Christian Haeger im Portrait „Arbeiten ist wie eine Droge für mich“

Düsseldorf · Krisen kurbeln Goldkäufe an, davon profitiert Christian Haeger. Der Händler macht 170 Millionen Euro Umsatz – und will mehr.

Christian Haeger in seiner Filiale am Düsseldorfer Schwanenmarkt.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Im Leben von Christian Haeger spielt Angst eine zentrale Rolle. Sie ist Teil seines Geschäfts. Und seiner Persönlichkeit. Wenn er auf Partys gefragt wird, was er beruflich macht, antwortet er: Mietwagen. Warum? „Bei einer gewissen Größe muss man einfach aufpassen, mit wem man darüber redet“, meint der 41-Jährige. Und dann redet er. Über seine Geschäfte mit Gold und Diamanten, die immer dann besonders gut liefen, wenn sich Panik breit macht.

„Bei Kriegen, Krisen oder Katastrophen greifen die Leute zu Gold“, sagt er. Er ist seit 2009 dabei und seitdem ist die Welt ja quasi permanent im Krisen- und er damit im Erfolgsmodus. Finanzkrise. Eurokrise. Ukraine-Krieg. Jetzt der Zusammenbruch der amerikanischen Silicon Valley Bank. „Es gibt viele Leute, die in unsicheren Zeiten extreme Angst haben und Gold als letzte Sicherheit sehen.“ Haeger verdient sich daran eine goldene Nase.

Vor 13 Jahren hat er seine Filiale am Düsseldorfer Schwanenmarkt eröffnet, damals ein Kabuff auf 15 Quadratmetern. Mittlerweile ist der Standort groß, lichtdurchflutet, mit Kunstwerken bestückt – und einer von 17 in ganz Deutschland. Nach eigenen Angaben hat Haeger im vergangenen Jahr mit seinen beiden Unternehmen „Haeger Edelmetalle“ und „Rheinische Scheidestätte“ 170 Millionen Euro Umsatz gemacht, knapp drei Millionen davon blieben als Gewinn übrig. Das internationale Wirtschaftsmedium „Financial Times“ zählte Haegers Goldgrube 2022 zu den 1000 Unternehmen in Europa, die am schnellsten wachsen.

Das alles sei aber erst der Anfang, sagt der Düsseldorfer Unternehmer. Sein Ziel: 50 Geschäfte in Deutschland. Schon in fünf Jahren wolle er Marktführer sein, größer als Konkurrenten wie Pro Aurum oder Degussa: „Mich spornt der Wettbewerb an. Ich will mal sagen können, dass ich es mit Milliardären aufgenommen habe.“ Damit meint er etwa die Familie von Finck, die hinter Degussa steht und zu den reichsten im Land zählt.

Persönlicher Reichtum dagegen sei nicht sein Antrieb, meint Christian Haeger. „Er ist ein bodenständiger Typ“, sagt seine Sprecherin. Mag sein. Aber eben auch einer mit Hang zu Status-Symbolen: 40 000 Euro teure Rolex am Handgelenk, Rolls-Royce in der Garage, Mitgliedschaft im Meerbuscher Golfclub. Letzteres sei sein einziges Hobby. „Meine Freundin sagt immer, dass ich rund um die Uhr arbeite“, sagt er. „Und es stimmt: Ich brauche das. Den Druck. Die Kundschaft. Arbeiten ist wie eine Droge für mich.“

Haeger verkaufte mit
19 Jahren den ersten Schmuck

Den ersten Rausch spürte mit zwölf Jahren, als Händler auf dem Trödelmarkt. Da habe er „Zeug“ für seine Eltern verkauft. Maryse und Norbert Haeger haben auf der Bilker Straße einen Handel für Kunst und Antiquitäten, nur einen Steinwurf entfernt von zwei Filialen des Sohnes. Während seine Klassenkameraden den Kater der ersten Partynächte ausgeschlafen haben, sei er als Jugendlicher in den Neunzigern morgens um vier Uhr mit dem Sprinter losgezogen, um abends mit vollen Taschen nach Hause zu kommen. „1000 Mark am Tag, ohne Probleme. Das Handeln lag mir schon immer in den Genen, wie anderen das Fußballspielen.“

Mit 19 habe er seinen ersten Schmuck verkauft, einen Halbkaräter-Diamanten. Wie man Edelmetalle auf Echtheit prüft, habe er da noch nicht gewusst. Erst 2012 in Antwerpen hätten ihm zwei Experten beigebracht, wie man vernünftig bewertet: Farbe, Reinheit, Schliff. Sein Vater habe ihm im ersten Laden gezeigt, wie man Gold mithilfe von Säure testet: Echt, nur vergoldet oder unecht? „Bei den ersten Kunden wusste ich gar nicht, wie man das macht.“

Heute ist Haegers Kundschaft breit gefächert. Da seien Leute dabei, die einmal im Monat eine Silbermünze für 20 Euro kaufen, erzählt er. Andere schickten eine Überweisung von 2,5 Millionen Euro zum Kauf von Goldbarren. Und dann gibt es noch die Panik-Fraktion: „Manche stehen mit einer Tüte voller Bargeld vor der Tür und wollen Münzen oder Barren kaufen.“ Um sicher zu gehen, dass keine Geldwäsche dahintersteckt, werden Ankäufe ab 2000 Euro mit Personalausweis registriert und bei der Finanzaufsicht gemeldet.

Manche Menschen kommen auch mit altem Schmuck vorbei, den kauft Haeger und lässt ihn in einer großen Lagerhalle in Gold, Silber, Palladium und Platin trennen. Daher der Name „Rheinische Scheidestätte“. Demnächst soll die Marke auch auf eigens geprägten Goldbarren stehen. Vor drei Jahren hieß das Unternehmen noch „Scheideanstalt“, dagegen hatte der Düsseldorfer Gold- und Diamantenhändler Ewald Maisenbacher erfolgreich geklagt, weil der Name den falschen Anschein einer offiziellen Behörde erwecke.

Haeger hat das nicht geschadet, er schmiedet neue Namenspläne: Am 1. April bündelt er seine Geschäfte in der „Haeger Holding“, dann soll auch endlich der Umbau seiner Filiale auf der Bilker Straße fertig sein.