen 2016 und 2018 untersucht, ob sich kieferorthopädische Implantate unter kontinuierlicher Belastung im Knochen bewegen und wie sich dabei die umliegenden Blutgefäße und das Knochengewebe verändern. „Die Studie konnte erstmals zeigen, dass es Implantatwanderungen im Knochen gibt. Der umliegende Knochen baute sich dabei um und verdickte sich in Belastungsrichtung. Über die Zeit nahm die Implantatwanderung deshalb ab.“ Die nun „nominierte“ Studie beinhaltet demnach allerdings eine mathematische Modellierung und eine zusätzliche 3D-Datenauswertung der Mikro-Computertomographie-Daten des ehemaligen Versuchs, sodass für das nominierte Projekt „gar keine Tiere operiert“ worden seien.
Die HHU verweist auf die Wichtigkeit von Tierversuchen in der humanmedizinischen Forschung: Zellkulturen und Computermodelle lieferten zwar ebenfalls bereits wertvolle Erkenntnisse, könnten aber die komplexen Wechselwirkungen eines lebenden Organismus nicht abbilden. „Praktisch alle der heute etablierten Therapien basieren auf Erkenntnissen aus Tierversuchen, darunter Insulintherapie für Diabetes, Impfstoffe gegen Polio und Covid-19 sowie Behandlungen gegen Krebs. Ohne Tierversuche wären diese Fortschritte nicht möglich.“