Einkaufen und Ausgehen: ein Erlebnis
Nach zwei Monaten in San Diego ist mittlerweile so etwas wie Alltag eingekehrt. Ich habe mich daran gewöhnt viel mit dem Auto unterwegs zu sein. Ein öffentliches Verkehrssystem gibt es hier nicht wirklich.
San Diego. In San Diego ist man ziemlich stolz auf seinen "Trolley" . Er sieht ein bisschen aus wie die Straßenbahnen in San Francisco, verglichen mit europäischen öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Ganze jedoch eher bescheiden. Wenn man hier mit dem Bus fährt, kann das zum Abenteuer werden. Es ruckelt und schaukelt und ab und zu hört man einen Knall. Wenn man einmal hinter einem Bus fahren musste, sieht und hört man, woher das Geräusch kommt: Fehlzündungen machen sich mit schwarzen Rauchfahnen auf ihren Weg durch den Auspuff. Nicht gerade umweltfreundlich, aber immerhin wurde hier in San Diego überhaupt ein Verkehrssystem aufgebaut. Der Durchschnittsamerikaner fährt nämlich normalerweise nur mit dem Auto und das darf auch ruhig schon mal "aufgewärmt" werden, bevor man losfährt. Zwischen Serviceorientiertheit und Selbstbedienung Ein bisschen "Größenwahn" und ein bisschen mehr Verschwendung erlebt man beim Einkaufen. Frischkäsepackungen können ruhig mal 700 Milliliter fassen und die schnöde Milchtüte von einem Liter, gilt hier eher als Sparformat, passen in die Durchschnittspackung doch knapp 5 Liter. Auch das Umrechnen von Pfund und Gallonen in Liter oder Kilogramm ist beim Einkaufen etwas lästig. An der Kasse erlebt man als Europäer aber die vielleicht größere Überraschung. Neben dem Kassierer steht immer jemand an der Kasse, der einem die gekauften Artikel in Tüten packt. Nicht unbedingt das Schlechteste, wenn man ansonsten beim Tempo der Aldi-Kassiererin ins Schwitzen gerät. Es werden hier jedoch lediglich circa vier bis maximal fünf Teile in eine Plastiktüte gepackt. Auch die Flasche Cola wird einzeln in eine solche Tüte gepackt. So schleppt man selbst bei einem kleinem Einkauf sechs Tüten nach Hause. Bei dem Versuch um so wenig Tüten wie möglich zu bitten, wird man dann erstmal etwas schräg angeschaut. Das Umweltbewusstsein der Kalifornier besteht hier lediglich darin, nach "Plastik- oder Papiertüte?" zu fragen. Wenn man versucht selbst schnell einzupacken, um wenig Tüten zu gebrauchen, wird das eher als unhöflich betrachtet. Es entspricht ja nicht dem Service-Gedanken, der hier groß geschrieben wird. Anders beim Bezahlen: Wenn man die EC-Karte über den Tresen reicht, heißt es da: "Bitte, dort vorne selbst durchziehen." Selbstbedienung ist auch beim Tanken angesagt, aber es funktioniert anders als bei uns. Als meine deutsche Mitbewohnerin Rebecca und ich das erste Mal tanken mussten, standen wir ziemlich ratlos vor der Zapfsäule. Zapfschlauch rein in den Tank, aber nichts tat sich. Als wir den Tankwart um Hilfe baten, kam er ziemlich ins Schmunzeln. "Wir Amerikaner sind misstrauisch, deswegen zahlt man bei uns vor dem Tanken", erklärte uns der Tankwart. Das funktioniert indem man entweder an einen Automaten neben der Zapfsäule mit Kreditkarte oder Bargeld zahlt, oder aber man geht in die Tankstelle und sagt, dass man einen Betrag für eine bestimmte Säule zahlen möchte. Nach dem Tanken geht man dann für eventuelles Wechselgeld wieder rein und holt sich das Wechselgeld. Weniger ist mehr - das gilt hier vor allem beim Ausgehen Neben diesen "Entdeckungen" wundern sich die europäischen Studenten hier auch über andere Sachen. Mittlerweile war ich mit ein paar deutschen Kommilitonen feiern. Dafür geht man hier "downtown". Dort sind die meisten Clubs, Bars und Restaurants. Auf den ersten Anschein wirkt alles sehr nett, bis auf die Tatsache, dass der Eintritt meistens sehr teuer ist. Das "wie" beim Ausgehen ist aber viel wichtiger, denn es unterscheidet sich enorm von dem, wie ich es aus Deutschland kenne. Kleidung ist für manche eher ein Accessoire. Die meisten Frauen, die wir an unseren Abenden in Downtown gesehen haben, trugen geschätzte drei Zentimeter lange Röcke und Schuhe mit sehr, sehr hohen Absätzen. Getanzt wird hier eher mit bestimmten Körperteilen oder -zonen. Auf diese Weise erhält man gelegentlich auch mal Einblicke, die man nicht unbedingt haben muss. Dass Ausgehen hier oft mit "So-wenig-Kleidung-wie-möglich" gleichgesetzt wird, sieht man auch abends rund um den Campus. Als ich an einem Abend etwas später mit meiner amerikanischen Kommilitonin Kayla über den Campus ging, kamen uns sehr leicht bekleidete Studentinnen entgegen. Diese Studentinnen waren auf dem Weg zu den sogenannten Verbindungsparties, die hier regelmäßig unter der Woche stattfinden. Als ich Kayla daraufhin erzählte, dass wir uns beim Ausgehen ziemlich über die extrem freizügige Kleidung der Amerikaner gewundert hätten, sagte sie mir: "Das ist normal! Es gibt auch ABC-Parties in den Verbindungshäusern", fuhr Kayla weiter fort. Ich sah sie etwas verwundert an. "ABC-Parties?" "Ja, Anything But Clothes (Alles außer Kleidung)". Auf diese Parties gehen die Studenten dann auch mal nur mit Klebeband an den wichtigsten Stellen "bekleidet". Die prüden Amerikaner. Eine unendliche Geschichte.