Erziehungshilfe Jugendamtsleiter Johannes Horn: Sicherheit der Kinder steht oben an

Düsseldorf · In Corona-Zeiten geht die Stadt neue Wege der Familienberatung. Telefonisch, mit Online-Kursen und in der Not auch immer noch persönlich.

Jugendamtsleiter Johannes Horn hat in Krisenzeiten die Situation von Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen im Blick.

Foto: Judith Michaelis

Johannes Horn, der langjährige Leiter des Düsseldorfer Jugendamtes, kommt gerade aus der Sitzung des städtischen Corona-Krisenstabes, und hat kurz Zeit für ein Telefongespräch mit der WZ. Im Krisenstab geht es auch um das eingeschränkte Leben der Düsseldorfer Kinder, Jugendlichen und ihrer Eltern und um die notwendige Betreuung und Angebote der Jugend- und Familienhilfe, wenn die Einrichtungen und Anlaufstellen für Publikumsverkehr geschlossen sind. Besonders mit dem Augenmerk auf Kinder, die in sozial schwachen oder schwierigen Familien leben.

Betreuung in Corona-Zeiten: Normalerweise bietet die Stadt 28 000 Betreuungsplätze an. Zurzeit können aber stadtweit nur rund 1120 kleine Kinder in der Tagespflege und in Kitas betreut werden. Das ist das Angebot für die Kinder, deren Eltern in den so genannten systemrelevanten Bereichen arbeiten. Aber Johannes Horn betont: „Wir haben von Beginn der Schließungen an alle problematischen Kindverhältnisse mitgedacht.“ Das bedeutet konkret: Auch diese Kinder werden aktuell betreut. Hier greift  die  wichtige  Arbeit des Bezirkssozialdienstes. Die Mitarbeiter wissen, in welchen Familien das Essen fehlt, welche Eltern überfordert sind. Im Zweifelsfall schaut man persönlich vorbei. „Wir müssen die Sicherheit der Kinder ganz oben sehen,“ sagt der Jugendamtschef.

Das gelte auch für die Heime. 300 Kinder leben in Düsseldorf im Kinderhilfezentrum und Heimen anderer Träger, 650 weitere Düsseldorfer Kinder sind stationär und auch außerhalb der Stadt untergebracht. Im Heimbereich musste die Kontaktsperre sichergestellt werden. Das sei teilweise mit Überzeugungsarbeit verbunden gewesen. Die Kinder und Jugendlichen hätten beispielsweise mittels Videokonferenzen Kontakt zu ihren Familien. Alles andere sei nicht möglich. Kinder und Mitarbeiter dürften nicht durch eine mögliche Ansteckung mit dem Virus gefährdet werden. „Die Infrastruktur für den Kinderschutz muss sichergestellt sein“, betont Horn.

Telefon-Hotline zur Erziehungs- und Konfliktberatung für Eltern, Kinder, Jugendliche und Fachkräfte unter der Nummer 899-5334: Seit dem 26. März hat die Stadt diese Hotline eingerichtet. Die Federführung des Netzwerkes hat der Jugend- und Elternberatungsdienst des Jugendamtes. Er arbeitet mit dem Zentrum für Schulpsychologie und den freien Trägern und Vereinen ( AWO, Caritas, SKFM, Pro Mädchen, Diakonie, KiND VAMV, Frauenberatungsstelle, Katholische Ehe- , Familien- und Lebensberatung sowie Deutscher Kinderschutzbund Düsseldorf) zusammen. Die Jugend- und Elternberatung der Stadt fungiert dabei als Schnittstelle. Sie nimmt die Anrufe entgegen und stellt sie – je nach Anliegen – an einen Fachbereich durch.

Diese pädagogisch-psychologische Hilfe am Telefon wird montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr angeboten. Bislang zählt sie täglich laut Horn 20 bis 40 Anrufe. Auf rund 100 pro Tag sind die Psychologen und Sozialpädagogen eingerichtet, die Kapazitäten sind noch nicht ausgeschöpf, eine Beratung ohne Wartezeit ist aktuell gewährleistet, erklärt die Stadt.

Die Hotline richtet sich an Eltern, Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Fachkräfte. Die Themen können vielfältig sein: Es geht um Fragen rund um das Thema Erziehung, familiäres Zusammenleben, neue Herausforderungen in Zeiten von Corona, Ängste, Sorgen, Bewältigung von Konflikten und Krisen. Oder auch um den Umgang mit Medien, Freizeitbeschäftigung, der Betreuung von Kindern mit besonderem Förderbedarf bei Wegfall der Förderangebote und auch dem Umgang mit Aggressionen.

Getrennt lebende Eltern haben an der Hotline Fragen zur Umgangsgestaltung. „Hier werden ohnehin konflikthafte Elternbeziehungen durch die Kontaktsperre und teilweise existentielle Nöte erneut angefacht“, beschreibt der Jugend- und Elternberatungsdienst die Konflikte. Alleinerziehende melden sich, weil sie durch die Doppelbelastung durch ununterbrochene/alternativlose Kinderbetreuung und parallele Home-Office-Tätigkeit an ihre Belastungsgrenzen kommen. Denn in den kontaktlosen Zeiten können sich Eltern nicht mal eben beim Abholen des Kindes in der Kita einen schnellen Rat abholen.

Hat ein Familiengericht nach Trennung oder Scheidung einen begleitenden Umgang der Eltern und Kinder im Beisein einer dritten Person ausgesprochen, könne dies stattfinden, sagt Johannes Horn. Dafür verfüge man über eine Ausnahmegenehmigung, es gehe um das Wohl des Kindes in einer ohnehin schon belastenden Situation.

Kostenloser Elternkurs Triple P, ein Online-Erziehungsprogramm: Eigentlich sollte das Online-Angebot des Jugendamtes erst im August starten. Doch um das häusliche Familienleben in der Corona-Krise zu unterstützen, hat die Stadt es am 3. April freigeschaltet. „Bereits am ersten Tag haben sich 300 Familien dafür kostenlos registriert“, sagt der Jugendamtsleiter. Düsseldorf sei die erste deutsche Großstadt, die eine Kooperation mit dem Unternehmen Triple P (Positive Parenting Program) geschlossen habe.

Das Onlineprogramm richte sich an Eltern mit Kindern im Alter von 2 bis 12 Jahren, die Unterstützung lieber im Internet suchen oder die aus zeitlichen oder anderen Gründen (z.B. momentane Einschränkungen durch das Corona-Virus) keine regulären Beratungs- und Unterstützungsangebote wahrnehmen können. Das Programm besteht aus Übungen, Videos und Arbeitsblättern. Sie bieten die Möglichkeiten, positives Verhalten zu fördern und Problemverhalten vorzubeugen bzw. damit umzugehen. Die Stadt hat Lizenzen für 1500 Familien gekauft. Für Johannes Horn ist es neben der Hotline ein weiteres niederschwelliges Angebot, in Erziehungs- und Konfliktfragen Düsseldorfer Familien in den kontaktarmen Zeiten zur Seite zu stehen. Registrieren können sich Interessierte unter:

Weitere Angebote des Jugendamtes für Kinder, Jugendliche und Eltern gibt es auf dessen Internetseiten. Kinder haben die Hotline-Nummer übrigens auch schon angerufen. Sie sprechen darüber, dass sie Langeweile haben und ihre Freunde vermissen. Manche finden es auch einfach nur blöd, dass die Spielplätze gesperrt sind, weil sie sich ja selbst völlig gesund fühlen. Auch den Kindern werden natürlich Tipps gegeben und auf der Internetseite können sie sich auch ein Erklär-Video zum Coronavirus ansehen.