Von der Idee bis zur Umsetzung So entstehen die politischen Mottowagen

Düsseldorf · Ein neues Buch wirft einen Blick hinter die Kulissen in der Wagenbauhalle und das Team um Jacques Tilly.

 Viele Monate arbeiten Jacques Tilly und sein Team an den politischen Mottowagen.

Viele Monate arbeiten Jacques Tilly und sein Team an den politischen Mottowagen.

Foto: Anke Hesse

Über die Mottowagen im Rosenmontagszug und über ihren Erbauer Jacques Tilly braucht man eigentlich nicht viel zu sagen. Seine Arbeiten werden nach Rosenmontag in vielen bedeutenden Gazetten abgebildet. In diesem Jahr hat er es zum Beispiel in die New York Times, in die Bangkok Post und sogar in die russische Kremlin Press geschafft. Natürlich werden seine Werke dort aufgrund seiner bissigen Satire nicht immer gelobt. Einmal zeigte der Künstler auf einem Wagen den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und einen Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat. Die beiden Männer prosteten sich sichtlich gut gelaunt  zu. Daraufhin empörte sich die türkische Generalkonsulin in Düsseldorf, Ṣule Gürel, über Tilly und forderte das Düsseldorfer Carnevals Comitee offenbar dazu auf, den Wagen zu verhüllen. Allerdings natürlich erfolglos.

Doch wie entsteht eigentlich so ein Mottowagen? Denn von der Idee bis zu dem Zeitpunkt wenn er auf der Straße fährt, passiert eine ganze Menge. Ein neuer Bildband zeigt die Arbeit vor dem Zug und wirft einen Blick hinter die Kulissen der Wagenbauhalle. Und er zeigt auch, wer die Leute sind, die Tillys Skizzen in die gigantischen Großplastiken umsetzen. Herausgeberin des Buches ist Eva Witten, die auch schon verantwortlich für das Tilly-Buch „Despoten. Demagogen. Diktatoren“ war, das bereits in der dritten Auflage auf dem Markt ist.

Wenn man sich aber nur den Materialverbrauch anschaut: Zwölf Kilometer Maschendraht, neun Kilometer Dachlatten, zwei Tonnen Kreidepulver und 1000 Liter Farbe, da kann man sicherlich auch die Nachhaltigkeit eines solchen Projekts in Frage stellen. Doch da widerspricht Tilly: „Ich habe auch keine Lust, für den Karneval Wälder abzuholzen. Daher wird das Holz bei uns immer wieder verwendet. Zudem benutzen wir nur wasserlösliche Farbe und umweltverträgliche Materialien. Auf den Einsatz von Styropor verzichten wir komplett.“

Karneval geht bei Tilly von April bis Februar. Ende April trifft er sich mit seinem Team und beginnt mit dem Bau der Vereins-, Sponsoren- und des Prinzenpaarwagens. Erst etwa zwei Monate vor dem Zug beginnt der Künstler mit der Ideensammlung für die politischen Mottowagen. „Wir wollen ja so aktuell wie möglich sein.“ So geschehen in diesem Jahr mit dem Corona-Virus-Wagen, dem der Karneval die lange Nase zeigte. „Doch inzwischen ist es wohl umgekehrt und der Virus zeigt dem Karneval die lange Nase.“ Doch eines betont der Künstler immer wieder: „Ohne mein Team würde ich das alles nicht schaffen.“ Erschienen ist das Buch im Alibri Verlag, kostet 16 Euro und ist in allen Buchhandlungen in Düsseldorf erhältlich.