Premiere Männer: Ein tragisches Lustspiel
Düsseldorf · Das Schauspielhaus zeigt ab Mittwoch Bertolt Brechts „Mann ist Mann“. Das hat besonders aktuelle Bezüge.
Es ist halt so leicht, sich anzupassen, nicht länger mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. „Nicht länger seinen Sturschädel durchzusetzen, sondern sich zu arrangieren.“ Genau um diese Erkenntnis, die vor gut 90 Jahren Bertolt Brecht in seinem Stück „Mann ist Mann“ formulierte, geht es auch Niklas Mitteregger. Zumindest erklärt so der 27-jährige Mime, der gerade sein Studium am Salzburger Mozarteum abgeschlossen hat, die Rolle des Galy Gay, der sich lieber den Vorstellungen und Wünschen seiner Umgebung anpasst, als seinen eigenen Weg zu gehen. Die männliche Hauptrolle des Brecht-Dramas wird Mitteregger jetzt in der Neu-Inszenierung spielen, die am 19. Januar Premiere im Central am Hauptbahnhof feiern wird. Regie führt David Schnaegelberger, der, bislang als Regie-Assistent, nun seine erste eigene Regietat präsentiert. Auch er hat sein Handwerk am Mozarteum gelernt – und zwar in der Regie-Klasse seiner Mentorin Amelie Niermeyer, in Düsseldorf bekannt, da sie von 2006 bis 2011 Intendantin des Schauspielhauses war.
Mit ihrem Nachfolger Wilfried Schulz organisierte Niermeyer, heute Leiterin der Schauspielabteilung von Salzburgs Renommier-Hochschule, die ungewöhnliche Kooperation. Neun Monate werden die Absolventen der Schauspielklasse von der Hochschule auf die Bühne ‚geworfen’, sollen am Ende des Studiums echte Theaterluft schnuppern, um so einfacher in ein Engagement zu kommen.
Mitteregger, der als Benno ebenso in „Abiball“ eingesetzt ist, wird zum krönenden Abschluss also in dem Brecht-Stück auftreten. Der großgewachsene Österreicher kann entspannt und mit Optimismus in die Zukunft schauen. Denn er hat schon seit einiger Zeit einen Anschluss- Vertrag für das Münchener Residenztheater in der Tasche, das immer noch zu den Topadressen im deutschsprachigen Theaterraum gilt.
Das als Lustspiel von Brecht titulierte Drama, in dem mehrere Personen (drei Soldaten) dem Packer Galy Gay seine Identität rauben, wurde 1926 uraufgeführt, parallel in Darmstadt und Düsseldorf. Das Sujet verrät bereits Brechts Untertitel „Die Verwandlung des Packers Galy Gay in den Militärbaracken von Kilkoa im Jahre 1925“. Ausgewählt wurde es von Schnaegelberger, um die Studenten einsetzen zu können. Drei Frauen und vier Männer im Alter von 22 bis 28 treten auf, u.a. als Soldaten.
Doch auf Anspielungen aufs Militär und historische Bezüge zu den späten 1920er Jahren verzichtet der Jung-Regisseur. Galy Gay ist eine überspitzte Figur, eine Art Mitläufer, so Mitteregger. Brecht zeige an seinem Beispiel, wie gefährlich es sein kann, wenn man es allen recht machen will und opportunistisch handelt. Dazu Schnaegelberger: „Mitläufer gibt es auch heute. In einer Zeit, in der vorauseilender Gehorsam keine Seltenheit ist.“ Sich extrem anzupassen sei im Berufsleben nicht nur gewünscht, sondern gefordert – „zumindest wenn man Karriere machen will.“ Dabei würden auch Lockmittel eingesetzt. „Dem Packer Gay wird es schmackhaft gemacht, sich in ein einen Soldaten zu verwandeln.“
Ein sehr moralisches Stück sei es, so Mitteregger. „Aber auch politisch.“ In pausenlosen 100 Minuten wollen Mimen und Regisseur knallige Tableaus mit zeitlosen Typen entwerfen. In der Tradition des „epischen Theaters“ (Theorie wurde von Brecht erst später entwickelt) zeige man den Einsatz der Mittel. So beispielsweise eine Gardine oder eine Pagode. Genauso wie die Büschel Haare, die sich Galy Gay ausreißt. Sie dienen später als Indiz dafür, um Galy zu überführen. All das soll ein Lustspiel sein? Mitteregger: „Es ist zwar komisch geschrieben. Aber, was auf der Bühne passiert, ist todtraurig.“
Und wie steht’s mit der Moral? Ohne die ist ein Brecht-Abend kaum vorstellbar. Am Ende steht die Frage, so sagen die beiden: „Wie kann man gut handeln in einer Welt, die das gute Handeln erschwert?“ Bleibt abzuwarten, wie Regisseur und Darsteller das wenig heitere Lustspiel in der Ausstattung von Simone Grieshaber und Janin Lang auf die Bretter der kleinen Central-Bühne bringen.
Voraufführung: Mittwoch, 16. Januar, 19 Uhr. Termine: 19., 25. Januar, 4., 7., 19., 25. Februar Tel: 36 99 11