Düsseldorfer Arbeitnehmer sind seltener krank
Die Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt aber rasant zu — auch schon bei Jüngeren.
Düsseldorf. Die Düsseldorfer Arbeitnehmer sind die gesündesten in ganz Nordrhein-Westfalen. Zumindest liegt der Krankenstand in Landeshauptstadt und Umgebung mit 2,8 Prozent unter dem Landesdurchschnitt von 3,3 Prozent.
Schlusslicht in NRW ist Recklinghausen mit 4,5 Prozent. Umgerechnet bedeuten diese Zahlen, dass in Düsseldorf im Jahr 2010 von 1000 Arbeitnehmern täglich 28 wegen Krankheit fehlten. 2009 waren es noch 29. Die Daten stammen aus dem Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), der am Donnerstag im LVR-Klinikum vorgestellt wurde.
Dass die Zahlen ausgerechnet in der Klinik für psychische Erkrankungen vorgestellt wurden, ist kein Zufall: Zwar holen sich die meisten Arbeitnehmer immer noch wegen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems — sprich Rückenschmerzen, Bandscheiben- oder Knieproblemen — den gelben Schein beim Arzt, doch die psychischen Erkrankungen sind um 30 Prozent gestiegen. Sie haben in der Region Düsseldorf bereits die Verletzungen als landesweit dritthäufigsten Fehlgrund überholt und zu Erkrankungen des Atmungssystems aufgeschlossen.
Für Professor Wolfgang Gaebel, den ärztlichen Direktor der LVR-Klinik, ist das keine Überraschung: „Psychische Erkrankungen sind mittlerweile eine Volkskrankheit geworden.“ Den größten Anteil an den psychischen Erkrankungen tragen die Depressionen mit etwa 70 Prozent. „Dort verzeichnen wir auch den steilsten Anstieg bei den Behandlungszahlen“, sagt Gaebel.
Depressionen oder Schmerzsymptome, die nicht durch körperliche Leiden erklärbar sind, können Zeichen eines Burn-out-Syndroms sein. Hier sind die Düsseldorfer offenbar anfälliger als Arbeitnehmer anderer Städte.
„Das liegt in der Struktur der Düsseldorfer Arbeitswelt“, sagt Privatdozent Jürgen Zielasek vom LVR-Klinikum. Besonders in Regionen, wo das Dienstleistungsgewerbe dominiere, seien psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch. „Das kann an der oft nicht mehr möglichen Trennung von Arbeit und Privatleben, durch ständige Erreichbarkeit oder auch an dem Druck durch befristete Verträge liegen“, sagt Zielasek.
Zugleich auffällig und besorgniserregend ist für Zielasek, dass immer mehr junge Arbeitnehmer von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Oft ertragen diese Stressfaktoren über Jahre und gehen weiter zur Arbeit, aus Angst um den Job. „Vielleicht ist das auch ein Grund für den niedrigen Düsseldorfer Krankenstand.“
Erschreckend ist für den Mediziner auch, dass 37 Prozent der Beschäftigten zwischen 18 und 29 Jahren in NRW versuchen, mit Rauschtrinken den Stress abzubauen. Zielasek weiß: „Rund ein Fünftel der psychisch Kranken wird später arbeitsunfähig.“