Fair und Bio handelt sich gut

Produkte aus nachhaltiger Produktion setzen sich immer stärker durch. Vor allem wegen ihrer guten Qualität.

Düsseldorf. Mitten in der Backstube leuchtet eine rote Alarmlampe. "Wenn wir zu viel Strom verbrauchen, springt die an und mahnt uns, Energie einzusparen", erklärt Georg Kretzschmar. Es ist nur eine von vielen Entwicklungen, die das Arbeiten in Kretzschmars Backstube an der Ulmenstraße nachhaltig machen. Kretzschmar ist überzeugter Bäcker - ganz traditionell und doch innovativ.

Im Bäckerhandwerk ist das nicht selbstverständlich. Halbfertigprodukte aus der Industrie machen fast jedem Bäcker das Leben leichter. Georg Kretzschmar nicht. Er setzt jeden Tag selbst Sauerteig an, der 24 Stunden zur Reifung braucht. Dafür braucht man Roggen. Modernen Kulturroggen verträgt nicht jeder, und verarbeiten lässt er sich auch nicht leicht. Deswegen hat Kretzschmar sich auf eine alte Roggensorte besonnen, die ein Bauer bei Köln nur für ihn anbaut.

Der trifft in der Backstube dann auf Wasser, das durch einen speziellen Vorbau am Wasserhahn fließt, damit mehr Sauerstoff in den Sauerteig kommt. Ungewöhnlich auch die Idee mit dem Trockensauerteig: Damit er immer etwas vorrätig hat, hat Kretzschmar eine Technik entwickelt, Sauerteig als Fertigprodukt vorzuproduzieren. Im Hinterhof des Ladens werkelt derweil eine eigene Mühle, die das benötigte Korn selbst mahlt.

Viele kleine Schritte, die die Bäckerei Hercules, die Kretzschmar seit 1978 betreibt, zu einer besonderen Bäckerei gemacht haben. Sechs Mitarbeiter in der Backstube und vier im Verkauf helfen dabei. "In diesem Betrieb geht Vertrauen vor Gehorsam, Selbstbestimmung vor Autorität", hängt als Betriebsphilosophie an der Wand. Georg Kretzschmar geht ungewohnte Wege. Und nachhaltige. Aus Überzeugung, vor allem aber, weil es oft die besseren Wege sind.

So verwendet der Bäckermeister ausschließlich Zutaten aus biologischem Anbau. "Nicht, um in die Bio-Ecke zu kommen, sondern nur, weil ich so die qualitativ hochwertigsten Produkte bekomme", sagt er.

Nach dieser Philosophie arbeiten immer mehr Läden in Düsseldorf. Produkte aus biologischem Anbau boomen. Zahlreiche Bio-Supermärkte und Geschäfte überall in der Stadt zeugen davon. So viele gibt es da mittlerweile von, dass in Zusammenarbeit mit der Lokalen Agenda ein eigener Öko-Stadtplan mit allen Adressen erschienen ist.

Eine davon ist Martin Lessings Laden El-Martin an der Nordstraße. Der 47-Jährige verkauft dort ausschließlich Produkte, die aus fairem Handel stammen; Kaffee, dessen Bauern von den Verkaufserlösen leben können oder Spielzeug, das nicht von Kindern hergestellt wurde. Lessing ist Pionier. Denn er ist der einzige, der einen Eine-Welt-Laden als Händler betreibt, der also von seinen Erlösen leben muss. Bisher waren die Eine-Welt-Läden eine Domäne von Ehrenamtlern.

Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass die Fairhandels-Bewegung noch immer ein Nischendasein fristet. "Anders als etwa die Bio-Lebensmittelhändler hat die Fairhandelsbewegung nicht von Anfang auf professionelle Strukturen gesetzt", sagt Lessing. Negativer Nebeneffekt: viele der Läden leiden unter abseitigen Lagen und wegen der Ehrenamtlichkeit ständig rotierenden Mitarbeitern.

Anders bei Lessing. Im Inneren dominieren helle Holztöne, Martin Lessing selbst oder eine seiner drei Mitarbeiterinnen empfangen die Kunden zu normalen Öffnungszeiten. Überhaupt will Martin Lessing ein normales Geschäft führen. Sein Ansatz ist dabei ähnlich, wie der von Bäcker Kretzschmar: "Ich will über die Qualität meiner Produkte die Kundschaft locken, der Fairhandelsgedanke steht erst an zweiter Stelle", sagt Lessing. Nur so könne das Randgruppen-Image der Branche aufgehoben werden.

Dafür hat Lessing mit einigen Traditionen des Eine-Welt-Handels gebrochen. Die Eintrittsschwelle für Normalkunden ist gesenkt. "Früher musste man erstmal an einer Reihe politischer Statements vorbei - das hält die Normalkundschaft aber eher ab", sagt Lessing. Stattdessen gibt es zu jedem Produkt eine Geschichte. Über dessen Tradition etwa oder dessen Produzent. Einkaufen als Erlebnis. Und dabei auch noch Gutes tun.