Düsseldorf Düsseldorfer Gastro-Szene: Neues aus der Weltküche der Stadt

Die Düsseldorfer Gastroszene hat im Sommer noch mal aufgerüstet. Die WZ gibt einen Überblick.

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Düsseldorf. Was gibt’s Neues in der Gastro-Szene? Wir haben uns umgesehen und stellen die spannendsten Konzepte vor:

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Nein, der Chefkoch von Friedrichstadts neuem Hotspot, Fritz´s Frau Franzi, heißt nicht Fischers Fritz, sondern Benjamin Kriegel, ist 29 Jahre jung und war zuletzt als Sous-Chef im „Victorian“ tätig. Das mit stylischer Deko in Schwarz-, Weiß- und Goldtönen gestaltete Restaurant vom im Oktober eröffneten Boutiquehotel „The Fritz“ verfügt über bequeme violette Sitzgelegenheiten, edles Geschirr, einsehbare Küche und äußerst freundliches Personal. Reduktion auf das Wesentliche gehört zur Hausphilosophie.

Die Preise z.B. sind allesamt gerundet. Cent-Zählerei: Fehlanzeige. Das gilt auch für klassische Speisefolgen und Menüs. Die Karte gliedert die Gerichte in vier Abteilungen: „Spaßbringer“ (z.B. gebeizte Fjordforelle mit marinierter Gurke, Wakame, Meerrettich und Gurkensud, 15 Euro); „Wasserstoff“ (in zwei Varianten und Gängen servierter Seehecht: roh mariniert, mit Gemüse in Reisblatt und Kokos- Galgantsud sowie in Pergament gegart, mit brauner Butter, Erdnüssen und Ponzu-Vinaigrette, 17); „Gemüsegarten“ („Kraut und Rüben“: roh geriebene Karotten mit grünem Krautsalat, Koriander und fermentiertem Karottensaft, 13) und „Landpartie“ (Milchlammleber, Roastbeef, 36-Stunden gegarter Duroc-Schweinebauch), dazu Dessert und Käse. Man darf aus jedem Bereich nach Lust und Laune kombinieren.

Die Portionen sind übersichtlich, aber nicht zu unterschätzen. Die Eigenbeschreibung „Weltküche mit experimentellem Touch“ kann man nur unterstreichen. Und da diese Global-Cuisine auf sehr hohem handwerklichem wie kreativem Level zelebriert wird, dürften die Inspektoren des Guide Michelin schon bald ihre Notizblöcke zücken.

Friedrichstadt, Adersstr. 8 www.fritzfraufranzi.de

Weltküche, Teil 2. Dank des Groß-Moguls Robertino Wild (Capricorn, Lido-Gruppe) erstrahlt die Malkasten-Gastronomie nach der Ägide des verstorbenen Toten-Hosen-Managers Jochen Hülder seit Ende Juni wieder in Glanz und Gloria. Die etwas zu dunkle Bar bildet wie der neue Speiseraum eine perfekte Synthese aus hipper Innenarchitektur und bildender Kunst.

Die Mannschaft des noch im Umbau befindlichen Medienhafenrestaurants „Lido“ hat derzeit den Kochlöffel übernommen. Die Speisekarte frönt der Setzkastengastronomie. Neben einer internationalen, aber etwas wirren Vorspeisenauswahl, folgen Hauptgerichte aus dem Bereichen Fisch und Fleisch mit jeweils einer Sättigungsbeilage aus dem Toppings-Kasten. Weitere, reichlich zur Auswahl stehende überwiegend exotisch-gemüsigen Verlockungen werden separat berechnet. Der freundliche Service erklärt dem überforderten Gast gerne das Prinzip. Die kombinierten Speisen kamen flott auf den klassisch eingedeckten Tisch und boten wirklich keinen Anlass zur Beanstandung. Das hervorragend gewürzte Tartar schmeckte zum Reinlegen, der üppige Salat Nicoise, die zarte Miniatur-Perlhuhnbrust mit formidabler Sauce und die originale Kalbsbratwurst vom legendären Züricher „Sternengrill“ waren ebenfalls sensationell. Die Zigarette danach auf der Terrasse mit Blick in den denkmalgeschützten Park empfiehlt sich auch für kunstbeflissenen Nichtraucher.

Stadtmitte, Jakobistr. 6 a

Ein georgisches Restaurant ist auch in der äußerst international aufgestellten düsseldörflichen Gastronomielandschaft etwas Besonderes. Die klassisch-traditionellen Gerichte des transkaukasischen Landes an der alten Seidenstraße dürften nicht vielen Feinschmeckern bekannt sein. Dabei ist die georgische Küche eine der ältesten und abwechslungsreichsten der Welt. Sie galt als die Haute Cuisine der sowjetischen Esskultur. Dabei profitiert sie nicht nur von den vielen Einflüssen der Händler, sondern von einer für Ackerbau und Viehzucht klimatisch gesegneten Region. Orientalische Gewürze, okzidentale Fleischzubereitung (insbesondere Schwein, Hammel, Rind und Wild) sowie volle Aromen von Gemüse-, Obst- und Kräutern sorgen bei intensiv gewürzten, zum Teil spannend zu verspeisenden Variationen euroasiatischer Fusionen für gustatorische Sensationen.

Das äußerst sympathische Pepella ist ein würdiger Vertreter der Georgischen Küche. Hier wird authentisch und mit Liebe gekocht. Bei typischen (Vor-) Speisen wie gegrillte Paprikas und Auberginen, Spinat-Rote Bete-Möhren-Bällchen, Champignonsalat oder rotem Bohnenmus mit mariniertem Gemüse können auch Vegetarier und Veganer jubeln. Sie dürfen sich auch an den dominanten Begleitern Maisbrot (Mchadi) und Walnusspaste (Baji) delektieren. Neben der Baumnuss werden auch gerne Mirabellen (mild-süß), Tomaten (fruchtig) und Peperoni (sehr scharf) zu Saucen und Pasten verarbeitet. Für Karnivore gibt es pikante Hackfleischrollen, in Weißwein gegartes Kalbfleisch oder ein zartes Schaschlik vom Grill. Berühmt-berüchtigt sind die Chatschapuri, die mit Käse gefüllten butterweichen Teigtaschen, die im Mund zu schmelzen scheinen.

Fischliebhaber müssen sich mit den legendären und facettenreichen Trinksitten der Georgier trösten. Die Auswahl an georgischen Getränken ist enorm und reicht von der extrem leckeren Estragon-Limonade über exzellente Weiß- und Rotweine (die dort seit 7000 Jahren angebaut werden) bis zu Wodkas und Brandys. Probieren sollte man den Tresterbrand „Chacha“, der nach einem ausgiebigen Mahl wohltuende Dienste leistet.

Pempelfort, Augustastr. 30 www.pepella-duesseldorf.de

Für den frischen Wind, der seit Mitte Mai im geschichtsträchtigen Landgasthof — jung Gebliebenen noch als „Tanzpalast“ bekannt — weht, sorgt nicht nur die neue Klimaanlage. Das ambitionierte Pärchen Servicefachfrau Melanie Lorbach und Küchenchef Dennis Schürmann, die in den USA Berufs- und Lebenserfahrung sammelten, haben nun ihr erstes Restaurant eröffnet.

Der jungenhaft wirkende Schürmann (31) veredelte seine handwerklichen Fähigkeiten in den ersten Adressen seiner Heimatstadt: Breidenbacher Hof, Lido und zuletzt im Sternerestaurant Behrens am Kai. Nun versuchen die beiden Twens im Fleher Hof den Spagat zwischen Blutwurst und Bordeaux, zwischen heimeligem Traditionslokal und gehobener Gastronomie.

Die Speisekarte macht es sowohl Rheinflaneuren mit kleinem Appetit wie gierigen Gourmets leicht. Sie listet frische französische und rheinische Gerichte nebeneinander auf, viele in kleinen und großen Portionen: Allerlei von der Artischocke neben Düsseldorfer Senfsuppe, gratinierte Burgunderschnecken neben Himmel & Ääd, Coq au Vin (vom Maishähnchen) neben Rheinischen Sauerbraten. Das obligate Wiener Schnitzel stammt natürlich vom Kalb, wird in Butterschmalz gebraten und von einem delikaten Kartoffel-Gurkensalat begleitet. Die Hausweine steuerte einer der angesagten rheinhessischen Winzer bei. Ein paar ansprechende Kreszenzen befinden sich auch im offenen Ausschank.

Die modern, aber gemütlich eingerichtete Gaststätte fasst 50 Personen, etwas weniger finden auf der Terrasse Platz. Mehr Flehe geht nicht:

Flehe, Fleher Str. 254, www.fleherhof.com

Die beiden ehemaligen Miss Moneypenny-Wirtinnen hatten offenbar nach zehn Jahren an der Brunnenstraße und insgesamt 25 in der Gastronomie von derselben die Nase voll. Mit dem Altstadtpizzeria-Betreiber Itum „Oscar“ Zejneliji wurde nach vierwöchiger Schließungszeit ein Nachfolger gefunden. Die gute Nachricht: Die Miss ist wieder geöffnet. Die schlechte: Leider hat sie unter dem neuen Konzept viel an altem Charme eingebüßt.

Zwar wurde weder am Interieur, der Musik- und Kuchenauswahl nichts geändert, aber sowohl das einst auch für extreme Langschläfer servierte Frühstück und die täglich wechselnden Mittagsofferten (sowie die Website) sind ersatzlos gestrichen worden. Nun gibt es ganztägig das beliebte Kombi-Kastenprinzip mit den allgegenwärtigen Pasta-, Salat-, Burger- und Flammkuchen-Variationen - was mittags schon mal zu längeren Wartezeiten führt. 08/15 statt 007!

Unterbilk, Brunnenstr. 2