Jetzt haben im Jonges-Streit die Anwälte das Wort
Warum beim größten Heimatverein Deutschlands mit harten Bandagen gekämpft wird.
Der verstorbene Oberbürgermeister Joachim Erwin hat mal ein schönes Karnevalslied gesungen: „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde“. Die Mitglieder des auseinandergebrochenen und zurückgetretenen Vorstandes der Düsseldorfer Jonges müssten das Lied eigentlich zu ihrer Hymne machen. Die im Verein gebräuchliche Bezeichnung Heimatfreund gebrauchen sie füreinander wohl nicht mehr. Zusammen ein Bier trinken, wie man es unter Männern macht, und sich aussprechen? „Das kann ich mir nicht mehr vorstellen“, sagt der zum „freiwilligen Rücktritt“ genötigte Detlef Parr.
Also Heimatfeinde. So weit ist es gekommen im Jahr des 80-jährigen Bestehens von Europas größtem Heimatverein, wie die Jonges sich stolz nennen. Mehr als 2500 Mitglieder sind eine imposante Zahl. Vor ihren Augen hat sich in den letzten Monaten ein beispielloses Netz aus Streit, Eifersucht, Misstrauen und Missgunst entfaltet. Vorläufiger Höhepunkt: Der Anwalt Parrs hat Schreiben in Richtung Günter Schwaderlapp und Harald Wellbrock abgeschickt. Der ehemalige Präsident fühlt sich verleumdet und fordert Unterlassung — die beiden ehemaligen Vorstandskollegen sollen ihn nicht weiter verdächtigen, mit Mitteln des Heimatvereins nicht korrekt umgegangen zu sein.
Längst wird die Schlacht auf allen Kanälen geführt. Es gibt Briefe, Telefonate, auch Facebook ist für die eher betagten Jonges kein unbekanntes Terrain mehr. Hat Parr 2011 zu Unrecht an den Knabenchor Hösel 1200 Euro überweisen lassen? Oder ist alles nur ein Missverständnis, weil zeitgleich Parrs Tischgemeinschaft, die Flimmflämmchen, 1000 Euro anwiesen? „Ich habe noch gesagt, die restlichen 200 Euro zusätzlich zahle ich aus privater Tasche“, sagt Parr.
Wellbrock ist sicher, dass Parr gegen die Satzung verstoßen hat, und verweist auf viele ungenutzte Korrekturmöglichkeiten und Termine. Während Parr notfalls vor Gericht gehen will, lässt Wellbrock der Anwaltsbrief kalt. Der ehemalige Kanzler der Fachhochschule will die Fragen beantwortet sehen. „Uns gegenüber hat Parr nichts aufgeklärt.“
„Uns“, das sind die vier „Abtrünnigen“, neben Wellbrock und Schwaderlapp Alfred Scheufen und Rolf Töpfer. Das Quartett ging 2010 nach der zwölfjährigen Amtszeit von Gerd Welchering in den neuen Vorstand unter Parr. Vor allem den Stadtbildpfleger Töpfer, bereits vorstandserfahren, hätten viele gerne als Baas gesehen. Er winkte wegen seiner beruflichen Belastungen ab — und wurde als Parrs „Beifahrer“ zu dessen stärkstem Widersacher, der immer wieder ins Lenkrad griff. So sieht es zumindest Parr.
Oder ist doch Gerd Welchering Parrs größter Heimatfeind? Der Ehrenbaas gibt sich heute sehr unglücklich. „Ich habe ihn doch selber vorgeschlagen“, sagt er. Den ersten Anstoß jedoch gab Parrs liberaler Parteifreund Horst Jakobskrüger, und Parr fühlte sich nach dem Ende der Bundestagskarriere bereit für ein bedeutendes Ehrenamt, wenn er auch heute sagt, „dass ich keine große Vereinserfahrung habe“.
Vielleicht das größte Manko. Vor allem das fehlende Miteinander kreiden ihm die Kritiker an, den harten Ton, autoritäres Auftreten, den Drang in die Öffentlichkeit, ohne die anderen mitzunehmen. Welchering: „Ich habe ihm gesagt, er muss keinen Wahlkampf mehr führen, die anderen nehmen ihm keine Stimmen weg.“ Parrs Freunde im Ex-Vorstand sprechen dagegen von Eitelkeiten.
Welchering will, dass endlich Schluss ist mit der Schlammschlacht. Dafür machte er sich sogar angreifbar, begrüßte schon vor der Wahl durch die Tischbaase gegenüber dem Amtsgericht die beiden Kandidaten für den zu bestellenden Notvorstand. Und sorgte durch Protest dafür, dass der bis 2010 als Vize-Baas amtierende Hagen Schulte den Saal verließ. Manipulation einer Wahl? „Er hätte ja gar nicht in den Notvorstand gedurft“, sagt Welchering — was Parr anzweifelt.
Beruhigen wird sich wohl alles erst nach einem kompletten Neuanfang. Vielleicht kommt es parallel zu einem Prozess, in dem weitere schmutzige Wäsche gewaschen wird. Das Wort Vetternwirtschaft ist bereits zu hören — Heimatfeinde haben immer noch ein paar Pfeile im Köcher.