Durchbruch nach Wehrhahn-Attentat: Viel Lob für die LKA-Profiler

Aus den Spuren am Tatort ziehen sie Rückschlüsse auf den Täter — die zwölf Experten aus Düsseldorf sind in ganz NRW im Einsatz.

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Düsseldorf. Für viele gehören sie ins Fanstasie-Reich amerikanischer TV-Serien, doch in dieser Woche hatten sie bei der Verhaftung des mutmaßlichen Bombers vom Düsseldorfer Wehrhahn ihre große Stunde: die Profiler des Landeskriminalamtes. Sie erklären, wie ein Täter denkt — ohne ihn überhaupt zu kennen.

2000 wurde das Sachgebiet „Operative Fallanalyse“ — kurz Ofa — beim Düsseldorfer LKA gegründet. „Es hat eine große Wandlung erlebt“, erklärt Frank Scheulen, Sprecher der Behörde. Hätte die Polizei die Ofa gleich nach dem Anschlag am S-Bahnhof, der ebenfalls 2000 geschah, mit den vorhandenen Spuren eingeschaltet, die Erkenntnisse wären wohl spärlich ausgefallen. Inzwischen sind die zwölf Mitarbeiter aber echte Spezialisten, so Scheulen: „Unsere Profiler sind ausschließlich Kriminalbeamte, die im Bereich Tötungs- und Sexualdelikte umfassende Erfahrung haben. Sie wissen, wovon sie sprechen.“ Und sie verfügten heute über gute Netzwerke. „Wir blicken jetzt auf die Erfahrung von knapp 200 Fällen zurück.“

Darunter der Entführungsfall Mirco vor sechs Jahren, bei dem die LKA-Experten früh voraussagten, der Täter verfüge über gute Ortskenntnisse, führe einen unauffälligen Lebensstil, sei wohl Familienvater — alles zutreffend, wie sich später herausstellte. Und der Doppelmord an den Kindern Tom und Sonja aus Eschweiler im Jahr 2003.

Die Mordkommission, so erklärt Scheulen, steht in solchen Fällen von Anfang an unter massivem Druck. Die drei bis vier Profiler eines Fallanalyse-Teams hingegen könnten sich die Zeit für einen Blick von oben nehmen. So auch jetzt auf die umfangreiche Akte des Wehrhahn-Anschlags. „Eine Fallanalyse dauert mehrere Tage, in denen sich die Gruppe einschließt und nichts anderes macht“, so Scheulen. Sie unterteilt die Tat in einzelne Phasen; vollzieht nach, wie der Täter handelt — und zieht daraus Rückschlüsse auf ihn. Auch das gewachsene Netzwerk wird zu Rate gezogen — Psychiater, Gerichtsmediziner, Kriminologen.

Die neuen Erkenntnisse, welche die Düsseldorfer Ermittler über den Verdächtigen Ralf S. gewonnen hatten, wurden den Profilern nicht übergeben. Sie arbeiteten nur mit dem, was vom Tatort, von der Bombe bekannt war. Und doch konnten sie rasch eingrenzen, dass etwa der Täter die Opfergruppe durchaus gekannt und ausgespäht hatte, wie es bei der Pressekonferenz nach der Festnahme des 50-Jährigen hieß. Insgesamt sechs sehr spezielle Kriterien der Täterpersönlichkeit haben die Spezialisten herausgearbeitet — über seine „innere Einstellung und logistischen Fähigkeiten“, erklärt Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück. Und alle sechs passten haargenau auf Ralf S., der jetzt in Untersuchungshaft sitzt — mehr freilich will Herrenbrück vor einem möglichen Prozess nicht verraten.

Profiler wie beim NRW-Landeskriminalamt gibt es heute in jedem Bundesland. Sie seien Dienstleister und arbeiteten eng mit den Mordkommissionen zusammen. „Es ist inzwischen sehr, sehr große Akzeptanz vorhanden“, sagt Scheulen. Eine Anerkennung der Arbeit wie jetzt nach dem Durchbruch in den Wehrhahn-Ermittlungen freue die Spezialisten dennoch: „Das ist das Ergebnis von 17 Jahren beharrlicher Arbeit.“