Unterführung nach Düsseldorf-Oberbilk Tunnel mit illegaler Kunst gestaltet

Düsseldorf · Weil die Stadt nicht auf ihre Anfragen reagierte, wurde eine Künstlergruppe kurzerhand aktiv – und gestaltete vor zwölf Jahren die Unterführung an der Ellerstraße.

In mehreren Aktionen in den vergangenen zwölf Jahren wurden die Kunstwerke, die bei der Aktion „Licht im Tunnel“ entstanden, erweitert.

Foto: Farbfieber

. Angst hat Klaus Klinger nicht, wenn er eine Wand besprüht und die Polizei mit Mannschaftswagen anrückt. Er gibt es nicht zu, doch ein wenig scheint den Künstler diese Art der Provokation sogar zu amüsieren. So war es auch bei der Aktion „Licht im Tunnel“, die vor zwölf Jahren einen der „hässlichsten Orte in Düsseldorf“, wie Klinger sagt, ein wenig verschönert hat.

Dieser hässliche Ort liegt an der Ellerstraße, direkt hinter dem Hauptbahnhof, in einem Tunnel, der unter den Schienen nach Oberbilk führt. Dunkel und kalt ist es hier, das Wasser läuft die Steinwände herunter. Es ist ein Ort für Klaus Klinger, einen Pionier der Straßenkunst. Er war Meisterschüler an der Kunstakademie Düsseldorf, lernte dort von Gerhard Richter, war später Mitbegründer der Wandmalgruppe Düsseldorf und des Vereins Farbfieber, in dessen Atelier am Fürstenwall er bis heute arbeitet. Kunst, sagt er, kann eine Stadt interessanter machen, es kann Orte wesentlich verbessern, nicht nur Unschönes übertünchen. So sei die Kiefernstraße von einer No-Go-Area zu einem Künstlerviertel geworden, mit dem heute das Tourismusbüro wirbt.

Bis heute hat sich an den
Bildern nur wenig verändert

Mit dem Ziel, Orte zu verbessern, hatten Klinger und andere Künstler aus der freien Szene in Düsseldorf sich für das Projekt „Freiräume für Bewegung“ zusammengeschlossen. Gemeinsam wollten sie Farbe in die hässliche Unterführung bringen. Mehrere Mails hatten sie an die Stadt und die Bahn geschrieben, um eine Genehmigung für die Umgestaltung zu bekommen. Eine Antwort bekamen sie nie, sagt Klinger. Also hat die Gruppe Fakten geschaffen – und ein Straßenfest daraus gemacht. Am 6. März 2010 trafen sich die Künstlerinnen und Künstler, aus Düsseldorf, Polen und Frankreich, in dem Tunnel – und fingen an zu sprühen und zu malen. 200 Menschen kamen, um bei Livemusik, Kaffee und Kuchen zu sehen, wie sich die Bilder Stück für Stück über die Wände ausbreiteten, erinnert sich Klinger. Es dauerte nur eine Viertelstunde, bis die erste Polizeistreife eintraf und eine Genehmigung verlangte. Die Beamten versuchten, die Verantwortlichen von der Stadt und der Bahn zu kontaktieren. Doch das dauerte. Nach drei Stunden standen fünf Mannschaftswagen und ein Übertragungswagen des WDR an der Unterführung – und die ersten 25 Meter der grauen Wände hatten sich in bunte Kunstwerke verwandelt. „Wir haben quasi unter Polizeibegleitung gearbeitet“, sagt Klinger. Bis heute hat sich an den Bildern nur wenig verändert. „Wem gehört die Stadt?“ fragen sie die Passanten. Und wer aufmerksam schaut, sieht Affen auf den ersten Kunstwerken, die aus ihrem Käfig ausbrechen, vor der Polizei davon klettern und sich Stück für Stück die Stadt von Investoren zurückerobern. Bis heute hat sich jedoch auch an der Situation in dieser und vielen anderen Unterführungen und Unorten der Stadt nur wenig verändert. Die Stadt gebe nur äußerst selten Flächen zur künstlerischen Gestaltung frei, finanzielle Unterstützung für die freie Szene gebe es kaum. Kürzlich war ein Gerüst in dem Tunnel an der Ellerstraße aufgebaut – die Decke wurde ausgebessert, eine vernünftige Beleuchtung fehlt weiterhin. Ihre Aktion im Sommer 2010 hat die Künstlergruppe dennoch als Erfolg verbucht. Die Polizei ist den Künstlern damals zu ihrem Atelier in Unterbilk gefolgt und hat deren Personalien festgestellt, erzählt Klaus Klinger. Eine Strafanzeige stand im Raum. Irgendwann erreichte Klinger jedoch ein Brief von der Bahn. „Darin stand sinngemäß: Wir haben nichts gegen eine weitere Gestaltung der Unterführung, aber auch kein Geld“, sagt Klinger. Die restlichen Meter der Unterführung gestalteten sie trotzdem bei einem zweiten Straßenfest am 9. Juli 2011 – diesmal mit Genehmigung und ohne Polizeibegleitung.