Das Leben von Lore Lorentz wird erforscht
Die Stadt arbeitet das Archiv der Bühne auf. Am Sonntag ist Lorentz’ 15. Todestag.
Düsseldorf. In den Archiven des Theatermuseums wühlen sich Erika Wickel und Sabine Herder derzeit durch kistenweise kleine Schätzchen des Kom(m)ödchens: Noten, Programme, Plakate, Fotografien, Tonbänder, Videos. 62 Jahre Geschichte der Bühne sehen die beiden Theaterwissenschaftlerinnen durch und arbeiten sie für die Forschung auf.
Dabei sind sie auf schöne, fast vergessene Geschichten gestoßen. Eine trug sich sich im Juli 1952 in Den Haag zu. Kay und Lore Lorentz waren dort für einen Auftritt. Ein Mann im Publikum hatte sich fest vorgenommen, den Auftritt zur Völkerverständigung zu stören.
Er traute den Deutschen nicht, so kurz nach dem Krieg. Als er den beiden dann aber zuhörte, war er so begeistert, dass er seine Trillerpfeife stecken ließ. Nach dem Auftritt ging er zu ihnen, bedankte sich und nahm sich fest vor, seinen deutschen Freund wieder zu besuchen.
"Kay und Lore Lorentz wollten nicht nur kritische Stimmen im eigenen Land sein, sondern auch Botschafter für die Bundesrepublik im Ausland", sagt Sabine Herder. Und Lore Lorentz mischte sich neben ihrer Arbeit im Kom(m)ödchen immer wieder ins aktuelle Geschehen ein.
Kaum ein Thema, zu dem sie von der Presse nicht befragt worden sei, sagt Herder. "Mode, Emanzipation, Kindererziehung, Fußball, Außerirdische, das stand alles bundesweit in den Zeitungen." Wer wolle, können anhand der Fotos die komplette Wohnzimmereinrichtung der Familie von den 50ern bis in die 70er nachvollziehen.
Erika Wickel und Sabine Herder stoßen auf "Kabarett, das poltisch engagiert ist, aber gleichzeitig viel Wert auf Sprache und Sprachwitz legt". Ernst Hilbich, Thomas Freitag und Harald Schmidt verdanken dieser Bühne ihre Karriere. Doch auch der ein oder andere Widerspruch tut sich auf. "Lore Lorentz etwa war sehr emanzipiert, eine gleichberechtigte Partnerin. In Interviews zur Rolle der Frau aber vertrat sie Positionen, die das sehr relativieren", meint Herder.
Zustande kam das Forschungsprojekt auf Initiative von Kay Sebastian Lorentz, der das Kom(m)ödchen heute leitet. "Wir haben der Stadt das gesamte Archiv übergeben, unter der Bedingung, dass es wissenschaftlich aufgearbeitet wird", sagt Lorentz.
Gefördert wird das Projekt von der Fritz Thyssen Stiftung. Neben einer Dokumentation, die Anfang 2011 veröffentlicht werden soll und als Grundlage weiterer Forschungen dient, wünscht sich Kay Sebastian Lorentz eine Ausstellung.
"So würden wir den Abschluss der Arbeiten angemessen begießen." Am liebsten wäre ihm eine Dauerausstellung: "Wir könnten parallel die Geschichte der Bundesrepublik und des Kom(m)ödchens erzählen. Schließlich sind wir zwei Jahre älter als das Grundgesetz."