Düsseldorf Kinetischer Schmuck von Friedrich Becker wird versteigert

Das Auktionshaus Dorotheum versteigert über hundert Stücke des Düsseldorfer Künstlers Friedrich Becker.

Foto: Lepke

Düsseldorf. Es braucht nur ein Handzeichen, und der Ring schwingt mit. Die Geste des Trägers wird zum Bestandteil des Schmucks. So entsteht eine harmonische Verbindung zwischen dem statischen Material und der Dynamik der Bewegung. Faszinierend. Der Düsseldorfer Künstler Friedrich Becker gilt als Erfinder des kinetischen Schmucks.

Der „kinetische Zweifingerring“ (r.) und der „kinetische Zweifingerbrilliantring“ von Friedrich Becker.

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Über 100 Stücke aus einer Düsseldorfer Privatsammlung werden am 4. November im Auktionshaus Dorotheum versteigert. Charlotte Behr von der Düsseldorfer Dorotheum-Dependance: „Als das bekannt wurde, gab es noch zwei weitere Einlieferungen.“ Einige der bewegten und bewegenden Werke können bei einer Vorbesichtigung am 25. Oktober in der Carlstadt begutachtet werden.

Der „kinetische Zweifingerring“ (r.) und der „kinetische Zweifingerbrilliantring“ von Friedrich Becker.

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Becker bevorzugte eine puristische, fast nüchterne Formensprache, spielte mit Kugellagern, Balance-Elementen und Impulskugeln. Weiche, runde Formen bewegen sich mit geraden Linien und scharfen Kanten auf einem Stück, zum Beispiel bei einem kinetischen Zweifingerring aus Edelstahl aus dem Jahr 1987, der in die Auktion kommt, und mit 1700 bis 2600 Euro taxiert ist. Ein ebenfalls kinetischer Zweifinger-Weißgold-Brillantring aus dem Jahr 1988, 0,85 Karat, soll 5000 bis 7000 Euro erbringen.

Friedrich Becker.

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Die Bezeichnung Schmuck trifft nicht die Dimension dieser Stücke, Beckers faszinierende Kreationen sind Kunstobjekte, Statements. Nicht von ungefähr. Der 1922 in Herdecke geborene und im Sauerland aufgewachsene Künstler hatte eine Maschinenschlosserlehre gemacht und Luftfahrttechnik studiert, bevor er sich in Iserlohn zum Goldschmied ausbilden ließ. In Düsseldorf absolvierte er die Meisterschule für Werkkunst mit „Auszeichnung“. Später lehrte er an der Werkkunstschule.

Viele Düsseldorfer kennen Friedrich Becker eher durch seine Kreationen, mit denen er quasi auch Stadtgeschichte schmiedete, in Millionenauflage zum Beispiel die urheberrechtlich geschützte Urform seines berühmten Radschlägers, der zu den beliebtesten Düsseldorf-Souvenirs zählt. Bereits für 1,90 Euro kann man so einen echten Becker haben. 1958 schmiedete der Künstler die Amtskette für Oberbürgermeister Georg Glock, 1963 eine neue Ratsglocke für den OB, 1965 den Ehrenring, den die Stadt am 25. Mai 1965 Königin Elisabeth bei ihrem Besuch in Düsseldorf verlieh. Seit 1976 dreht sich Beckers Sonnenrad vor der Freizeitstädte Garath, 1985 gestaltete er eine Monstranz für St. Andreas, und 1992 entwarf er für den Rektor der Düsseldorfer Universität, Gert Kaiser, eine Amtskette.

Becker wirkte als Pädagogischer Fachleiter an der hiesigen Werkkunstschule und Anfang der 1970er Jahre als Professor an der Fachhochschule Düsseldorf.

Die Düsseldorfer Goldschmiedin Barbara Schulte-Hengesbach war in dieser Zeit eine seiner Studentinnen und erinnert sich: „Becker war als Professor total nett. Er gab uns jede Menge Anregungen, achtete aber auch darauf, dass wir Distanz zu selbst gewählten Vorbildern hielten und eine eigenständige Richtung verfolgten.“ In Beckers Tradition kreiert Schulte-Hengesbach selbst auch kinetische Ringe — wie der Meister mit winzigen Kugellagern. In ihrem Atelier im Schatten der Kunstakademie kann man die faszinierende Tragesituation erleben.

Friedrich Becker starb am 15. Mai 1997 in Düsseldorf, kurz vor der Verleihung des Ehrendoktor-Titels des Londoner Royal College of Art als erster Goldschmied dieser Institution. Mit der Vergabe des mit 5000 Euro dotierten Friedrich Becker-Preises, einer privaten Stiftung seiner Frau Hildegard Becker, erinnert die Gesellschaft für Goldschmiedekunst an den Meister des kinetischen Schmucks, als dessen Wiege Düsseldorf gilt. Ein schönes Bild, ist doch auch das Kindermöbelstück eine Kreation aus Statik und Dynamik.