Ehrung für Zivilcourage: Düsseldorfer fangen Diebe und Räuber

14 Menschen, die im Notfall halfen, wurden im Rathaus für ihren Mut ausgezeichnet.

Düsseldorf. Als die 15-jährige Patrizia Müller im April aus dem Küchenfenster zwei Männer sieht, die immer wieder gegen die Tür ihres Nachbarn drücken, ahnt sie sofort: „Die wollen einbrechen.“ Ihre Mutter glaubt zunächst nicht daran — bis das Duo über den Zaun in den Garten des Hauses nebenan springt und kurz darauf ein lauter Knall ertönt. Sofort wählt Patrizia den Notruf. Die Polizei kann die Einbrecher noch im Haus festnehmen.

Jetzt ist Patrizia Müller stolz darauf, einer von 14 Düsseldorfern zu sein, die gestern im Rathaus für ihre Zivilcourage geehrt wurden. „Viele hätten wahrscheinlich gar nicht hingeschaut“, meint sie — auch wenn es ihr ein bisschen peinlich zu sein scheint, dass sie in ihrem Viertel in Hassels jetzt als Heldin gilt.

Jedes Jahr ehrt die Stadt mutige Bürger mit der silbernen Ehrennadel der Aktion „Düsseldorfer Courage“ — seit 14 Jahren (siehe Text unten). 177 Menschen insgesamt haben diese Auszeichnung bisher erhalten. Weil sie Vorbild für andere seien, sagte Ordnungsdezernent Stephan Keller als Vorsitzender des Kriminalpräventiven Rates gestern den diesjährigen Geehrten.

Unter ihnen sind auch Özlem Uslu und Irina Rat. Die Freundinnen wollen im Sommer vergangenen Jahres zur Arbeit gehen, als sie an der Volmerswerther Straße einen jungen Mann sehen, der die Seitenscheibe einer schwarzen Limousine einschlägt, eine Tasche und einen Fotoapparat aus dem Wagen stiehlt. „Wir wollten rufen, hatten aber vor Aufregung gar keine Stimme“, erinnert sich Irina Rat. Also entscheiden sich die Frauen, den Notruf zu wählen und den Täter ganz genau zu beschreiben. Dann sprechen sie den 35-jährigen Sebastian Haus an, der zufällig in der Nähe ist. Sofort springt er in sein Auto und nimmt die Verfolgung des Diebes auf, hält über sein Handy Kontakt zur Polizei. „Sie haben ihn erwischt“, freut sich Özlem Uslu noch heute. „Er wurde sogar schon gesucht.“

Vollen Einsatz zeigt auch Sabine Waczenski (47) im vergangenen November, als sie mit ihrer Freundin Anke Endemann (sie konnte nicht zu der Ehrung kommen) in Benrath shoppen ist. „Da stand ein älterer Mann vor uns, der völlig geschockt war, weil man ihm gerade sein Geld geraubt hatte.“ Mit einer Spendenkladde hatten zwei Frauen ihn abgelenkt und sich dann 200 Euro aus seiner Tasche gegriffen. Das Glück des Mannes: Die Täterinnen sind noch in der Nähe. Und noch größeres Glück: Sabine Waczenski zögert nicht eine Sekunde, verfolgt die Frauen.

Als sie jene auf den Vorwurf anspricht, wirft eine vier 50-Euro-Scheine vor Waczenski auf den Boden. „Das war für mich ein Schuldeingeständnis“, sagt die 47-Jährige. Sie greift die Frau am Arm und hält sie fest, bis die Polizei kommt. Um sie herum hat sich ein Pulk gebildet — helfen will aber niemand. Dass sie es getan hat, darüber ist sie bis heute glücklich: „Wenn keiner eingreift, denken diese Menschen doch, sie kommen damit durch.“ Und das kann ein zivilcouragierter Mensch schließlich nicht zulassen.