Junges Schauspiel „Der Schatz“ am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf: Poetische Reise in die Vergangenheit
Düsseldorf · Das Jugendstück vermittelt eine klare Botschaft – ohne zu viel Pädagogen-Zeigefinger.
Drei Stühle, drei Koffer, drei junge Menschen aus drei Kontinenten – verhüllt in Kapuzengewändern in Schwarz und Rot. Marie Jensen aus Düsseldorf, Lisa Reichmann de Almeida aus Bahia/Brasilien und Ryo Harada aus Kanagawa/Japan – sie treffen aufeinander an irgendeinem Flughafen. „Wo willst Du hin und warum?“ rattert es auf einer Schreibmaschine. Es sind Fragen eines Grenzbeamten. Das Trio träumt von einem Schatz – einem, der ihren Familien abhandengekommen ist. So beginnt eine poetische Reise in die Vergangenheit ihrer Vorfahren. Verkleidet in die Tanz- und Theater-Performance „Der Schatz“, die jetzt im Jungen Schauspielhaus ihre deutsche Erstaufführung erlebte. Das Besondere an dem interkontinentalen Projekt: Es wird in drei Ländern gezeigt, kommt aus Brasilien und geht, nach Düsseldorf, nach Japan.
Komponiert wurde die Performance in Anknüpfung an die Parabel „Der Schatz unter der Brücke“ aus der Feder von Martin Buber. Diese hat Amauri Falseri, der seit 40 Jahren brasilianische Jugendstücke schreibt und mit Preisen ausgezeichnet wurde, in das Drama „Träume“ verwandelt – mit drei Figuren im Zentrum. Sie sollen ihren persönlichen Schatz finden, ähnlich wie im Text des Religions-Philosophen Buber. Klar, dass es dabei weniger um Schmuck und Juwelen denn um einen immateriellen Familien-Schatz geht. Auf diesem Stück wiederum beruht das 60-Minuten-Opus „Der Schatz“, das von Kenjiro Otani inszeniert wurde.
Weniger sprachbetontes Theater als vielmehr Tanztheater, in dem Gesten und Körper sprechen, bringen der Japaner Otani und die Choreographin Chrystel Guillebeaud (früher in Pina Bauschs Tanztheater tätig) auf die Bühne. Zu flottem, rhythmischem Elektropop. Wenn die Darsteller in ihrer Muttersprache reden, fungiert Marie Jensen (aus dem Jungen Schauspielhaus-Ensemble) als Dolmetscherin.
Sie rennen, schwingen oder balancieren mit den Koffern über ihren Köpfen, oder stellen sie parat in eine Reihe – so als ob sie gleich auf einem Roll-Band ins Flugzeug transportiert würden. Zücken ihr Handy, doch „Kein Empfang!“ Dann fragt die Brasilianerin, woher die anderen kommen. Sie schaut in die Runde. „Oh, Alemana!“ nickt sie schmunzelnd. Ehrfurcht oder Ironie? Das bleibt offen, erheitert aber. Wie die meisten Tanzszenen, in denen sich Witz mit jugendlicher Ausgelassenheit vermischt.
Dann kramen sie in den Koffer wie in Überraschungs-Paketen, entdecken Gegenstände, die in Papier eingewickelt sind. Plötzlich: eine Gasmaske. Oh Gott! Die Brasilianerin stülpt sie über ihren Kopf, wie ein Spielzeug. Jetzt kippt die eben noch ansteckende Leichtigkeit. Denn es sind Objekte, die ihre Familien über Jahrzehnte auf dem Dachboden gesammelt haben. Alte Blümchen-Kleider im Stil der 30er/40er Jahre fischt Marie Jensen aus ihrem Koffer heraus und hängt sie, wie in alten Zeiten (als es noch keine Wäschetrockner gab), auf eine Wäscheleine. Dazu dröhnt Hitlers Kriegs-Geschrei über „Vernichtung der Judenrasse“ aus einem blechernem Lautsprecher.
Dann das erlösende Wort: Freiheit. Das ist es, von dem alle träumen: „Zerstöre nicht meinen Weg“, „lass dich nicht manipulieren“, so ihre Wünsche. Und finden endlich den eigentlichen Schatz im Koffer – ihren Traum. Fazit: Eine Performance, die bei aller Leichtigkeit den Jugendlichen eine klare Botschaft vermittelt. Ohne, dass sich der Pädagogen-Zeigefinger allzu sehr erhebt.
17. Feb. 9.30 und 11.30 Uhr, 18. Feb., 11 Uhr. Telefon 8523710.