Freizeit Ein schöner Tag in der Urdenbacher Kämpe

Düsseldorf · Im Süden von Düsseldorf befindet sich ein Stück fast unberührter Natur. Das Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe soll Rheinhochwasser auffangen.

Ein Bauer mit seinem Trecker bei der Arbeit am alten Rheinarm.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Die Urdenbacher Kämpe sind ein kleines Paradies: traditionelle Streuobstwiesen, stimmungsvolle Auenwälder und der idyllische Rhein-Altarm beherbergen seltene Tier- und Pflanzenarten. Das Gelände lebt davon, dass der Rhein hier keinen Deich hat und bei Hochwasser weiträumig über die Ufer treten kann. „Die Kämpe laufen voll wie eine Badewanne“, sagt Jörg Schwenzfeier-Brohm, der als Auen-Erlebnisbegleiter interessierten Gruppen das Naturschutzgebiet näherbringt. Die breite unverbaute Aue bietet so einen natürlichen Hochwasserschutz, gleichzeitig bleiben typische Lebensräume auch bei wechselnden Wasserständen erhalten.

Dass es keinen Deich gibt, ist das Verdienst der beiden Großgrundbesitzer Freiherrn von Diergardt und dem Grafen von Nesselrode. Sie wehrten sich in den 1930er Jahren gegen die Deichbaupläne des Nazi-Regimes. „Ihr Argument war, dass die wiederkehrenden Hochwasser Nährstoffe bringen, die Äcker und Wiesen der Kämpe fruchtbar halten“, sagt Diplom-Biologin Elke Löpke, Geschäftsführerin der Biologischen Station Haus Bürgel. In den Kriegswirren blieben die Pläne liegen, das Projekt wurde nie umgesetzt. „Aus heutiger Sicht war das sehr weitsichtig. Mittlerweile werden Deiche eher zurückgebaut“, sagt Löpke.

Das Gelände entstand durch die Willkür der Natur: Dort, wo vor 700 Jahren der Hauptstrom des Rheins floss, nimmt heute der Urdenbacher Altrhein als Bach seinen Lauf. 1374 hatte ein Extremhochwasser den Flussverlauf verändert, bei dem der Rhein sein heutiges Flussbett einnahm. Seitdem werden die Urdenbacher Kämpe nicht mehr östlich, sondern westlich vom Rhein umströmt.

Eine Infotafel am Urdenbacher Altrhein.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Bis in die 1970er Jahre wurden die Urdenbacher Kämpe landwirtschaftlich traditionell kleinteilig genutzt. Nach dem Kauf durch die NRW-Stiftung und die Stadt Düsseldorf wurden Parzellen zusammengelegt, Zäune und Viehtränkbrunnen errichtet, so dass die Beweidung wieder attraktiv wurde. Heute organisiert die Biologische Station Haus Bürgel die Nutzung: Landwirte aus der Region lassen ihre Rinder und Schafe unter den Obstbäumen weiden, ein Imker hält hier Bienen, die Obstbaumpflege und Ernte übernimmt die Biostation.

Wie wertvoll dieser natürliche Lebensraum ist, hat auch die Europäische Union erkannt: Die Urdenbacher Kämpe sind seit 2014 FFH-Gebiet. Das sind spezielle europäische Schutzgebiete, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden und dem Schutz von Pflanzen, Tieren und Lebensraumtypen dienen. Thematische Wanderwege führen durch das Naturschutzgebiet und klären über die ökologische Vielfalt in der Urdenbacher Kämpe auf.

Auch an den Streuobstwiesen gibt es Erklärtafeln.

Foto: Anke Strotmann

1. Streuobstwiesen Die Streuobstwiesen prägen seit Ende des 19. Jahrhunderts das Bild der Urdenbacher Kämpe. Sie werden als Mähwiesen oder Viehweiden genutzt. Vom Parkplatz am „Piels Loch“ in Urdenbach führt ein asphaltierter Weg durch die Kämpe vorbei an den Streuobstwiesen, in denen Meisen, Grünspechte und der seltene Steinkauz zu Hause sind. Hier wachsen mehr als 50 alte Apfel- und Birnensorten, darunter auch die Rote Sternrenette und die Apfelsorte Kaiser Wilhelm. Der Pomologe Carl Hesselmann aus dem Bergischen Land setzte bei Kaiser Wilhelm I. für die Verwendung seines Namens für „diesen wahrhaft majestätischen Apfel“ ein. Erntehelfer helfen ein Mal im Jahr, das Obst von den Bäumen zu schütteln.

2. Ausleger Die Straße „Zum Ausleger“ wird gleichermaßen von Spaziergängern, Radfahrern und Autos genutzt, um die Rheinfähre nach Zons zu erreichen. Der Name „Ausleger“ ist nach Angabe des Stadtführers Wolfgang Keil historisch bedingt: „Der Urdenbacher Hafen war Hauptumschlagplatz für die Bergischen Kaufleute“, sagt Keil. Neben Waffen wurden Kohle, Bauholz und Mühlsteine hier umgeschlagen. Um zu verhindern, dass Schiffe, die rheinabwärts am Hafen vorbeifuhren ohne Zoll zu zahlen, wurde nachts und bei schlechtem Wetter ein Kahn ausgelegt. „Wenn der Wachmann ein Signal gab, wurde eine Kette gezogen und das Schiff musste stoppen“, erklärt Keil. Heute wird der Ausleger von der Rheinfähre täglich bedient, die von vielen Berufspendlern und Ausflügler genutzt wird.

3. Haus Bürgel Im Haus Bürgel finden sich Überreste eines spätrömischen Militärkastells. Der heutige Vierkanthof zeichnet den Verlauf der Kastellmauern noch weitgehend nach. Seit 1989 ist Haus Bürgel Eigentum der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege. Sie ermöglichte die Restaurierung und beherbergt heute drei Nutzungen: Die Biologische Station Haus Bürgel, die Urdenbacher Kämpe und andere Naturschutzgebiete betreut. Im Römischen Museum Haus Bürgel werden archäologische Funde ausgestellt. Die Kaltblutzucht Reuter züchtet rheinische Kaltblutpferde, betreibt eine Pferdepension und bietet Planwagen- und Kutschenfahrten an.

Auf Kühe auf der Weide treffen Spaziergänger häufig.               

Foto: Anke Strotmann

4. Urdenbacher Altrhein Seit 2014 kann der Urdenbacher Altrhein seinen Lauf über 2,5 Kilometer neu gestalten. Der ehemalige Sommerdeich am Rande von Urdenbach wurde an zwei Stellen geöffnet. Jedes Rheinhochwasser und jeder Starkregen lassen den Bach nun ausufern. Über zwei Brücken gelangen Spaziergänger auf einen Pfad, der mitten durch die fantastische Landschaft führt und ermöglicht, Überflutungen hautnah zu erleben. Die Landschaft wandelt sich allmählich: im Sommer ragen einzelne abgestorbene Pappeln aus dem dichten Grün. Im Winter bilden kahle Bäume in den überfluteten Auen eine unwirkliche Landschaft. Vogelfreunde können den roten Milan und Graureiher erspähen.

5. Urdenbach Das Dorf mit Herz, wie es seine Bewohner nennen, wirkt mit den Fachwerkshäusern manchmal wie aus einer anderen Zeit. In dem Düsseldorfer Stadtteil leben heute etwas mehr als 10 000 Einwohner. Der Ort erlebte im 16. Jahrhundert seine Blüte, was ein eigenes Gericht aus dem Jahre 1535 belegt, das für den Bereich Monheim, Benrath, Itter und Himmelgeist zuständig war. Einige noch vorhandene Handels- und Patrizierhäuser im alten Ortskern zeugen von der Vergangenheit als Handels- und Produktionsort für Töpferwaren, Ziegel und Dachpfannen. Das Ausflugslokal „Extratour“ am Rande der Kämpe lädt nach einer ausgedehnten Wanderung zu einer Rast ein.