Probleme für Selbstständige Freie Künstler fallen durchs Raster

Düsseldorf · Soforthilfe ist längst aufgebraucht. Saison ist ein Totalausfall. Das Land sucht nach einer Lösung.

Kokolores-Sängerin Ursula Strunk fühlt sich als freischaffende Künstlerin nicht gut behandelt in der Krise.

Foto: Rebecca Frankenhauser-Mundi

Ganz langsam wieder hochgefahren wird das Leben in einigen Bereichen. Völlig unklar ist, wann freischaffende Künstler wieder Geld verdienen können. Fünf Millionen Euro Soforthilfe hatte das Land zur Verfügung gestellt, die waren nach wenigen Tagen aufgebraucht. Nun hängen viele in der Luft und wissen nicht, wie es weiter geht. Wie Sängerin Ursula Strunk: „Wir fallen komplett durch das Raster.“

Sie hatte am 1. April einen Antrag auf 2000 Euro Soforthilfe gestellt. Als sie sich eine Woche später beim Kultur-Minsterium erkundigen wollte, was daraus geworden ist, bekam sie keine Auskunft, weil man dort völlig überlastet war: „Ein paar Tage später kam dann die Mitteilung, dass die Mittel komplett aufgebraucht sind.“ Stattdessen bekam sie den Rat, Arbeitslosengeld II zu beantragen: „Das sei angeblich ganz einfach. Stattdessen mussten wir für das Jobcenter 33 Seiten ausfüllen mit sehr persönlichen Fragen.“ Schließlich kam dabei heraus, dass die Frontfrau von Kokolores keinen Anspruch hat, weil ihr Ehemann arbeitet.

Beantragt hat sie inzwischen die 9000-Euro-Hilfe für Selbstständige: „Aber die werde ich wohl zurück zahlen müssen, weil ich als Künstlerin kaum Betriebskosten habe.“ Sie würde auch eine Lösung wie in Bayern wünschen. Dort werden freischaffende Künstler mit 1000 Euro monatlich unterstützt.

Das Problem kennt auch Saxofonist Reiner Witzel, der künstlerische Leiter der Jazz Rally: „Als Künstler haben wir keine Büros, keine geleasten Autos und keine Angestellten. Wir sind sozusagen eine One-Man-Show, die sich selbst vermarktet.“ Die Idee der Soforthilfe sei sehr lobenswert gewesen: „Aber ich kenne kaum einen, der sie tatsächlich bekommen hat.“ Er selbst hat auf Online-Unterricht umgestellt: „Ich unterrichte an drei Hochschulen. Das funktioniert digital im Moment ganz gut.“

„Das Sonderförderprogramm des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft  war von Beginn an angelegt als überbrückende Unterstützung für freischaffende Künstlerinnen und Künstler bis zum Anlaufen der großen Hilfsprogramme von Bund und Land“, erklärt Jochen Mohr, Pressesprecher des Ministeriums. Bis zum 9. April seien rund 17 000 Anträge bei den fünf Bezirksregierungen eingegangen und dort nach Reihenfolge des vollständigen Vorliegens geprüft worden: Insgesamt konnten 6300 Anträge geprüft und davon 3000 Anträge bewilligt werden.“

Die hohe Zahl an Anträgen, die leider nicht berücksichtigt werden konnten, verdeutliche den Bedarf für eine an das Sonderförderprogramm des MKW anschließende Unterstützung, die die spezifischen Bedürfnisse von freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern in den Blick nimmt. Mohr: „In derzeit noch andauernden Gesprächen mit dem Bund setzt das Land sich dafür ein, dass im Rahmen des Soforthilfeprogramms des Bundes in geeignetem Umfang auch die Einnahmeausfälle von Künstlerinnen und Künstlern geltend gemacht werden können. Falls das nicht möglich sein sollte, wird über eine NRW-spezifische Lösung nachgedacht.“

Ursula Strunk hilft das erstmal nicht weiter. Sie ärgert sich über die mangelnde Wertschätzung für Künstler: „Mann sollte den Leuten, die jetzt zu Hause sitzen, mal alle Filme, Bücher und Musik wegnehmen. Dann begreifen sie vielleicht, was Kunst für die Gesellschaft bedeutet.“