Die Suche nach der verschwundenen Verlobten
Der neue Roman von Sebastian Thiel spielt im Düsseldorf der 30er-Jahre.
Düsseldorf. Wenn Polizist Friedrich Wolf sich vorstellt, dann häufig mit den Worten: „Wolf. Wie das Schaf nur böser.“ So ganz stimmt das nicht. Denn Bosheit kann man dem Ermittler in Sebastian Thiels neuem Roman „Sei ganz still“ nicht nachsagen. Eher Gleichgültigkeit. Allerdings kann, wer gleichgültig ist, dem Bösen Raum geben.
Sebastian Thiels erster Noir-Krimi spielt im Frühjahr 1938. Der SS-Arzt Ernst Kampa holt Wolf aus dem Strafgefangenenlager Aschendorfermoor, damit der in Düsseldorf nach seiner verschwundenen Verlobten sucht. Wolf, körperlich ein Wrack, beugt sich dem Befehl.
Doch Friedrich Wolf ist einer, der sich mehr oder weniger raushält aus der Politik. Es sei denn, es geht ihm selbst an den Kragen — oder den Menschen, die er liebt. Und so wird Wolf, der notorische Schläger und Säufer, der viel Zeit im Hurenhaus verbringt, unversehens doch zu einem, der ein Kind an der Hand durch den dunklen Wald in Sicherheit bringt und sich das knurrende Raubtier für andere aufspart.
Ihm als Leser bei dieser Wandlung zuzusehen, macht sicher den Reiz des Romans aus — auch wenn nach all dem spannenden Versteckspiel, den blutigen Faustkämpfen und der (übrigens verzichtbaren) Bettszene, die Auflösung zwar recht überbordend, aber nicht allzu überraschend daherkommt: Die wilde Jagd endet (so viel darf verraten werden) in einer wilden Schießerei. Am Ende muss sich Wolf entscheiden, gegen sein eigenes Leben oder für den einfachen Weg und zwar: Einfach ins Auto zu steigen und den „ganzen Mist hinter sich zu lassen“.
Gewöhnungsbedürftig ist sicher die Ansiedlung des Krimis in Deutschland im Jahr 1938. Zumal der Leser weiß, dass Geschichten wie solche, die im Roman dann doch ein möglicherweise ein gutes Ende findet, in Wirklichkeit ganz anders ausgingen. Wie er selbst dazu steht, muss jeder Leser für sich entscheiden — der Spannung tut dies zumindest keinen Abbruch.