Neu in den Programmkinos Nostalgie-Tour mit Willis, Norton, Baldwin und Dafoe

Düsseldorf · Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos – unter anderem eine Nostalgie-Tour mit Willis, Norton, Baldwin und Dafoe

Bruce Willis als Frank Minna in einer Szene des Films „Motherless Brooklyn“.

Foto: dpa/Glen Wilson

Motherless Brooklyn Ein kühner Kunstgriff: nach jahrelangen Problemen mit der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Jonathan Lethem verlegte Produzent/Regisseur/Hauptdarsteller Edward Norton („Fight Club“) die Handlung des Neo-Noir-Krimis aus den 90ern um vier Jahrzehnte zurück in die 1950er, eine optisch durchaus reizvolle Nostalgie-Tour, die sich stimmig in die Handlung fügt. Privatdetektiv Frank Minna hat in seinem Gehilfen Lionel Essrog ein besonderes Talent entdeckt: die Ticks seines Tourette-Syndroms zwingen Lionel (Norton) das Gesehene so oft durchzuspielen, bis er auch vertrackte Fälle lösen kann. Doch als Lionel mitansehen muss, wie Minna (Bruce Willis) erschossen wird, tut sich vor ihm ein Kriminalfall auf, der die dunklen Abgründe des Molochs New York offenbart. Steckt hinter dem Mordauftrag der rücksichtslose Bausenator Randolph (Alec Baldwin) oder handelt es sich um eine Intrige von dessen missgünstigem Bruder Paul (Willem Dafoe)? Oder steckt gar der schwarze Jazzclubbesitzer, dessen Tochter Laura Rose die Demonstrationen gegen Randolph organisiert?

Nach einem fulminanten Beginn verliert sich die Story trotz grandioser Darbietungen, vor allem von Norton selbst, allerdings bald in ausufernden Szenen, die das zweieinhalbstündige Opus zunehmend zur Geduldsprobe machen.

Philipp Koep kommentiert für die WZ Filme.

Foto: Judith Michaelis

Cinema, Fr. – Mo. 21 Uhr (engl. OmU).

Judy

Zum 50. Todestag erhält Judy Garland quasi per Biopic eine späte Hommage. Ob Renée Zellweger dafür die geeignete Darstellerin ist, mag Geschmackssache sein, immerhin: sie wurde im Todesjahr ihrer Figur geboren. Die britische Produktion von Rupert Gold fokussiert sich auf das letzte Lebensjahr der von jahrzehntelanger Tablettensucht und Krankheit gezeichneten Hollywooddiva. Während sie sich in Amerika mit lausigen Engagements, ihrem schwindenden Ruhm und dem Vater ihrer Kinder um das Sorgerecht herumschlägt, erhält sie ein lukratives Angebot aus London. Die Konzerte in der britischen Metropole werden nach anfänglichen Schwierigkeiten ein durchschlagender Erfolg, doch die Trennung von den Kindern kann sie trotz der Romanze mit dem Nachtclub-Besitzer Mickey Deans nicht verwinden.

Renée Zellweger, selbst schon seit Jahren an der Botox-Front tätig, legt sich voll rein in  der Garland, deren die Rolle der Garland, deren Fußstapfen sie dennoch nicht zu füllen vermag.

Preview im Atelier am Di. und am Mi. um 20 Uhr.

Peanut Butter Falcon

Mit liebenswürdigen Außenseiter-Roadmovies kennen sich die Produzenten von „Little Miss Sunshine“ ja aus. Die Kombination aus Halunken und Behindertem ist nun zwar nicht mehr ganz frisch, aber macht immerhin noch ein liebenswürdiges Love-Hate-Buddy-Paar aus und kann mit jeder Menge Gags punkten.

Tyler hat genug vom Heim, er will Wrestler werden. Dafür stehen die Chancen ungefähr so gut, wie er selbst an der Straße: ohne Geld und nur mit der Unterhose bekleidet. Dafür hat der Mann mit Down-Syndrom ein unverbrüchliches Gottvertrauen. Als er auf den illegalen Krabbenfischer Zak (Shia LaBeouf) trifft, ist der alles andere als angetan. Aber, wie es die Gesetze des Roadmovies verlangen, freunden sie sich irgendwie an und schließlich  hilft auch Tylers Betreuerin Eleanor mit, Tylers Lebenstraum von der Wrestlingschule zu verwirklichen.

Zum Ende hin ist das alles recht absehbar, aber dennoch amüsant.

Vorpremiere am Mo. um 20 h im Atelier.

Die Wache

Der französische Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann Quentin Dupieux hat kultige Filme wie „Rubber“ (über einen mordenden Autoreifen (!) namens Eric) gemacht, die sich ihrer Fangemeinde dadurch empfehlen, dass sie nie ins Kino gekommen sind. Nun hat er den Sprung auf die Leinwand geschafft mit einer grotesk-Version von Claude Millers „Das Verhör“. Auf dem Polizeirevier von Hauptkommissar Buron geht es sonderbar zu und auch der Fall ist recht merkwürdig. Schließlich hat Louis Fugain eine Leiche vor seinem Haus gefunden und erst drei Tage später gemeldet. Buron (Benoit Poelvoorde) wittert einen Mordfall, den er nun mit seiner ganz eigenen Verhör-Taktik aufzuklären gedenkt. Die ist so scharfsinnig, dass Burons eher beschränkter Verstand auch nicht reicht, sich darauf einen Reim zu machen. Eine anarchisch-skurrile Slapstick-Parade, die trotzdem bald ihr Pulver verschossen hat und trotz ständiger „Überraschungen“ eher mäßig zu bespaßen versteht.

Metropol, tgl. 21.30 Uhr (am Mi. im frz. OmU).

Aquarela

Volle Dröhnung. Wasser ist die Grundlage des irdischen Lebens, doch in dieser Dokumentation von Viktor Kossakovsky ist es vor allem lebensbedrohendes Element. Von der tödlichen Gefahr brüchiger Eispisten auf russischen Seen steigert sich der Film über kalbende Gletscher über tobende Meeresstürme und verheerende Hurricanes in ein geradezu apokalyptisches Getöse, das (völlig überflüssig – auch noch) mit dröhnender Metal-Musik aufgepeppt wird. Der Kontrast zur guten alten meditativen Space-Night: ein „Natur“-Film auf Speed. Ein Spektakel, das einen faden Nachgeschmack hinterlässt, intellektuell eher ein Sturm im Wasserglas.

Atelier, Fr. – So. 17 Uhr, Mo. u. Mi. 18 Uhr (OmU).

All I Never Wanted

Alles für den Traum? Die Dokumentarfilmerinnen Leonie Stade und Annika Blendl wissen, wovon sie reden. Seit Jahren bewegen sie sich in der Medienbranche und dem #metoo-Milieu. In vier Episoden zeigen sie quasi-dokumentarisch das Schicksal von Frauen, die bereit sind „alles“ für ihre Traumkarriere zu geben: eine Vermarktung ihrer Talente, die auch den Körper einbezieht. Da ist das 17-jährige Model, dass in Mailand vom Durchbruch träumt und stets lächelt, auch wenn sie wie eine Ware begafft wird. Am anderen Ende des Traums steht die 42-jährige Schauspielerin Mareile, die nach einer mauen Fernsehkarriere am Provinztheater um Rollen kämpfen muss. Das Projekt über Bilder und Selbstbilder der Frauenvermarktung wurde schon vor der #metoo-Debatte gestartet und zeigt bisweilen beklemmende Szenen dieser Marktmechanismen und dass, selbst wenn der „Traum“ in Erfüllung geht, dies eine Realität ist, die nie gewollt war.

Premiere am Sa. um 19 Uhr im Bambi mit Hauptdarstellerin Mareile Blendl als Gast, So./Di./Mi. um 21.30 Uhr.