Düsseldorf Kino: Pott-Originale faszinieren auch Düsseldorf

Eine Düsseldorferin und ihr Partner jagen echte Typen im Ruhrgebiet. Ihre Doku zeigten sie jetzt im ausgebuchten Kino.

Foto: Judith Michaelis/Gerrit Starczewski

Düsseldorf. „Vokuhila-Bodo“ greift sich mit beiden Händen unter die graubraune Matte und wirft sie in Zeitlupe zurück, bevor er auf seinem Motorrad davonknattert. Das Kino bebt vor Lachen. Kurz darauf wird es aber ganz still. Mit Pipi in den Augen spricht der Bochumer Rocker über seinen Stolz auf den Pott: „Die Leute sind frech und geraderaus — aber ehrlich. Und das ist die Hauptsache!“ Natascha Wiese schaut sich zufrieden um im restlos ausverkauften Metropol-Kino, wo „Pottoriginale“ am Donnerstagabend gezeigt wurde. Es sind Reaktionen, die die junge Düsseldorfer Filmemacherin im Sinn hatte.

Foto: Judith Michaelis/Gerrit Starczewski

Der erste Film der 34-Jährigen ist ziemlich spontan entstanden. Sie war Moderatorin bei einem regionalen TV-Sender. Und hatte Gerrit Starczewski auf der Studiocouch. Der 30-Jährige organisiert seit Jahren im Ruhrgebiet Nacktfußballturniere — als Statement gegen das Blingbling im Profisport. Der gebürtige Oberhausener und die gebürtige Dorstenerin quatschten, auch über „die geilen Typen“, die es im Pott so gibt. Eigentlich, dachten sie, müsste man die mal erzählen lassen. Und das taten sie. Ungeskriptet.

Vor einer manchmal auch wackeligen Kamera schildert „Pommes-Horst“ wie er sich damals in seine Gisela verliebte, weil einfach keine andere Fleischfachverkäuferin so liebevoll ein Schaufenster mit Würsten dekorieren konnte — über 50 Jahre sind sie jetzt verheiratet. „Tankwart a.D.“ beklagt den Verlust einer seiner Krücken bei einem Klobesuch im Stadion, weil die Ordner einen ja heutzutage nicht mehr an den Spielfeldzaun schiffen ließen. Und „Vfl-Jesus“ bekennt, dass seine Kutte mit allen Bochumaufnähern früher mal die eines Schalke-Fans war — er hatte sie ihm im Stadtpark abgenommen. Zwischendurch ergänzt Musiker und Radiomoderator Klaus Fiehe — selbst Pottkind und immer in Schlabberhose unterwegs — geistvoll, das Ruhrgebiet sei deshalb bis heute die toleranteste Region Deutschlands, weil früher unter dem Kohleruß eh alle gleich aussahen.

Die „Pottoriginale“ hatten angefangen als kleine Videohäppchen im Internet. Die einschlugen: Auf Facebook gibt es schon 10 000 Fans dessen, was im Untertitel als „Echte Typen, echte Geschichten, local heroes“ bezeichnet wird. Als ein Bochumer Open-Air-Kino auf Wiese und Starczewki zukam und um eine Aufführung bat, schnitt die Düsseldorferin binnen weniger Wochen eine einstündige Doku zusammen. „Ich habe viele Nachtschichten eingelegt.“ Inzwischen wurde „Pottoriginale auch in Köln, Berlin und Hamburg gezeigt. Die Show in Düsseldorf war nach drei Tagen ausgebucht.

Dass die Faszination Pott selbst in der „Schickimicki-Blase“ um die Kö zieht, kann sich Gerrit Starczewski leicht erklären: „Die Leute haben vielleicht die Kohle — aber nicht echte Momente wie unsere Originale. Da können sie noch etwas lernen.“ Ja, der „Tankwart“ habe die Filmpremiere verpasst, weil er in der Kneipe versackte. „Aber er hat Leidenschaft.“ Und „Vfl-Jesus“ jucke nicht, wem seine blondierten Haarfransen gefallen. „Sie sind individuell — und deshalb sind sie geil. Echte Typen sterben nun einmal aus, ist ja so.“ Er und Natascha Wiese wollen sich aber weiter auf die Suche nach ihnen machen: „Das war erst der Anfang.“ Die nächste Auflage „Pottoriginale“ ist schon in der Mache.