Altstadtherbst: Romeos Breakdance für Julia
Die französische Adaption macht Shakespeare Beine. HipHop bringt uns die alte Geschichte der tragischen Liebe wieder näher.
Krefeld. Sehnsucht und Aufbegehren, Lieben und Scheitern - diese Geschichte ist ewig jung. Zwei lieben sich, können aber zueinander nicht kommen, weil die Verhältnisse dagegen sind. Lange hat niemand mehr Shakespeares "Romeo und Julia" in eine junge Sprache übersetzt, der französische Choreograf Sébastien Lefrançois hat dem Stoff unter dem Titel "Roméos et Juliettes" für das im Westen von Paris gelegene Théâtre de Suresnes im Frühjahr mit HipHop-Elementen Beine gemacht. Beim Altstadtherbst gab’s jetzt als Auftakt im Theaterzelt am Burgplatz die deutsche Erstaufführung.
Drei Damen und sechs Herren bilden das junge Ensemble, bei den Kostümen (Mario Faundez) mischen sich HipHop-Dresscodes mit historischen Elementen. Acht Metallplatten sind mal der Tanzboden, dann lassen sich in schnellen Umbauten daraus ein Balkon, eine Brücke, Wände eines Zimmers zaubern (Bühne: Giulio Lichtner).
Die Musik stammt von Laurent Couson und hat - abgesehen von ein paar unterlegten Grooves - wenig mit HipHop zu tun. Eingespielt vom Budapester Symphonieorchester, schillert der Soundtrack zwischen harmonisch-minimalistischer Filmmusik à la Michael Nymann und Impressionismus à la Debussy.
Die Ball- und die Balkonszene, der Kampf zwischen Mercutio und Tybalt, anschließend der zwischen Tybalt und Romeo, zum Schluss die tragische Sterbeszene der Liebenden - das erkennt man alles wieder. Elemente des Breakdance, des Tanzstils des HipHop, hat Lefrançois geschickt in eine Tanzsprache zwischen Showtanz und zeitgenössischem Tanz integriert.
Man sieht Head-Spins (Drehungen auf dem Kopf), akrobatische Handstände, roboterhafte Bewegungen (Electric Boogie). Lefrançois lässt den Breakdance allerdings nicht dominieren. Das kommt der Gefälligkeit der Choreografie für ein breiteres Publikum entgegen, doch ein wenig mehr Kraft - zum Beispiel in den so doch arg ritualisierten Kampfszenen - hätte nicht geschadet.
Warum der französische Titel das Liebespaar in den Plural rückt, wird nicht klar, auf der Bühne gibt es an diesem Abend mit Jann Galois (Julia) und Giovanni Léocadie (Romeo) nur eines, das in seiner Zartheit bei der Balkonszene anzurühren versteht. Am Ende Standing Ovations vom Publikum.