Fast wie im Hotel - Jugendherbergen stellen sich breiter auf
Flatscreen und eigenes Bad: Das klingt eher nach Hotel. In der Jugendherberge Düsseldorf setzt man auf Geschäftsreisende. Der moderne Bau bietet Tagungsräume und Einzelzimmer.
Düsseldorf. Ein eigenes Zimmer mit Bad - damit hatte Sabrina Kurth in einer Jugendherberge nicht gerechnet. Sie dachte eher an Gemeinschaftsduschen, schlechtes Essen und Spüldienst. Umso erleichterter war sie, dass es in der Jugendherberge Düsseldorf Frühstücksbuffet und Einzelzimmer gibt. Für zehn Tage unterstützt sie als Technikerin eine Journalistengruppe, die in der Jugendherberge tagt. Und das hätten zehn sehr anstrengende Tage werden können. „Ich hab erwartet, dass ich früher aufstehen muss, um mich in der Schlange für die Dusche anzustellen“, sagt sie. „Das ist hier schon fast wie im Hotel.“
Das Konzept der Jugendherberge hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. „Wir bieten unseren Gästen immer mehr Komfort“, sagt Barbara Mott vom Landesverband Rheinland des Deutschen Jugendherbergswerks. Massenschlafsäle und einfache Verpflegung seien das alte Bild einer Jugendherberge. Beim Landesverband möchte man nicht mehr nur Schulklassen und Sportgruppen ansprechen. Familien und Geschäftsleute sind heute gern gesehene Gäste. Das gilt besonders in den Städten. Die Zahlen geben dem Verband Recht: Im Jahr 2014 konnten die Jugendherbergen im Rheinland ihre Besucherzahlen erneut steigern. Die Jugendherberge Düsseldorf liegt direkt am Rhein. Der Neubau wurde 2008 eröffnet.
Hier wirbt man damit, dass Messegelände und Flughafen schnell zu erreichen sind. Es gibt Tagungsräume - in den größten passen bis zu 210 Personen. „Der ist für dieses Jahr schon so gut wie ausgebucht“, sagt Julia Puneßen, Veranstaltungsleiterin der Jugendherberge. Wer das Tagungspaket bucht, bekommt neben dem Mittagsessen auch zwei Kaffeepausen mit einem kleinen Buffett. Das Angebot sei sehr beliebt. „Wir sind günstiger als ein Hotel“, erklärt Puneßen. Viele der Tagungsgäste nutzen die Übernachtungsmöglichkeiten in der Jugendherberge. Es gibt 25 Doppelzimmer, die auch als Einzelzimmer gebucht werden können. An der Wand hängt hier ein kleiner Flachbildschirm, es gibt Internetanschluss.
Das einzige, was noch an eine Jugendherberge erinnert, sind die Schlösser an den Schränken. „Manchmal schlafen in den Zimmern ja auch Leute, die sich gar nicht kennen“, sagt Puneßen. Das sei zwar in den Doppelzimmern eher nicht der Fall, aber in den Vier- oder Sechsbettzimmern. „Was uns von einem Hotel unterscheidet: Auf den Zimmern gibt es keine Minibars oder Telefone.“ Ansonsten haben alle Zimmer eine eigene Dusche mit separater Toilette. Nur den Fernseher gibt es lediglich in den Doppelzimmern.
Das Jugendherbergswerk ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, Jugendherbergen profitieren von staatlicher Förderung. Das ärgert Rainer Spenke vom Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein. „Die Jugendherbergen haben fast Hotelcharakter. Das ist unlautere Konkurrenz.“ Er findet, dass sie sich auf ihre eigentliche Zielgruppe konzentrieren sollten: Jugendliche und Familien. „Geschäftsreisende oder Messebesucher gehören da einfach nicht dazu.“ Allerdings kann nicht jeder einfach in einer Jugendherberge übernachten. Dafür muss man Mitglied im Jugendherbergswerk werden. „Die Mitgliedschaft lässt sich einfach online beantragen oder hier vor Ort an der Rezeption“, erklärt Puneßen von der Jugendherberge Düsseldorf.
Familien und Einzelmitglieder über 27 Jahre zahlen 22,50 Euro pro Jahr, für Schulen oder Verbände gibt es gesonderte Konditionen für eine Gruppenmitgliedschaft. Mott vom Landesverband Rheinland legt außerdem Wert darauf, dass sich eine Jugendherberge vor allem durch ihre Philosophie von einem Hotel unterscheide. „Bei uns steht die Gemeinschaft, die gegenseitige Begegnung, im Vordergrund“, sagt sie. Das habe man im Hotel in dieser Form nicht.